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Cannabis-Legalisierung in Deutschland: Ein neuer Weg?

Kommentar

Der Staat scheitert mit seiner Drogenpolitik immer am Menschen

Richard Mayr
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    Cannabis-Pflanzen selber zu ziehen und die Blüten zu ernten, war in diesem Jahr zum ersten Mal legal.
    Cannabis-Pflanzen selber zu ziehen und die Blüten zu ernten, war in diesem Jahr zum ersten Mal legal. Foto: Privat, Augsburger Allgemeine

    Im Umgang mit Drogen können Staaten nur scheitern. In einer perfekten Gesellschaft gäbe es keine Menschen, die Rauschmittel nötig haben. Alle haben sie ihre Nebenwirkungen, ob nun die legalen oder die illegalen, alle greifen sie in den Stoffwechsel des Menschen ein, alle stören dort die Ordnung. Aber die Gesellschaft ist nicht perfekt, und die Menschen sind es auch nicht. Schon vor 12.000 Jahren, lange bevor die ersten Pyramiden gebaut wurden, war der Alkohol entdeckt. Als man ein paar Jahrtausende zu Beginn des 19. Jahrhunderts endlich so weit war, Alkoholsucht als schwere Krankheit mit lebensbedrohlichen Folgen zu begreifen, war es für Verbote zu spät. Die Menschheit wusste längst, welche Hefen wie gegärt werden müssen. Die Prohibition in den USA scheiterte krachend.

    Dass moderne Staaten darauf bedacht sind, es nicht mehr so weit kommen zu lassen, ist mehr als verständlich: Neue hochpotente synthetische Drogen werden verboten, wenn sie als Rauschmittel in den Umlauf kommen. Doch finden Dealer immer Menschen, die sich verführen lassen. Sich ein paar vermeintlich schöne Stunden zu bescheren, ohne dafür etwas tun zu müssen, übt auf einen Teil der Gesellschaft immer seinen Reiz aus. Dass darunter die Gesundheit leidet, wird billigend in Kauf genommen oder einfach ausgeblendet. Wenn der Augenblick den Menschen verführt, interessiert der nächste Morgen mit all seinen Problemen nicht mehr.

    Mit Drogenpolitik können Staaten nur scheitern

    Bevor man also über die staatliche Drogenpolitik ein Urteil fällt, sollte man sich vergegenwärtigen, dass Staaten damit nur scheitern können. Der Krieg gegen die Drogen in Mexiko hat Hunderttausenden Menschen das Leben gekostet, die Kartelle aber nicht ins Wanken gebracht. Sie sind heute mächtiger denn je.

    Einen Weg in die andere Richtung beschreitet Deutschland mit der Legalisierung von Cannabis. Der Staat sieht damit ein, dass das jahrzehntelange Verbot von Cannabis nicht dazu geführt hat, dass die Menschen die Finger davon lassen. Es ist bis zum Gesetz die illegale Droge Nummer eins im Land gewesen. Und natürlich ist jetzt zu befürchten, dass durch die Legalisierung mehr Menschen zum Joint greifen werden.

    Politisch kann die Neuregelung der Ampelkoalition also schnell auf die Füße fallen. Die konservative Konkurrenz, etwa CSU-Ministerpräsident Markus Söder, schießt ja schon seit der Einführung aus allen Rohren dagegen und hat gleich zu Beginn den verbalen Pflock eingerammt: Das Gesetz gefährde die Gesundheit in Deutschland. Dass Cannabis nicht nur berauscht, sondern auch die Gesundheit gefährdet, kann ja schlecht bestritten werden.

    Erst ein pessimistischer Blick auf den Menschen verändert die Bilanz

    Erst unter der pessimistischen, aber realistischen Sicht, dass die Menschen ja auch schon während des Verbots gekifft haben (vier Millionen in Deutschland!) und sich nicht um die gesundheitlichen Folgen geschert haben, kommt man zu anderen Schlussfolgerungen. In einem staatlich regulierten und beaufsichtigen Cannabis-Markt gäbe es die Möglichkeit, den Wirkstoffgehalt zu regulieren, schwächer wirkende Produkte einzufordern und darauf zu achten, dass bei der Herstellung nicht gepanscht wird. Das würde Cannabis nicht gesund machen, aber weniger schädlich.

    Wenn es dazu gelänge, den Schwarzmarkt für Cannabis auszutrocknen, würden für viele Menschen die Berührungspunkte wegfallen, an denen sie sich auch harte und noch schädlichere Drogen wie Kokain, Heroin, Crack, Crystal-Meth oder Fentanyl beschaffen können. Manche schwere Drogensucht könnte dadurch verhindert werden. Für dieses Ziel reicht die gegenwärtige Regelung allerdings nicht aus. Ob sich eine künftige Bundesregierung mehr in Sachen Cannabis-Legalisierung zutraut, steht in den Sternen.

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    1 Kommentar
    Peter Bergmann

    Moin, danke für diesen Kommentar... Es gibt viele Aspekte, welche in der öffentlichen Diskussion nicht genannt werden: 1. Als Joint habe ich zusätzliche gesundheitliche Risiken durch den Rauch und Tabak. Verdampfer (wie beim med. Cannabis) würden diese Risikofaktoren reduzieren und den Konsum gesünder machen. 2. Man muss eben anerkennen, dass ein Verlangen nach Rausch gibt. Dies wird befriedigt werden... Prohibition hat gerade bei "Volksdrogen" immer nur dem Schwarzmarkt geholfen. 3. Steigender THC Gehalt und synthetische Cannabinoide sind die direkte Folgen der Prohibition. 4. Der Jugendschutz wird immer wieder angeführt, aber in anderen Bereichen: Alkohol, Zucker etc spielt Jungendschutz keine Rolle: Auf den Wiesn sitzen Kinder neben besoffenen Eltern, Trinke nab 14Jahren ist erlaubt und auch vor Kitas und Schulen. Die CSU hat die Grünen als Verbotspartei angegriffen als sie die Werbung für zuckerhaltige Produkte regelmentieren wollte... So wichtig ist der Jugenschutz.

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