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Bundestagswahl 2025: Fristen für Briefwahl zu knapp?

Bundestagswahl 2025

Deutsche im Ausland fürchten um ihre Stimmen bei der Briefwahl

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    Wahlbriefe aus dem Ausland werden zum Beispiel per Luftpost transportiert.
    Wahlbriefe aus dem Ausland werden zum Beispiel per Luftpost transportiert. Foto: Soeren Stache, dpa

    Ann-Marie Schlutz hat noch ein klein wenig Hoffnung, dass ihre Stimme gezählt wird. „Aber besonders zuversichtlich bin ich nicht“, sagt die 41-Jährige. Sie lebt seit 2016 in Island und möchte bei der Bundestagswahl am 23. Februar abstimmen. Die Teilnahme ist ein Grundrecht — aber für Deutsche im Ausland dieses Mal mit Unsicherheit verbunden. Die Fristen für die Briefwahl nämlich sind im Inland schon knapp, im Ausland könnten sie schlicht dazu führen, dass Stimmen verfallen.

    „Normalerweise dauert es bei Briefen mit der Deutschen Post zwei Wochen oder länger, bis hier irgendetwas ankommt“, sagt Ann-Marie Schlutz. Sie lebt mit ihrem Partner in dem kleinen Ort Egilsstaðir ganz im Osten Islands und schätzt, dass der Versand der Wahlunterlagen bis dorthin nochmal ein bis zwei Tage länger dauert, als wenn sie in der Hauptstadt Reykjavík leben würde.

    129.000 Deutsche wollten bei der Bundestagswahl 2021 vom Ausland aus wählen

    Mit ihrer Befürchtung, dass die Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig ankommen, ist die Auswanderin nicht allein: Bei der Bundestagswahl 2021 stellten nach Angaben der Bundeswahlleitung 129.000 Deutsche im Ausland einen Antrag auf Eintragung ins Wählerverzeichnis und damit auf eine Teilnahme an der Wahl. Rund 85 Prozent dieser Anträge kamen aus Europa, gut acht Prozent aus Amerika, vier aus Asien und jeweils gut ein Prozent aus Afrika und Australien.

    Rein auf die herkömmliche Post sind die Wahlbehörden in Deutschland und die Wähler im Ausland nicht angewiesen, wenn es um die Zustellung der Wahlbriefe geht. Die Wahlämter nutzen Luftpost, Expressversand und den sogenannten Kurierweg über die jeweiligen Auslandsbotschaften. Trotzdem wird es knapp.

    Die meisten Städte und Gemeinden gehen davon aus, zwischen 6. und 10. Februar die Wahlunterlagen verschicken zu können. „Von diesem Zeitfenster hängt alles ab“, sagt Ann-Marie Schlutz. „Selbst wenn der Brief am 12. ankommt, bleiben aber gerade noch sieben Werktage für die Zustellung zurück nach Deutschland. Ich glaube, das hat noch nie geklappt. Wenn der Brief mich erst am 17. erreicht, schicke ich ihn zwar zurück, aber eigentlich ohne Hoffnung, dass meine Stimme gezählt wird.“ Zwar biete die deutsche Botschaft in Reykjavík einen Expressversand an - allerdings nur für Briefe, die spätestens am 14. Februar in der Botschaft eingereicht werden.

    Ruth Brand ist Präsidentin des Statistischen Bundesamts und Bundeswahlleiterin.
    Ruth Brand ist Präsidentin des Statistischen Bundesamts und Bundeswahlleiterin. Foto: Hannes P. Albert, dpa

    Der Bundeswahlleitung in Berlin sind die knappen Fristen bewusst. „Die Gemeindebehörden sind dafür sensibilisiert, Briefwahlanträge an ausländische Adressen bevorzugt zu bearbeiten“, sagt eine Sprecherin der obersten Wahlleiterin Ruth Brand unserer Redaktion. „Die Wahlberechtigten müssten ihrerseits die Wahlunterlagen schnellstmöglich ausfüllen und wieder auf den Rückversand zu den deutschen Wahlämtern geben — auch hier im Zweifelsfall per Luftpost oder Priority-Versand.“ Doch auch die Bundeswahlleitung räumt die „Unsicherheit über die Postlaufzeiten“ ein. „Hierauf haben weder deutsche Behörden noch die Wahlberechtigten selbst einen Einfluss“, sagt die Sprecherin.

