Die Union hat auf der Zielgeraden des Bundestagswahlkampfes die Lust am Kämpfen doch noch entdeckt. Auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg zeigte sich Kanzlerkandidat Armin Laschet angriffslustig wie selten in den vergangenen Wochen. Er schoss sich vor allem auf seinen sozialdemokratischen Rivalen Olaf Scholz ein, der in Umfragen inzwischen stabil vor ihm liegt. Die SPD reagierte gereizt auf die Attacken des CDU-Vorsitzenden.
Es war vor allem ein Satz Laschets, der ihm ordentlich Gegenwind einbrachte. „In all den Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte standen Sozialdemokraten immer auf der falschen Seite“, hatte er in seiner Rede gesagt. Und was war mit Willy Brandts Ostpolitik, mit Helmut Schmidt im Kampf gegen den RAF-Terror, mit all den Jahren gemeinsamen Koalitionen? Wie die Union am Sonntag klarstellte, habe der Kanzlerkandidat seine Worte lediglich auf die Finanz- und Wirtschaftspolitik bezogen. Tatsächlich fuhr Laschet - nach einer kurzen Pause - fort: „In der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Edmund Stoiber hat das erlebt. Theo Waigel hat das erlebt.“ Doch der erste Satz war in der Welt und ließ Spielraum für Interpretationen. Er verbreitete sich als Videoschnipsel sofort weiter – und mit ihm die Kritik an Laschet.
SPV-Vize Kevin Kühnert wirft Armin Laschet fehlenden Anstand vor
Im Gespräch mit unserer Redaktion ging SPD-Vize Kevin Kühnert den Kanzlerkandidaten der Union hart an. „Armin Laschet hat seine Rede auf dem CSU-Parteitag dazu genutzt, erneut den Anstand über Bord zu werfen und die politische Konkurrenz auf ehrabschneidende Art und Weise zu verunglimpfen“, sagte der 32-Jährige und schickte eine Kampfansage hinterher: „Wer der Sozialdemokratie ihre historischen Leistungen abspricht und sich über sie lustig macht, der wird jedoch das Gegenteil seines Ziels erreichen.“
Es sei bezeichnend, dass die CDU-Zentrale wortreich erklären müsse, ihr Vorsitzender sei missverstanden worden, sagte Kühnert. „Wer andauernd seine Worte erläutern muss, der sollte überlegen, ob er als Kanzler auf der Weltbühne bestehen kann. Dort geht es nämlich im Zweifel um Krieg und Frieden und nicht um einen billigen Lacher beim CSU-Parteitag.“
Wahlkampf im Fernsehen: Hintergründe zu TV-Debatten
Seit 2002 hat es bisher fünf TV-Debatten zwischen den Kanzlerkandidatinnen und -kandidaten gegeben, den Anfang machte der Zweikampf zwischen Gerhard Schröder (SPD) und Edmund Stoiber (CSU). 2005 trat Schröder gegen Angela Merkel (CDU) an.
Merkel wurde dann nacheinander von den SPD-Männern Frank-Walter Steinmeier (2009), Peer Steinbrück (2013) und Martin Schulz (2017) herausgefordert.
Erstmals nimmt in diesem Jahr der amtierende Kanzler oder die Kanzlerin nicht am Rennen teil – Angela Merkel tritt nach 16 Jahren nicht mehr an. Um ihre Nachfolge bewerben sich gleich drei Personen: Annalena Baerbock (Grüne), Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (Union).
Zwei Wochen nach der ersten Fernsehdebatte von Baerbock, Laschet und Scholz bei den Sendern RTL und ntv fand am Sonntag Triell Nummer Zwei bei ARD und ZDF statt.
Am 19. September, eine Woche vor der Wahl, kommt es zum dritten und letzten Dreikampf – dann bei ProSieben, Sat.1 und Kabeleins.
Scholz, Laschet und Baerbock treffen am Sonntag beim Fernseh-Triell aufeinander
In Nürnberg reagierten die CSU-Delegierten eher erleichtert darauf, dass Laschet den Schalter auf Angriff umlegte. Vor allem in Bayern war der Unmut groß gewesen, dass der Wahlkampf der Union seit Wochen eher vor sich hin plätscherte, während Scholz und die SPD in den Umfragen immer weiter davon zogen. CSU-Chef Markus Söder hatte den eigenen Kanzlerkandidaten immer wieder aufgefordert, richtig zu kämpfen.
Das tat Laschet dann nicht nur in Nürnberg, sondern auch beim zweiten TV-Triell der Kanzlerkandidaten am Sonntagabend. Laschet, Annalena Baerbock und Scholz lieferten sich einen teilweise scharfen Schlagabtausch. Angesichts der Ermittlungen gegen die Geldwäsche-Zentralstelle des Zolls versuchte vor allem Laschet den SPD-Bewerber unter Druck zu setzen. Auch mit Blick auf den Wirecard-Skandal musste sich Scholz verteidigen.
Laschet wiederum schloss eine Juniorrolle der Union in einer SPD-geführten Bundesregierung nicht generell aus.