Die Unionsfraktion im Bundestag kommt mit demonstrativem Selbstvertrauen aus der Sommerpause zurück und nimmt ein Jahr vor der Wahl schon den angestrebten Regierungswechsel in den Blick. «Wir beschäftigen uns praktisch gar nicht mehr oder ganz wenig nur am Rande mit dem, was von dieser Koalition kommt», sagte der Vorsitzende Friedrich Merz (CDU) zum Auftakt einer Klausur der Fraktionsspitze im brandenburgischen Neuhardenberg. Man werde sich stärker mit Themen auseinandersetzen, «die wir erwarten als die wichtigsten Themen für eine spätere Regierungstätigkeit».
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ergänzte: «Wir treffen uns hier in Neuhardenberg auch, um die Regierungsübernahme in Berlin vorzubereiten.» Die Ampel verzichte in diesem Jahr sogar auf ihre regelmäßige «Therapiesitzung» in Meseberg - gemeint ist die Kabinettsklausur im Gästehaus der Bundesregierung in Schloss Meseberg. «Therapie abgebrochen, Verhältnis unkittbar zerrüttet», lautete Dobrindts Schlussfolgerung. Merz ging davon aus, dass die Auseinandersetzungen zwischen SPD, Grünen und FDP in den kommenden Monaten eher noch zunehmen werden.
Ungelöste K-Frage schwebt über den Beratungen
Wie bei allen Beratungen der Union derzeit steht auch in Neuhardenberg die ungelöste K-Frage im Raum. Merz sagte der Deutschen Presse-Agentur vor der Klausurtagung: «Markus Söder und ich werden in naher Zukunft darüber sprechen.» Es werde selbstverständlich auch mit den Landesvorsitzenden der CDU gesprochen. «Und am Ende des Tages machen die beiden Parteivorsitzenden von CDU und CSU einen gemeinsamen Vorschlag, den sie dann auch gemeinsam durchtragen.»
Merz betonte: «Diese Verabredung, die Markus Söder und ich vor zweieinhalb Jahren getroffen haben, gilt.» Er bekräftigte erneut, dass die Entscheidung «im Spätsommer» getroffen werde. Genauer wollte sich Merz auch in Neuhardenberg nicht zu dieser Frage äußern. Söder hatte Aufmerksamkeit erregt, als er beim Gillamoos-Volksfest in Niederbayern sagte: «Für mich ist Ministerpräsident das schönste Amt. Aber ich würde mich nicht drücken, Verantwortung für unser Land zu übernehmen.»
Merz verteidigt Ultimatum zum Migrationsthema
Der Partei- und Fraktionsvorsitzende verteidigte in Neuhardenberg sein Ultimatum, das er der Ampel für ein Fortsetzen der Migrationsgespräche gesetzt hatte. Er verlangt bis zum kommenden Dienstag eine verbindliche Zusage der Bundesregierung, dass es künftig an den deutschen Grenzen Zurückweisungen von Flüchtlingen geben soll, für deren Asylverfahren die Bundesrepublik gar nicht zuständig ist.
«Die Entscheidungsgrundlagen liegen alle auf dem Tisch», sagte Merz. «Die Bundesregierung weiß, dass es rechtlich zulässig und möglich ist, an den deutschen Außengrenzen zurückzuweisen. Sie muss jetzt eine politische Entscheidung treffen.» Dafür brauche man keine langen Diskussionen mehr. «Deswegen habe ich eine Bitte geäußert, nämlich, dass wir jetzt schnell entscheiden.» Sollte sich die Bundesregierung dazu nicht in der Lage sehen, gebe es aus Sicht der Union keinen weiteren Beratungsbedarf mehr.
Union fordert Einsatz von Gesichtserkennungssoftware
Für die Beratungen des geschäftsführenden Vorstands der Unionsfraktion wurden die Positionen von CDU und CSU nochmals in einem Papier zusammengefasst. Dieses enthält auch Forderungen zur Erhöhung der inneren Sicherheit wie die Speicherung von IP-Adressen und den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware. «Unsere Sicherheit gerät in Gefahr, wenn unsere Welt sich immer weiter digitalisiert, unseren Sicherheitsbehörden dies aber aus ideologischen Gründen verwehrt wird», heißt es darin.
Merz rechnet kaum noch mit der FDP
Merz rechnet mit Blick auf mögliche Koalitionsmöglichkeiten nach der Bundestagswahl 2025 kaum noch mit der FDP, die Jahrzehnte als natürlicher Verbündeter der Union galt. Die FDP sei in einer so schlechten Verfassung, dass man davon ausgehen müsse, dass sie bei der Wahl möglicherweise erneut aus dem Bundestag herausfalle, sagte Merz der dpa. «Was ich im Augenblick sehe, spricht eher dafür, dass die FDP mittlerweile wieder auf dem Sterbebett liegt.»
Merz sagte, er teile die kritische Haltung von CSU-Chef Markus Söder zu den Grünen, «so wie sie heute hier in Berlin Politik machen». Sie seien derzeit eine Partei, die Menschen bevormunde, in der Wirtschaftspolitik versage und immer noch «mit ihrer alten grünen Ideologie» unterwegs sei. Mit «diesen Grünen von heute» werde man derzeit sicherlich auch in der CDU keine Zustimmung für eine Zusammenarbeit finden. Was nächstes Jahr um diese Zeit sein werde, wisse man nicht.
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