    Wahl-Isländerin Ann-Marie Schlutz findet all das sehr enttäuschend. „Gerade in diesen Zeiten würde jede Stimme zählen“, sagt sie. Sie versteht nicht, warum sie nicht in der deutschen Botschaft in Reykjavík wählen kann. Island bietet diese Möglichkeit für Auswanderer bei seinen eigenen Wahlen an. „Wenn ich wüsste, dass meine Stimme gezählt wird, würde ich sofort nach Reykjavík fliegen und wählen.“ Doch eine Urnenwahl in den Auslandsvertretungen ist im Bundeswahlgesetz nicht vorgesehen. Die Wahlleitung in Berlin erklärt das mit einem „unverhältnismäßig hohen Aufwand“ sowohl für die Vertretungen als auch für die wahlberechtigten Auslandsdeutschen, die unter Umständen eine weite Anreise in Kauf nehmen müssten. Ann-Marie Schlutz fühlt sich von dieser Argumentation bevormundet. „Es ist doch meine Entscheidung, ob ich anreisen will oder nicht.“

    Online-Wahl ist in Deutschland nicht vorgesehen - bislang jedenfalls

    Auch das Votum via Internet ist bei deutschen Wahlen nicht erlaubt — bislang jedenfalls. Derzeit gibt es nach Überzeugung der Bundeswahlleitung kein Wahlgerät und kein Online-Wahlverfahren, das alle Voraussetzungen dafür sicherstellt. Dass Online-Wahlen in Zukunft möglich sein könnten, schließt die Sprecherin der Bundeswahlleiterin aber nicht aus. „Wenn zukünftig entsprechende Systeme für parlamentarische Wahlen verfügbar sein und sich zuvor bei anderen, nicht parlamentarischen Wahlen – etwa der Online-Sozialwahl – als praxistauglich erweisen sollten, werden diese natürlich genau geprüft.“ Bis dahin heißt es für viele Wählerinnen und Wähler im Ausland: Daumen drücken, dass die Post rechtzeitig ankommt.

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    8 Kommentare
    Walter Koenig

    Wer seinen Wohnsitz dauerhaft im Ausland hat, der wird von Wahlentscheidungen hier in Deutschland kaum tangiert sein. Zudem dürften die abgegebenen Stimmen für den Ausgang der Wahlen unerheblich sein. Bei knapp 60 Millionen Wahlberechtigten sind 129.000 Stimmen aus dem Ausland gerade mal 0,45%, also in keiner Weise wahlentscheidend.

    Lothar Bock

    Wenn die Wahl wichtig dem Wähler wichtig ist, könnte zumindest ein Teil davon sicherlich auch persönlich im Wahllokal erscheinen. Nur mal so.

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    Wolfgang Steger

    Was für ein dummer Kommentar. Ist Ihnen nicht bekannt, dass Deutsche, die im Ausland leben und keinen Wohsitz in Deutschland mehr haben, gar kein Wahllokal haben.

    Lothar Bock

    Ich wollte mich einfach Mal auf ihre Ebene begeben... Wählen darf nur der, welcher auch im (inländischen) Wählerverzeichnis steht. Auslandsdeutsche müssen sich also rechtzeitig dort melden, wo sie ihren früheren deutschen Wohnsitz hatten oder dort, wo sie letztmalig gemeldet waren. Dort gibt es dann auch entsprechend Wahllokale. Insofern, sollte es einem Auslandsdeutschen wichtig sein, kann er doch bis zum Wahltag nach Deutschland reisen und dann vor Ort wählen? Wer wählen möchte, muss halt auch entsprechend engagiert sein. Und böse ausgedrückt: Wenn ein Auslandsdeutscher mit der BRD nichts mehr zu tun haben möchte, dann braucht er mMn nicht unbedingt wählen. So oder so, letztendlich geht es nur um einen Bruchteil des Wahlvolkes. Nichts, worüber man sich aufregen muss.

    Wolfgang Steger

    Lesen Sie die Hinweise der Bundeswahlleiterin für Auslandsdeutsche zur Bundestagswahl 2025, bevor Sie weiterhin den Unsinn von einem Wahllokal erzählen.

    Lothar Bock

    Sie sind ja des Lesens sicherlich mächtig: https://www.bundeswahlleiterin.de/bundestagswahlen/2025/informationen-waehler/deutsche-im-ausland.html "Wählen kann nur, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist. Deutsche im Ausland, die nicht in Deutschland gemeldet sind, bezeichnet man auch als Auslandsdeutsche. Sie werden nicht von Amts wegen in ein Wählerverzeichnis eingetragen. Wollen Auslandsdeutsche an Bundestagswahlen teilnehmen, müssen sie vor jeder Wahl einen schriftlichen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis der zuständigen Gemeinde stellen." Jede Gemeinde hat mindestens ein Wahllokal, d. h. im Zweifelsfall kann auch ein Auslandsdeutscher zur Wahl nach Deutschland reisen und entsprechend wählen, wenn er meint, seine Briefwahlunterlagen kommen nicht rechtzeitig.

    Wolfgang Steger

    Sie haben recht, Auslandsdeutsche bekommen zu ihren Briefwahlunterlagen einen Wahlschein. Dennoch ist es doch zynisch, von ihnen zu verlangen, sie sollten zum Wählen aus Island oder London nach Deutschland fahren.

    Lothar Bock

    Zynisch finde ich nicht, es ist eine Option.

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