Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Bundestagswahl: CDU und CSU sind zuversichtlich– doch noch ist nichts gewonnen

Kommentar

Wahlkampfstart ins Risiko: Ein Hauch von 2005

Peter Müller
    • |
    • |
    Merz und Söder vermitteln den Eindruck, die Bundestagswahl sei so gut wie gewonnen. Die Situation erinnert an 2005.
    Merz und Söder vermitteln den Eindruck, die Bundestagswahl sei so gut wie gewonnen. Die Situation erinnert an 2005. Foto: Marcus Merk

    CDU und CSU starten geschlossen in das Jahr vor der Bundestagswahl. Markus Söder und Friedrich Merz wollen Olaf Scholz aus dem Kanzleramt vertreiben. Das war die Botschaft, die vom Parteitag in Augsburg ausgehen sollte. Und anders als 2021, als Söder es nicht lassen konnte, den pannengeprägten Wahlkampf Armin Laschets mit hämischen Einwürfen zu begleiten, soll dieses Mal kein Blatt zwischen die beiden Schwesterparteien passen.

    Uneinigkeit gibt es hauptsächlich bei der Position gegenüber den Grünen

    Mal abgesehen davon, dass Söder und Merz die Abneigung zu den Grünen im Härtegrad unterschiedlich zelebrieren, taugt der Parteitag in Augsburg durchaus als Beleg für diese Einigkeit. Merz hat mit Angela Merkels Flüchtlingspolitik gebrochen und damit den entscheidenden Streitpunkt mit der CSU beiseite geräumt. Mit Blick auf die Migrationspolitik ist also schon richtig, wenn Söder sagt: „Endlich sind wir wieder ein starkes Team.“ Und wo hätte dieser Schulterschluss besser zelebriert werden können als in der Friedensstadt Augsburg, jenem Ort also, wo vor bald 500 Jahren die Glaubenskriege zwischen Katholiken und Protestanten für viele Jahrzehnte befriedet wurden?

    Alles gut also für die Union? Man wird sehen.

    CSU Parteitag Augsburg / mit CDU Chef Friedrich Merz / mit im Bild Markus Söder  -   -
    Icon Galerie
    9 Bilder
    Beim Auftritt von CDU-Chef Friedrich Merz auf dem CSU-Parteitag betont der Kanzlerkandidat die Gemeinsamkeiten der Schwesterparteien.

    Wer heute mit Unionsleuten spricht, gerade den jüngeren, der trifft Politiker, die vor Reform-Ideen fast bersten, die darauf brennen, es besser zu machen als die Ampel. Klimaschutz, aber bitte pragmatisch, ein Steuerrecht, das Leistung belohnt und auch sonst Vorfahrt für die Wirtschaft. Es werde „kein Wischiwaschi“ geben, fasst Söder diese Stimmung in Augsburg zusammen, und Merz verspricht eine Agenda 2030 „für die Fleißigen, für diejenigen, die sich anstrengen“.

    Aus Ampel-Frust folgt nicht automatisch eine Lust auf tiefgreifende Reformen

    Natürlich ist das alles nicht falsch. Nur sollte man schon dazusagen, dass so viel Ehrgeiz den Deutschen etwas abverlangt, was Angela Merkel vor beinahe 20 Jahren schon einmal völlig falsch eingeschätzt hatte – die Bereitschaft zur Veränderung. Man muss kein Wahlforscher sein, um zu erkennen, dass die Menschen die Ampel satthaben. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass dieselben Menschen, die die Ampel zum Teufel jagen wollen, drastische Reformschnitte mehrheitlich ablehnen, vor allem, wenn sie ihr eigenes Leben betreffen. Aus Ampel-Frust folgt nicht automatisch eine Lust auf tiefgreifende Reformen, auch dies belegen Umfragen, die Unionsstrategen allerdings lieber in der Schublade lassen.

    Die Situation erinnert an das Jahr 2005. Auch damals war Deutschland „der kranke Mann Europas“, und CDU-Chefin Merkel wähnte sich bereits im Kanzleramt als Gerhard Schröder vorgezogene Neuwahlen auslöste. Entsprechend forsch zelebrierte die CDU im Wahlkampf die Schock-Therapie, all diese als neoliberal kritisierten Reformen in der Renten- und Gesundheitspolitik, die sie soeben auf ihrem Leipziger Parteitag beschlossen hatte. Unvergessen, wie gnadenlos Schröder das ausnutzte („Professor aus Heidelberg“).

    Angela Merkel verlor jeden Reformeifer

    Die Folge: Nach ihrer Beinahe-Niederlage verlor Merkel jeden Reformeifer für die folgenden, oft krisengeprägten 16 Jahre ihrer Kanzlerschaft. Ironischerweise sind es nun zumindest auch diese unterlassenen Reformen oder Investitionen etwa in das Straßen- und Bahnnetz, die der zerstrittenen Ampel das Regieren zusätzlich erschweren.

    Eine Wiederholung kann sich Deutschland nicht leisten. Wenn die nächste, womöglich unionsgeführte Regierung daran scheitert, die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen und den Bürgern die Notwendigkeit mancher Einschnitte zu erklären, dann wird auch im Bund eine Regierungsbildung ohne AfD und BSW zur Herausforderung.

    Diskutieren Sie mit
    4 Kommentare
    Rainer Kraus

    Wahlkampfstart ins Risiko: Ein Hauch von 2005??? Bitte keine Wiederholung von damals, denn danach wurde ein reiches Erbe stückchenweise gegen die Wand gefahren, politisch, wirtschaftlich wie auch gesellschaftlich.

    Marianne Böhm

    Also sagen wir mal so .. es stehen zumindest wieder Männer, Frauen auf der Bühne, auch das Publikum, die eine Ausbildung, Studium, einfach die Voraussetzung eines Politikers "BILDUNG" haben. Solange Politiker sich nur auf Queere, Gendern konzentrieren, selbst nicht wissen ob sie Mann oder Frau sind und die damit elementarisch wichtigen politischen Probleme, dieser Selbstfindung hinten anstellen, wird unser Land noch schneller kaputt gehen und die Bürger sich weiter anderes orientieren. Merz betonte.. dass interne Streitigkeiten keinen Platz mehr in der CDU, CSU haben. Merz musste sich nach seinem zurück kommen erst mal finden.. und er ist auf einem guten Weg.. wenn er dran bleibt. Egal wie es ausgeht die Ampel wird nächstes Jahr Geschichte sein.. !

    Peter Pfleiderer

    "Ironischerweise sind es nun zumindest auch diese unterlassenen Reformen oder Investitionen etwa in das Straßen- und Bahnnetz, die der zerstrittenen Ampel das Regieren zusätzlich erschweren." - Wollte nicht ein Herr Scheuer von der CSU eine gerechte elektronische Straßenbenutzungsgebühr, die von einer populistischen grünen Opposition verhindert wurde?

    Günter Köhler

    Ein bemerkenswerter Kommentar, in dem nicht nur ein Körnchen sondern ein zentnerschwerer Sack von unliebsamen Wahrheiten steckt, die uns noch lange Zeit begleiten und belasten werden.

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden