Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

China: Wie Deutschland auf dem schmalen Grat zwischen China und den USA wandelt

China

Wie Deutschland auf dem schmalen Grat zwischen China und den USA wandelt

    • |
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei seinem Besuch in Peking mit Staatspräsident Xi Jinping. Der Kanzler will die Abhängigkeit von China verringern, aber weiter pragmatisch mit dem Land zusammenarbeiten.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei seinem Besuch in Peking mit Staatspräsident Xi Jinping. Der Kanzler will die Abhängigkeit von China verringern, aber weiter pragmatisch mit dem Land zusammenarbeiten. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Ein Zwerg ist Deutschland im Vergleich zu China und den USA. Dieser Zwerg trieb in der Vergangenheit ein lohnendes Spiel mit den zwei Weltmächten. Während er sich von der Schutzmacht Amerika die eigene Sicherheit bezahlen ließ, feierte er wirtschaftliche Erfolge im Reich der Mitte. Weil China und die Vereinigten Staaten um die weltweite Vorherrschaft ringen, geht des Zwergen Spiel nicht mehr auf – spätestens seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine

    Ohne die in der Nato verankerte amerikanische Militärmacht könnte Europa die eigene Sicherheit vor Russland nicht garantieren. Wegen der schärfer betonten Rivalität zwischen Washington und Peking wird in den USA genau registriert, ob die Verbündeten in Berlin ihr Spiel trotz des Ukraine-Krieges weiterspielen. Die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen am Montag und Dienstag finden unter verschärfter Beobachtung statt. 

    Der Besuch in Berlin liefert schöne Bilder für China

    Mehr als ein halbes Dutzend Minister hat der neue Ministerpräsident Li Qiang mitgebracht, in Berlin schieben sich lange Kolonnen schwarzer Limousinen durch die Straßen. „Für China ist allein die Tatsache, dass dieses Treffen stattfindet, schon ein Erfolg – the meeting is the message“, sagt der China-Kenner Mikko Huotari vom Berliner Mercator-Institut für China Studies. Huotari meint damit die Tatsache, dass die Chinesen bei engen Verbündeten des großen Konkurrenten und ungeachtet ihrer Unterstützung für den Krieg Wladimir Putins in Mannschaftsstärke empfangen werden. 

    Für deutsche Autobauer wie Daimler ist China mit seinen 1,4 Milliarden Menschen der wichtigste Markt.
    Für deutsche Autobauer wie Daimler ist China mit seinen 1,4 Milliarden Menschen der wichtigste Markt. Foto: Daimler AG/dpa-tmn

    Dabei ist die Bilanz der Regierungskonsultationen bestenfalls durchwachsen. Ins Leben gerufen hatte sie die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Jahr 2011. Seitdem ist China nicht offener und freiheitlicher geworden, sondern das Gegenteil geschah. Doch Deutschland hat ein bedeutsames eigenes Interesse, mit der chinesischen Führung im Gespräch zu bleiben. Für die deutsche Autoindustrie ist das Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern der wichtigste Markt, ohne Solarmodule aus China keine Energiewende zwischen Flensburg und Garmisch und ohne Seltene Erden aus den Gruben der Grenzregion zur Mongolei keine Windturbinen, Elektromotoren, Brennstoffzellen und Lasertechnik made in Germany. „Wenn es die Regierungskonsultationen nicht gäbe, müsste man sie jetzt erfinden“, sagte der Vorsitzende der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe, Hans-Peter Friedrich (CSU), unserer Redaktion. Nach der langen Zeit geschlossener Grenzen durch die Pandemie, der Verhärtung zwischen den USA und China sowie dem Ausbruch des Ukraine-Krieges gebe es genügend Gesprächsbedarf“, erklärte der ehemalige Bundesinnenminister.

    Die deutsche China-Politik: Nicht mehr alle Eier in einen Korb

    Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich entschieden, auf dem schmalen Grat zu wandeln. Er pflegt enge Beziehungen nach China und versucht sich gleichzeitig an der rhetorischen Abnabelung. Als erster westlicher Regierungschef reiste er nach dem erklärten Ende der Pandemie im November nach Peking und traf Staatschef Xi. Gemeinsam sendeten sie an Putin das eindeutige Signal, dass der Einsatz von Atombomben in der Ukraine zerstörerische Folgen für Russland selbst haben würde. 

    Im Sprech der Berliner Politik haben sich die beiden englischen Begriffe De-Risking (Risikominderung) und De-Coupling (Abkopplung) eingebürgert. „De-Risking ja, De-Coupling nein“, sagte der SPD-Politiker am Montag auf dem Tag der Industrie in Berlin. Für die Industrie war Letzteres ein Horrorszenario. Abgeschnitten zu sein von einem der größten Märkte der Erde ist nichts, was in den Chefetagen gerne gehört wird – Menschenrechte und Ukraine-Krieg hin oder her. „Es ist ganz gut, dass unsere deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen jetzt stattfinden“, ergänzte der gut gelaunte Kanzler. 

    Mit seiner kurzen Formel ist auch die deutsche China-Strategie umschrieben, die eigentlich längst fertig sein sollte, aber wegen der Meinungsverschiedenheiten zwischen Kanzleramt und Außen- und Wirtschaftsministerium noch in der Schwebe ist. Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) würden gerne einen härteren Kurs gegen Peking fahren, wovon Olaf Scholz aber nichts hält. 

    Dass das chinesische Kabinett nicht mit spitzen Fingern angefasst wird, zeigt auch die Aufwartung, die den Gästen der Freistaat Bayern machen wird. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wird den Premierminister am Dienstagabend in der Münchner Residenz mit einem Empfang begrüßen. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden