Wahlkampf ist nichts für Menschen mit schwachen Nerven und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet bekommt das gerade besonders zu spüren. Zur Kritik an seiner Amtsführung, dem fast schon üblichen Spott, der Häme und dem Hass in den sogenannten sozialen Netzwerken gesellen sich auch besonders krude Vorwürfe. Beispielsweise der, Laschet sei ein Unterstützer der ultranationalistischen und rassistischen türkischen Bewegung „Graue Wölfe“.
Am Menschen Armin Laschet perlt das alles nicht so einfach ab, am Bewerber für den CDU-Vorsitz darf das keine Spuren hinterlassen. Am Samstag entscheidet sich, ob Laschet neuer Parteichef wird. Viele Umfragen sprechen nicht zwingend für ihn, andererseits sammeln sich seine Unterstützer. Ein Blick auf die ersten Jahre der damaligen Parteichefin Angela Merkel gibt außerdem Hinweise, dass Laschets Chancen so schlecht wohl nicht sind, in ihre Fußstapfen zu treten.
CDU-Vorsitz: Laschet liegt nur knapp hinter Merz
Die nackten Zahlen zeigen den ehemaligen Unions-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz vorne. Laschet allerdings hat in den letzten Wochen ordentlich aufgeholt und liegt mit Norbert Röttgen, dem dritten Bewerber, etwa gleichauf. Laschets Rückstand auf Merz beträgt nur wenige Punkte. Das scheint erstens aufholbar zu sein. Zweitens ist das individuelle Abstimmungsverhalten der 1001 Delegierten durch Umfragen nicht zu erfassen. Die meisten von ihnen sind Amts- und Funktionsträger, ihre Gedanken über die Zukunft der Partei verbinden sich eng mit denen an die eigene Zukunft.
Und die wiederum birgt bis zum 26. September bei sechs Landtagswahlen und einer Bundestagswahl zahlreiche Unwägbarkeiten. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz etwa könnte es Mitte März für die Christdemokraten durchaus mit ärgerlichen Ergebnissen enden.
Laschet gilt als moderater Politiker
Beim Thema Wahl ist vielen Delegierten das Jahr 2005 noch in mahnender Erinnerung. Damals drang die Oppositionsführerin Angela Merkel auf massive strukturelle Veränderungen in Deutschland und trieb ihre Union zum wohl forschesten Wahlprogramm überhaupt. Die Worte Dynamik und Umbau standen in den Überschriften. Merkel wollte wenig Staat und viel Eigenverantwortung, das allem übergeordnete Ziel lautete: Wachstum, Wachstum und noch mal Wachstum. Das hörte sich damals in der Partei Ludwig Erhardts alles frech und modern an. Doch Merkels neoliberaler Vollgaskurs hätte die Union fast vor die Wand gefahren. CDU und CSU siegten 2005 zwar, aber nur denkbar knapp mit einem Prozentpunkt vor der SPD.
Der Schock darüber hallt immer noch nach und wird viele Delegierte womöglich dazu bewegen, ihre Stimme demjenigen zugeben, der nicht noch einmal ein solch waghalsiges Experiment versucht. Vor allem Merz könnte angesichts seiner Äußerungen als Vertreter für einen konsequenten Wachstumskurs und damit als potenzieller Wählerschreck angesehen werden. Laschet hingegen gilt vielen als der moderatere Politiker. Das jüngst von ihm und seinem Unterstützer Jens Spahn vorgelegte Impulspapier wird vielfach ebenfalls in diese Richtung interpretiert.
Armin Laschet: Bescheidenheit ist eine Zier
Im Gespräch mit CDU-Politikern werden Laschet außerdem Eigenschaften zugesprochen, mit denen auch Merkel punktete. Wichtigtuerei und Starallüren seien nicht Laschets Ding, heißt es etwa. Als Vorzug gegenüber Röttgen wird die Regierungserfahrung des 59-Jährigen genannt, der in gut einem Monat 60 wird. Die amtierende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ließ aus diesem Grund gerade im FAZ-Interview erst Sympathien für Laschet erkennen. Einer, der ganz offen spricht, ist Hermann Gröhe.
Als erfahrener und langjähriger Kenner der CDU mahnte Hermann Gröhe zur Besonnenheit in der Kandidaten-Debatte. Die Frage nach einer Wahlempfehlung wolle er gerne beantworten, nicht aber Öl ins Feuer gießen, sagte der ehemalige Bundesgesundheitsminister unserer Redaktion. „Ich kenne alle drei seit mehr als 25 Jahren und schätze sie sehr“, erklärte der Nordrhein-Westfale, der seit 1977 der CDU angehört, dabei Generalsekretär der Bundes-CDU war und derzeit unter anderem CDU-Vorstandsmitglied sowie Unions-Fraktionsvize ist. Mit den drei Kandidaten verbinde ihn ein freundschaftliches Verhältnis, das bis in die Zeiten bei der Jungen Union zurückreiche, erklärte Gröhe, der der Nachwuchsorganisation schon 1975 beitrat und viele Jahre ihr Vorsitzender war.
Gröhe: "Ich bin für Armin Laschet"
„Ich bin für Armin Laschet“, sagte Gröhe und begründete das unter anderem so: „Armin Laschet ist in der Lage, die CDU erfolgreich als Volkspartei zu erneuern.“ Nach der Ära Merkel dürfe die CDU stolz auf das sein, was in der Vergangenheit erreicht worden sei. „Aber man muss auch mutig und bereit sein, mit der CDU neue Wege zu gehen“, sagte Gröhe. Laschet könne beides: „Er verteidigt Bewährtes, ist aber auch ein Modernisierer.“ Als Ministerpräsident habe Laschet unter Beweis gestellt, dass er Menschen erfolgreich zusammenführen könne. Es gebe im Bundesland viele Erfolge in der Wirtschaftspolitik, eine klare Kante bei der Inneren Sicherheit, gleichzeitig betreibe der Landeschef eine moderne Gesellschafts- und Sozialstaatspolitik. Laschet zeichne außerdem eine klare Wertehaltung aus, er sei durchsetzungsstark und habe dabei Respekt vor anderen. „Armin Laschet führt – und er führt zusammen“, brachte es Gröhe auf den Punkt.
Die Zahl der Laschet-Unterstützer wächst derweil stetig. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier sprach sich dem Vernehmen nach ebenso für ihn aus wie die Spitze der Frauen Union. Letzteres könnte Laschet vor allem deshalb helfen, weil rund ein Drittel der Delegierten weiblich ist. Im mächtigen NRW-Landesverband der CDU, dem auch Röttgen und Merz entspringen und der rund ein Drittel der Delegierten aufbringt, stellten sich mit Dennis Radtke, Ina Scharrenbach und Hendrik Wüst die Landesvorsitzenden der Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft CDA, der Frauen Union sowie der Mittelstands- und Wirtschaftsunion und damit drei weitere einflussreiche Fürsprecher auf Laschets Seite.
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