Vier Jahrzehnte lang mussten sich Bayerisch-Schwaben und das angrenzende Oberbayern keine Sorgen um ihren Einfluss in Bonn und Berlin machen. Mit den CSU-Politikern Ignaz Kiechle, Theo Waigel, Horst Seehofer, dem Kurzzeit-Bauminister Eduard Oswald oder Gerd Müller als Entwicklungsminister hatte die Region fast immer eine Stimme im Kabinett. Unter Gerhard Schröder war immerhin noch der gebürtige Allgäuer Walter Riester (SPD) Sozialminister, der seinen Wahlkreis allerdings im benachbarten Baden-Württemberg hatte. Und in der laufenden Wahlperiode gehören mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Familienstaatssekretärin Ekin Deligöz (beide Grüne) zwei Frauen aus Schwaben der Bundesregierung an.
Nach der Wahl am 23. Februar droht der Region nun allerdings ein bislang nicht gekannter Bedeutungsverlust. Schlechte Listenplätze, damit spürbar weniger Abgeordnete und kaum jemand ministrabel: Gehör in der Bundespolitik zu finden, dürfte in den nächsten Jahren deutlich schwieriger werden. Dafür zieht die heimische AfD vermutlich gleich mit einem halben Dutzend Parlamentarier in den neuen Bundestag ein.
CSU: Nach der Reform des Wahlrechts ist einem Kandidaten auch dann noch kein Mandat sicher, wenn er seinen Wahlkreis gewinnt. Je schlechter ihr Erststimmenergebnis, desto größer ist die Gefahr für einige CSU-Kandidaten, nicht zum Zug zu kommen - etwa für Volker Ullrich aus Augsburg oder Mechthilde Wittmann im Oberallgäu. Um alle Direktkandidaten sicher durchzubringen, braucht die Partei ein Wahlergebnis von deutlich über 40 Prozent. Im Moment liegt sie bei etwa 44 Prozent. Als Aspirant auf einen Platz im Kabinett wird in der Schwaben-CSU allenfalls der Nördlinger Verkehrsexperte Ulrich Lange gehandelt.
SPD: Von den gegenwärtig drei Mandaten für die schwäbische SPD bleibt vermutlich nur eines übrig: Der Verteidigungsexperte Christoph Schmid aus dem Landkreis Donau-Ries kandidiert auf dem sicheren Listenplatz sieben. Heike Heubach, die erste gehörlose Abgeordnete, muss auf Platz 14 schon zittern, da die Partei in allen Umfragen noch weit unter dem Ergebnis der Wahl 2021 liegt. Für Ulrike Bahr aus Augsburg ist der Zug mit Listenplatz 20 schon abgefahren. Allein durch die Verkleinerung des Parlaments dürfte die Bayern-SPD bereits vier oder fünf ihrer bislang 23 Mandate verlieren.
Grüne: Claudia Roth tritt in Augsburg noch einmal an, Ekin Deligöz dagegen verlässt den Bundestag nach fast 26 Jahren aus freien Stücken. Sie kandidiert nicht mehr. Der früheren Parteichefin Roth ist ein Mandat mit Platz drei sicher, die nächste Kandidatin aus der Region, Andrea Wörle aus dem Allgäu, findet sich dagegen erst auf Platz 17 wieder. Noch weiter hinten: Die Allgäuerin Maria Wißmiller auf Platz 21 und Alpay Artun, der im Wahlkreis Günzburg/Neu-Ulm anstelle von Deligöz antritt, auf Platz 24.
FDP: Mit dem Allgäuer Stephan Thomae, einem der Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, und dem Digitalpolitiker Maximilian Funke-Kaiser aus dem Landkreis Augsburg stellen die heimischen Liberalen bisher zwei Abgeordnete. Sollte die FDP es wieder in den Bundestag schaffen, wird Thomae auf jeden Fall fehlen - er hat den Kampf um einen aussichtsreichen Listenplatz verloren. Damit es im Falle eines Wiedereinzugs zumindest für Funke-Kaiser noch reicht, braucht die FDP in Bayern zwischen sieben und acht Prozent.
AfD: Sie ist bisher mit zwölf Abgeordneten aus Bayern im Bundestag vertreten, darunter Peter Felser und Rainer Rothfuß aus dem Allgäu, Rainer Kraft aus dem Landkreis Augsburg und Gerrit Huy aus Inning am Ammersee. Alle vier treten erneut an - Kraft allerdings erst auf Platz 21. Vor ihm liegen unter anderem noch der Allgäuer Andreas Mayer, der im Landkreis Donau-Ries kandidiert und auf Platz 12 gelistet ist, Lukas Rehm aus Ingolstadt und Raimond Scheirich aus Augsburg.
Linke: Die Allgäuerin Susanne Ferschl hat bereits im Sommer angekündigt, nicht mehr anzutreten. Sollte die Linke es noch einmal ins Parlament schaffen, ist dieses Mandat für das Allgäu allerdings verloren. Die neue Kandidatin Jennifer Merx hat mit Listenplatz sieben praktisch keine Chancen auf einen Einzug in den Bundestag. Hoffnungen kann sich allenfalls Sarah Vollath aus dem Kreisverband Ingolstadt machen. Sie kandidiert auf Platz drei.
BSW: Beim Bündnis Sahra Wagenknecht hat der Unternehmer Manfred Seel aus dem Landkreis Donau Ries gute Chancen, den Sprung in den Bundestag zu schaffen. „Wir rechnen bundesweit mit sieben bis acht Prozent“, sagt er. In Bayern müssten es nach seiner Rechnung um die vier Prozent sein, damit auch er Abgeordneter wird. Noch vor ihm auf der Liste liegt Simone Ketterl aus Utting am Ammersee.
Bayern und Bayerisch-Schwaben waren bisher eher ueberrepraesentiert. Mindestens durch die Konstruktion mit einer Regionalpartei. Insbesondere die Verkehrsminister der CSU machten nicht gerade Lust auf mehr bei anderen Bundeslaendern. Wirklich grosse und anerkannte Minister aus der Region waren selten.
Was soll das Geheule? Es vertritt doch nicht jeder Bundestagsabgeordnete nur die regionale Klientel. Wenn ich mir die Liste der Absteiger so anschaue kommt keine Trauer auf. Und wenn jetzt mehr AFD Abgeordnete Bayrisch Schwaben vertreten hat das wohl was mit Demokratie zu tun.
Kann nur besser werden. Um die zwei existenziellen schwäbischen Themen ‚Beendigung der gefährlichen oberirdischen Zwischenlagerung von Atommüll durch Schaffung eines Endlagers in tiefen Erdschichten‘ sowie Voranbringen der Energiewende durch Beseitigung von insbesondere Luftwaffeneinwänden gegen Windkraftanlagen‘ hat sich in den vergangenen drei Jahren kein Bundestagsabgeordnete/r der Region ernsthaft gekümmert.
Herr Raimund Kamm meinen sie das die schöne Claudia da was zu sagen hatte in ihrer Partei ??
Wo sehen sie das Problem Herr Wais? MdB's sind doch nicht nur für die Interessen der eigenen Region im Parlament. Der Blick auf die Liste der Abstiegskandidaten ist doch erfreulich. Und das jetzt mehr AFD Abgeordnete die Region vertreten muß wohl irgendwas mit Demokratie zu tun haben.
Dr. Volker Ulrich hat doch in Augsburg niemanden vermisst, als er nach Berlin gegangen ist und wird auch nicht vermisst werden, wenn er wieder nach Augsburg kommt. Demokratieverständnis sieht in Deutschland so aus, dass Bürger Parteien wählen und nicht Personen. Und das ist gut so.
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