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Bundestagswahl: Kleiner Stimmungstest für die Ampel: Berlin hat die Wiederwahl

Bundestagswahl

Kleiner Stimmungstest für die Ampel: Berlin hat die Wiederwahl

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    Die CDU setzt auf eine Denkzettelwahl für die Ampel.
    Die CDU setzt auf eine Denkzettelwahl für die Ampel. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Die Frage gehört bei Treffen in Berliner Wohnstuben und Kneipen gerade zu den häufig gestellten: „Hast Du eine bekommen?“ Es geht um einen Brief, der ein Teil des Bundestages neu gewählt, weil nach der chaotischen Wahl im September 2021 nicht alle Stimmen als gültig gewertet wurden. 

    Bei der Bundestagswahl 2021 waren rund 2,8 Millionen Berlinerinnen und Berliner wahlberechtigt. Am kommenden Sonntag sind immerhin 550.000 Menschen in 455 Wahlbezirken dazu aufgerufen, ihre Stimme erneut abzugeben. In der Hauptstadt nährt das die Hoffnung, dass die Verwaltung es diesmal hinbekommt und sich die peinlichen Pannen nicht wiederholen, die diese Nachwahl überhaupt erst notwendig machen. 

    Teilweise Wiederholung nach dem Wahlchaos in Berlin

    Das Chaos vom 26. September 2021 drückt sich in den Zahlen aus, die der Landeswahlausschuss nach einer Überprüfung der „Unregelmäßigkeiten“ veröffentlichte. Es wurden 1608 falsche Stimmzettel ausgegeben, die Stimmabgabe musste anschließend als ungültig gewertet werden. In 56 Wahllokalen wurden teilweise keine Erst- und Zweistimmen ausgegeben. Warum? Die Ursachen, erklärte der Landeswahlausschuss, seien nicht bekannt. 

    Es sei „von einem Versehen oder einer Überforderung des jeweiligen Wahlvorstandes auszugehen“. Zu wenige Wahlkabinen in Kombination mit den damaligen Coronaschutzmaßnahmen lösten teils so lange Rückstaus aus, dass 73 Wahllokale vorübergehend geschlossen wurden. Andere Wahlhelfer machten einfach über die offizielle Schließung der Wahllokale um 18 Uhr hinaus weiter – ein Wahllokal demnach bis kurz vor 21 Uhr. Da parallel Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen stattfanden, bekamen auch für die Bundestagswahl eigentlich Nicht-Stimmberechtigte Wahlzettel in die Hand gedrückt, da hier auch 16-Jährige oder ausländische EU-Bürger wählen durften.

    Kevin Kühnert (r), SPD-Generalsekretär, spricht beim Wahlkampf-Auftakt der Berliner SPD im Willy-Brandt-Haus zur teilweisen Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin.
    Kevin Kühnert (r), SPD-Generalsekretär, spricht beim Wahlkampf-Auftakt der Berliner SPD im Willy-Brandt-Haus zur teilweisen Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Die Sache landete vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, das Urteil fiel für Berlin vernichtend aus. Immerhin hieß es darin aber auch: „Nach dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs hat nur eine teilweise Wiederholung der Wahl Vorrang vor der Ungültigerklärung der Wahl in Gänze.“ Hätte ganz Berlin erneut abstimmen müssen, wäre es womöglich zu Machtverschiebungen im Bundestag gekommen. So sind nur kleine Abweichungen zu erwarten, die Ampelkoalition ist schon gar nicht infrage gestellt. Als kleiner Stimmungstest für die Regierung darf die Wahlwiederholung trotzdem gelten.

    So kann es, wie Bundeswahlleiterin Ruth Brand erklärt, durch die Wiederholungswahl in Berlin durchaus zu einzelnen Mandatsverschiebungen im Bundestag kommen, und dies wegen der komplizierten Berechnungen bei der Sitzverteilung sogar länderübergreifend. Die Expertinnen und Experten des Internetportals „wahlrecht.de“ haben ausgerechnet, dass infolge der annullierten Zweitstimmen alle im Bundestag vertretenen Parteien, sofern sie in Berlin angetreten sind, vorerst insgesamt sieben Sitze verlieren, die sie bei der Wiederholungswahl neu erobern müssen. Die Grünen trifft es doppelt. SPD, CDU, FDP, AfD und Linke jeweils ein Mal. 

    Wahlwiederholung in Berlin wirkt sich breit aus

    Umfragen lassen am Sonntag ein deutlich schlechteres SPD-Ergebnis erwarten als im September 2021, die Grünen können auf stabiles Resultat hoffen. Die FDP hingegen muss demnach mit einem um die Hälfte schlechteren Ergebnis und in der Folge mit dem Verlust eines Bundestagsmandates rechnen. Die CDU kann auf ein besseres Abschneiden hoffen, das wiederum wird der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, aufmerksam verfolgen. Denn der CDU-Politiker aus Nordrhein-Westfalen könnte bei einer ungünstigen Stimmverteilung aus dem Bundestag fliegen.

    Andere bekannte Bundestags-Politiker können da gelassener sein. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert muss zwar sein Direktmandat verteidigen. Verlöre er es, wäre er jedoch über die Landesliste abgesichert und könnte sein Mandat trotzdem behalten. Die Symbolkraft indes wäre hoch. Die Linke wird die Zahl ihrer Abgeordneten wohl halten können, Pascal Meiser muss allerdings fürchten, dass sein Sitz nach Hessen an Christine Buchholz wandert. 

    Es wird am Sonntag viel darauf ankommen, wie hoch die Wahlbeteiligung ausfällt, und da sieht es eher mau aus. Denn Berlin hat Winterferien, viele Familien sind in einen Kurzurlaub gefahren. Andererseits verringert auch das die Gefahr, dass diese Nachwahl wieder im Chaos endet. 

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