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Stuttgart: Christian Lindner wirbt beim Dreikönigstreffen der FDP für mehr Zuversicht

Stuttgart

Christian Lindner wirbt beim Dreikönigstreffen der FDP für mehr Zuversicht

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    Christian Lindner während seiner Rede beim Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart.
    Christian Lindner während seiner Rede beim Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Christian Lindner ist verschnupft. Buchstäblich, weil er schon mit einem kleinen Infekt nach Stuttgart gekommen ist – und im übertragenen Sinne, weil Deutschlands Bauern sich nicht damit zufriedengeben, dass die Ampelkoalition die geplanten Sparmaßnahmen etwas entschärft hat. „Man kann nicht auf der einen Seite von der gesenkten Stromsteuer profitieren wollen, man kann nicht zusätzliche Fördermittel für den Stallumbau fordern und auf der anderen Seite auch an alten Subventionen festhalten“, kritisiert der Finanzminister. Und fügt, noch einen Ton schärfer, hinzu: „Wer neue Subventionen will, muss auch auf alte verzichten.“

    Dreikönigstreffen der FDP: Bauernproteste sind Thema

    Stuttgart, Opernhaus. Das Dreikönigstreffen der FDP ist kein Parteitag, bei dem Delegierte ihrem Frust über die Parteioberen und das Erscheinungsbild der Ampel Luft machen. Hier redet nur das liberale Establishment – der baden-württembergische Landesvorsitzende Michael Theurer, schon lange ein Befürworter der Ampel, der Fraktionschef im Landtag, Ulrich Rülke, Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, die Spitzenkandidatin für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, und natürlich Parteichef Lindner, der zwar leichtes Fieber hat, sich aber trotzdem eine Stunde lang praktisch alle aktuellen politischen Fragen mit Verve vornimmt. 

    Der enthemmte Protest einiger Bauern, der dem grünen Vizekanzler Robert Habeck an der Nordsee entgegenschlug? „Landfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung – das sind Fälle für den Staatsanwalt.“ Die heimische Landwirtschaft im Allgemeinen? Hochsubventioniert, aber eben auch unverzichtbar, wie der FDP-Chef findet. Nur verhältnismäßig müsse der Protest bleiben. „Lassen Sie sich nicht unterwandern und instrumentalisieren“, warnt er an die Adresse des Bauernverbandes. Und weiter: „Sie haben sich verrannt. Bitte kehren Sie um.“ Ja, die Gesellschaft habe eine Verantwortung für die

    FDP-Mitglieder hatten sich für Verbleib in der Ampel ausgesprochen

    Und die Rolle der FDP in der Ampelkoalition, seit Wochen das Thema schlechthin in der Partei? „Die Bundesregierung handelt“, sagt Lindner. „Sie ist nicht fehlerfrei, wer wäre das? Aber wir entscheiden mehr richtig als falsch.“ Sichtbar bemüht, die Reihen in der Partei wieder zu schließen, stellt er die Rolle der Liberalen in der Koalition ins Zentrum seiner Rede. Eine auf Umverteilung basierende Politik, ein weiteres Aussetzen der Schuldenbremse oder gar Steuererhöhungen gebe es mit den Liberalen nicht, verspricht Lindner. Auch für den Rest der Legislatur gelte: „Wir haben zwei starke Verbündete – die ökonomische Vernunft und das Grundgesetz“. Schließlich hat die Schuldengrenze Verfassungsrang. Gastgeber Theurer formuliert es so: „Auf Schuldenbergen können Kinder nicht spielen.“

    Das Mitgliedervotum im Dezember, das sich nur knapp für einen Verbleib in der Ampel ausgesprochen hat, wäre mit einem anderen Ausgang für die FDP-Spitze zwar nicht bindend gewesen – zur Ruhe aber kommt die Partei bei Umfragewerten um die fünf Prozent bisher nicht. „Jetzt aus der Koalition auszusteigen“, sagt ein ehemaliger Abgeordneter, „würde die FDP umbringen.“ In der Ampel zu bleiben, aber sei auch keine Erfolgsgarantie, sondern allenfalls das kleinere Übel. In einem Bündnis mit Sozialdemokraten und Grüne, soll das heißen, wird die FDP immer der Außenseiter sein, als Mehrheitsbeschaffer gebraucht, aber nicht wirklich als Partner respektiert. Zu unterschiedlich sind die Weltbilder, die politischen Kulturen und die Herangehensweisen in der Sache. 

    Lindner: Nicht zu lange in den Abgrund schauen

    Lindner leugnet das nicht, blickt aber lieber nach vorn als zurück. Verspricht einen „Dynamisierungspakt“ für die Wirtschaft, der die Koalition drei Milliarden Euro an Bürokratiekosten erlassen wolle. Schwärmt von mehr Marktwirtschaft beim Klimaschutz, ohne jedoch ins Detail zu gehen. Stellt das Lieferkettengesetz der alten Regierung infrage, das die Arbeitsbedingungen bei Zulieferern im Ausland verbessern sollte, in der Praxis aber nichts bringe außer Bürokratie. Kontert lässig die Zwischenrufer einiger Aktivisten, die sich in die Oper geschlichen haben und auf Transparenten höhere Steuern für Reiche und mehr Engagement beim Klimaschutz fordern: „Ich muss Sie darauf hinweisen, dass Deutschland im vergangenen Jahr bei den CO₂-Emissionen einen historischen Tiefstand erreicht hat.“ 

    Und überhaupt: Tickt das Land im Moment nicht viel zu negativ? Das Gerede von Deutschland als krankem Mann Europas, diese Lust am Untergang könne er kaum mehr ertragen, sagt Lindner – und wirbt mit einem Zitat des großen Denkers Friedrich Nietzsche für neue Zuversicht: „Wer zu lange in den Abgrund schaut, in den schaut der Abgrund zurück.“

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