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Bundesverfassungsgericht: Wahlrechtsurteil: CSU sicher im Bundestag, Überlebenschance für die Linke

Bundesverfassungsgericht

Wahlrechtsurteil: CSU sicher im Bundestag, Überlebenschance für die Linke

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    Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass der XXL-Bundestag um 100 Sitze  geschrumpft werden kann.
    Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass der XXL-Bundestag um 100 Sitze geschrumpft werden kann. Foto: Uli Deck, dpa

    Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil bestätigt: Der Bundestag wird nach der nächsten Wahl um über 100 Abgeordnete kleiner. Statt wie heute 733, werden nur noch 630 Parlamentarier das Volk vertreten. Damit erklärten die höchsten deutschen Richter am Mittwoch den Kern der von der Ampel-Koalition beschlossen Wahlrechtsreform für verfassungsgemäß. Der XXL-Bundestag ist bald Geschichte. Doch in einem zentralen Punkt widersprach das Gericht dem Gesetz. Auch bei der nächsten Bundestagswahl können Parteien in das Parlament einziehen, die mindestens drei Direktmandate holen.

    Sie werden im Bundestag vertreten sein, selbst wenn sie eigentlich an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert wären. Die sogenannte Grundmandatsklausel sicherte der Linken 2021 das Überleben im Parlament, obwohl die Partei nur 4,9 Prozent der Stimmen erreicht hatte. Für die durch das neue Wagenknecht-Bündnis geschwächte Partei steigt durch den Richterspruch die Chance, den Wiedereinzug zu schaffen. „Mit ihrer Wahlrechtsmanipulation zielte die Ampel auf CSU und Linke, getroffen hätte sie unsere Demokratie“, erklärte Linken-Urgestein Dietmar Bartsch.

    CSU-Chef Söder spricht von „Erfolg für Bayern“

    Denn nach dem Urteil kann auch die CSU aufatmen. Es hätte durchaus passieren könne, dass die Christsozialen aus dem Bundestag fliegen, wenn das Verfassungsgericht den Wegfall der Grundmandatsklausel gebilligt hätte. Die CSU bildet zwar mit der großen Schwesterpartei CDU eine Fraktionsgemeinschaft, tritt aber bei Bundestagswahlen eigenständig an und zwar nur in Bayern. Bei der zurückliegenden Wahl vereinigte die CSU 5,2 Prozent der gesamtdeutschen Stimmen auf sich, übersprang die Sperrklausel also nur knapp. Allerdings hatte sie 45 Direktmandate gewonnen. Hätte die Wahlrechtsreform der Ampel vollständig Bestand gehabt, hätten der Partei bei der nächsten womöglich alle Direktmandate nichts genützt. „Erfolg für Bayern und Klatsche für die Ampel: Die Wahlrechtsreform verstößt mit der gestrichenen Grundmandatsklausel gegen das Grundgesetz“, meinte CSU-Chef Markus Söder

    Für die CSU bleibt dennoch ein Wermutstropfen zurück. Wegen der Verkleinerung des Parlaments werden künftig nicht mehr alle Abgeordneten in das Parlament einziehen, die das Direktmandat gewonnen haben. Betroffen sind diejenigen Parlamentarier mit relativ schwächerem Erststimmenergebnis. In Bayern betrifft das vor allem die großen Städte, weil dort die CSU meist nicht so dominant ist wie auf dem Lande. Der direkt gewählte Augsburger Abgeordnete Volker Ullrich muss zum Beispiel fürchten, bei der Wahl im September nächsten Jahres sein Mandat zu verlieren. Er hatte 2021 den Wahlkreis mit 28 Prozent für sich entschieden. „Das Bundesverfassungsgericht fördert mit seinem Urteil zur Wahlrechtsreform nicht das Vertrauen in unsere Demokratie“, sagte Ullrich unserer Redaktion. „Das Verfassungsgericht wird mit diesem Urteil keine verfassungspolitische Befriedung erreichen. Im Gegenteil. Es bricht mit der 70-jährigen Staatspraxis, dass der Gewinn eines Direktmandats zum Einzug in den Bundestag führt“, beklagte der CSU-Politiker.

    Dem widersprach der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Stephan Thomae. „Der Vorwurf der Union, dass die Wahlrechtsreform Wahlkreissieger um ihr sicheres Mandat betrügen würde, hält einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand“, sagte er unserer Redaktion. Das Herzstück unserer Wahlrechtsreform sei verfassungsmäßig bestätigt worden.

    Söder stellt eine Bedingung

    Das Problem haben die Christsozialen in besonderer Weise, weil sie über die Direktmandate mehr Abgeordnete in den Bundestag entsenden, als ihr nach dem Gesamtverhältnis aller Stimmen zustünden. Söder machte die Rücknahme der Schwächung der Direktkandidaten zur Koalitionsbedingung für ein mögliches Regierungsbündnis auf Bundesebene nach der Wahl.

    Das Verfassungsgericht hat dem Bundestag ohnehin aufgegeben, sich mit dem Wahlrecht noch einmal zu befassen. Wegen der vergleichsweisen kurzen Zeitspanne bis zur nächsten Wahl gilt aber die bestehende Regelung aus Grundmandatsklausel und Fünf-Prozent-Hürde weiter. „Das Bundesverfassungsgericht hat seine Entscheidung zum Wahlrecht verkündet. Alle fühlen sich als Gewinner. Das spricht für die Entscheidung“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Der XXL-Bundestag werde verkleinert, was das Hauptziel der Ampel-Koalition gewesen sei. Das Dreierbündnis jedoch „hätte früher erkennen können“, dass die Abschaffung der Grundmandatsklausel falsch gewesen sei.

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    1 Kommentar
    Walter Koenig

    Zitat: „Erfolg für Bayern und Klatsche für die Ampel: Die Wahlrechtsreform verstößt mit der gestrichenen Grundmandatsklausel gegen das Grundgesetz“, meinte CSU-Chef Markus Söder. Wo hier Söder einen Erfolg sehen will bleibt sein Geheimnis. Die Klatsche hat in erster Linie die CSU bekommen, denn ab 2025 bekommt sie nur noch so viele Abgeordnete, wie ihr auf Grund des Wahlergebnisses zustehen. Dagegen hat sie sich über viele Jahre gewehrt, aber nun ist Schluss damit. Die einzige Änderung ist das behalten der Grundmandatsklausel, der ihr zumindest bis zur nächsten Wahl Sitze im Bundestag sichert. Die CSU könnte ja auch ihren Direktkandidaten die ersten 46 Plätze ihrer Liste einräumen, dann würden weniger "Sieger" beim Direktmandat ohne Platz im Bundestag bleiben.

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