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CDU-Parteitag: Merz hält keine flammende Rede, holt aber ein Ergebnis von 90 Prozent

CDU-Parteitag

Friedrich Merz und die CDU: Der Aufbruch kommt später

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    Große Bühne in Türkis: Friedrich Merz beim CDU-Bundesparteitag.
    Große Bühne in Türkis: Friedrich Merz beim CDU-Bundesparteitag. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Während sich die größte Volkspartei Deutschlands in

    Ein kleines Spanferkel wurde dort zum Beispiel über einem mit heißen Kohlen gefüllten Erdloch am Spieß gedreht, um später als deftiges Essen auf dem Teller zu landen. Der Kontrast zwischen der archaischen Kochzeremonie unter freiem Himmel zum CDU-Bundesparteitag im Hotel Estrel in der Neuköllner Sonnenallee war umso größer, da die Partei drinnen im Saal an moderner Veranstaltungstechnik alles aufgefahren hatte, was der Markt so hergibt. 

    Eine riesengroße, mehrteilige Projektionsfläche zum Beispiel, die früher Leinwand hieß und heute Display genannt wird. Vor der riesigen, vorwiegend petrolfarbenen Wand ging der Zwei-Meter-Mann Friedrich Merz nicht nur optisch fast unter. 

    Es ist zwei Jahre her, da wurde Merz – im dritten Anlauf – zum Vorsitzenden der CDU gewählt. Seitdem lässt ihn die K-Frage nicht mehr los. Will der 68-Jährige auch den nächsten Schritt tun und die

    Wer sich auf dem Parteitag mit seinen 1001 Delegierten und 800 Gästen eine Antwort erwartete, wurde enttäuscht. Eine Kampfansage war die mit 80 Minuten sehr lange Rede nicht. Merz nahm kein einziges Mal die Namen seiner politischen Gegner in den Mund, Kanzler Olaf Scholz (SPD) oder Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) kamen zur Verwunderung vieler Beobachter gar nicht vor. 

    Dass Merz im Anschluss bei der Wahl zum Vorsitzenden rund 90 Prozent der Stimmen holte, war nicht Ausdruck der Begeisterung über die flammende Bewerbungsrede eines Kanzlerkandidaten. Vor allem die CDU will gerade einfach nur ihre Ruhe haben, schlechte Ergebnisse schaden da nur. „Hauptsache, es gibt keinen Streit“, brachte ein Delegierter aus Baden-Württemberg die allgemeine Stimmung auf den Punkt.

    CDU-Parteitag: Bruch mit der Ära Angela Merkel

    Merz allerdings begann mit Anlaufschwierigkeiten. Das Motto des Parteitags „Zukunft gemeinsam gewinnen“ brachte der Vorsitzende durcheinander, redete mehrfach von: „Gemeinsam Zukunft gewinnen“. Womöglich hatten ihn der tosende Applaus und die Jubel-Rufe aus dem Konzept gebracht, die schon ertönten, als Merz gerade mal ans Rednerpult trat. 

    „Deutschland kann es besser, aber Deutschland muss auch endlich wieder gut regiert werden“, rief Merz aus, ließ aber offen, ob er derjenige sein will, der diese Regierung führt. Auf die teils kritischen Äußerungen zu seinem Kurs, die vor dem Parteitag für ein wenig Unruhe sorgten, ging Merz direkt nicht ein, er lobte dafür geschickt und um Harmonie bemüht die Wahlerfolge der Unruhestifter Daniel Günther und Hendrik Wüst als Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. „Wenn wir zusammenhalten, dann gewinnen wir in Deutschland Wahlen“, rief Merz.

    Daniel Günther lobt Friedrich Merz überschwänglich

    Der Appell an den Schulterschluss funktionierte. „Lasst uns gemeinsam Friedrich Merz den Rücken stärken. Lasst uns gemeinsam ein Signal der Geschlossenheit senden“, forderte Wüst in der anschließenden Aussprache. Günther hinterließ ebenfalls keinen Zweifel an seiner Loyalität. „Du bist ein hervorragender Partei- und Fraktionsvorsitzender“, rief er Merz zu. Der Norddeutsche ging gar noch einen Schritt weiter, nahm die Kanzlerkandidatur – die im Spätsommer final geklärt werden soll – schon jetzt in den Blick: Der Parteitag werde „wichtige Weichenstellungen vornehmen“, sagte Günther.

    Merz ließ seinen Anspruch auf die Spitzenkandidatur allenfalls durchblicken. Die Union habe sich zunächst 13 Jahre und dann sieben Jahre in der Opposition befunden, erklärte er. „Wir wollen die Zeit in der Opposition jetzt erneut halbieren“, fuhr er fort und ergänzte: „Maximal vier Jahre Ampel in Deutschland sind genug.“ Jeder Tag ohne Ampel sei ein „guter Tag für Deutschland“.

    Den Blick zurück auf die „schmerzhafte Niederlage“ bei der Bundestagswahl 2021 deutete Merz in eine Chance um. Die Oppositionsrolle habe der CDU „die Zeit verschafft, die wir als Partei gebraucht haben.“ Wer das als Spitze gegen Angela Merkel verstehen wollte, lag wohl richtig. 

    Die langjährige Vorsitzende und Kanzlerin war von ihm zwar zum Parteitag eingeladen worden, folgte der Einladung aber nicht. Dass sie stattdessen am 13. Mai an der Abschiedsveranstaltung für den früheren Partei- und Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin, teilnehmen und dort eine Rede halten wird, sorgte für Gerede und dürfte Merz durchaus irritiert haben. Seine Reaktion bestand im konsequenten Ignorieren. Den Namen der CDU-Ikone erwähnte er nicht ein einziges Mal. 

    Merz reißt keinen so wirklich vom Hocker

    Merkel hatte ihr Publikum selten begeistert, irgendwie am Ende aber doch meistens überzeugt. Auch Merz vermochte es an diesem Tag nicht, die Delegierten im Plenarsaal wirklich von den Sitzen zu reißen. Die Tagespolitik spulte er routiniert ab, wiederholte vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges die Forderung nach einer soliden Finanzierung der Bundeswehr ebenso wie die nach einer Abschaffung des Bürgergeldes. Das Standardprogramm der vergangenen Monate eben. Leichte Müdigkeit machte sich da im Plenarsaal breit, Claqueure positionierten sich an strategisch günstigen Stellen und verhinderten mit ihrem Applaus Schlimmeres – Langeweile zum Beispiel.

    Menschlich wurde es erst später. Bei der Verabschiedung des Ehrenvorsitzenden der Senioren-Union, Otto Wulff, aus dem Bundesvorstand überkam den Vorsitzenden Merz sichtlich die Rührung. Seit über 70 Jahren ist Wulff Mitglied der CDU, mehr als zwei Dekaden lang gehörte er dem Bundesvorstand an. Seine emotionale Verabschiedung durch die Delegierten, auch sie war ein Abschluss mit der Vergangenheit. 

    Ob die CDU nun mit Friedrich Merz an der Spitze „Zukunft gemeinsam gewinnen“ kann? Wird sich zeigen.

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