Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Bundesverfassungsgericht: Mehr Schutz für die Hüter der Verfassung

Bundesverfassungsgericht

Mehr Schutz für die Hüter der Verfassung

    • |
    • |
    Das Verfassungsgericht soll vor Blockaden und Einflussnahmen geschützt werden.
    Das Verfassungsgericht soll vor Blockaden und Einflussnahmen geschützt werden. Foto: Uli Deck, dpa

    Wochenlang stritten Union und Ampel-Parteien über eine Reform des Bundesverfassungsgerichts. Am Dienstag präsentierten Vertreterinnen und Vertreter von CDU, CSU, SPD, Grünen und FDP zusammen mit Justizminister Marco Buschmann überraschend einen Kompromissvorschlag. Unmittelbar nach der Pressekonferenz in Berlin bröckelte die demonstrativ zur Schau gestellte Einigkeit allerdings schon wieder. Hier ein Überblick über das, was geplant ist:

    Warum die Änderung?

    Justizminister Buschmann (FDP) drückte es so aus: Als das Grundgesetz vor 75 Jahren in Kraft trat, stellte das Bundesverfassungsgericht noch ein Experiment dar. Die Grundlage war nur bruchstückhaft ausgeformt, es fehlte an Erfahrung mit dieser neuen Institution. Über die Jahre gab es immer wieder Anregungen und Debatten für eine Reform. Erst vor dem Hintergrund des Erstarkens der AfD und extremistischer Ränder wurden aus den Überlegungen konkrete Pläne.

    Was ist das Ziel?

    Die beteiligten Parteien wollen das Bundesverfassungsgesetz besser vor einer Einflussnahme extremer Parteien schützen. Sie blicken dabei auch auf Länder wie Polen. Dort wurde das Verfassungsgericht unter anderem angewiesen, Fälle nach Eingang und nicht nach Wichtigkeit abzuarbeiten – eine Regelung, mit der sich das Gericht praktisch lahmlegen lässt. Grundsätzlich geht es darum, eine einseitige Einflussnahme zu unterbinden. Denkbar wäre eine Herabsetzung von Amtszeit oder Höchstalter, um unliebsame Richterinnen und Richter schneller loszuwerden. Oder die gezielte Einsetzung von demokratiefeindlichen Richtern.

    Wie soll der bessere Schutz des Verfassungsgerichts erreicht werden?

    Änderungen wie die oben genannten Beispiele können derzeit mit einfacher Mehrheit erreicht werden, weil sie nur in einem normalen Gesetz (Bundesverfassungsgerichtsgesetz) stehen. In Zukunft soll sie auf die Ebene der Verfassung gehoben werden. Für etwaige Änderungen braucht es dann eine Zweidrittelmehrheit, die so einfach nicht zu bekommen ist. Die Ampel-Parteien allein etwa verfügen nicht darüber, sie sind für Grundgesetzänderungen auf Stimmen der Union angewiesen. Teil des Grundgesetzes sollen sogenannte Strukturvorgaben wie der Status des Gerichts, die Amtszeit der Richterinnen und Richter (zwölf Jahre), die Altersgrenze (68 Jahre) sowie die Zahl der Richterinnen und Richter (16) werden. Die Aufteilung auf zwei Senate soll ebenso abgesichert werden wie die Geschäftsordnungsautonomie des Gerichts.   

    Was fehlt?

    Die Wahl der 16 Richterinnen und Richter erfolgt mit einer Zweidrittelmehrheit, je zur Hälfte durch Bundesrat und Bundestag. Diese Regelung wird nicht in die Verfassung gehoben. Sie könnte also mit einfacher Mehrheit abgeschafft werden. Derzeit ist das unwahrscheinlich, aber Mehrheitsverhältnisse ändern sich bekanntlich. Künftig soll es für den Fall möglicher Blockaden jedoch einen „Ersatzwahlmechanismus“ geben. Er greift, falls eine frei gewordene Richterstelle nicht rechtzeitig neu besetzt werden kann, weil die Wahl in Bundestag oder Bundesrat blockiert wird. Über eine Öffnungsklausel soll dann das andere Wahlorgan übernehmen dürfen.

    Warum dauerten die Verhandlungen so lange?

    Die Unionsfraktion sah zunächst keine zwingende Notwendigkeit für eine Reform. Nach acht langen Sitzungen änderte sich jedoch die Haltung. Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz, die daran teilnahm, begründete den Meinungsumschwung unter anderem damit, dass CDU und CSU ihrer staatspolitischen Verantwortung nachkommen. „Wir würden diesen Weg nicht mitgehen, wenn wir nicht davon überzeugt wären, dass dieser Weg richtig und wichtig ist“, sagte die CSU-Politikerin. Doch offenbar sind davon nicht alle Unionspolitiker überzeugt. „Das Ergebnis muss jetzt in und mit der Fraktion diskutiert werden“, sagte der Rechtspolitiker Volker Ullrich unserer Redaktion. Ein stärkerer verfassungsrechtlicher Schutz des Verfassungsgerichts sei zwar richtig. Der CSU-Politiker kritisierte aber gleichzeitig, dass der Ersatzwahlmechanismus oder auch jede einzelne Strukturvorgabe noch nicht überzeugen könnten. „Hier besteht noch Diskussionsbedarf“, sagte Ullrich.

    Wie geht es weiter?

    Das Kompromisspapier wird jetzt den Abgeordneten zugeleitet. Nach der parlamentarischen Sommerpause soll das Vorhaben von Bundesrat und Bundestag beraten werden. Letzterer kommt regulär in der zweiten Septemberwoche wieder zusammen. Ziel sei es, dass man noch in diesem Jahr zu den entsprechenden Beschlüssen komme, sagte der SPD-Rechtsexperte Johannes Fechner.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden