Wer am Tag nach der Klatsche für die Koalition einen Sieger sehen wollte, war in der Bundespressekonferenz richtig aufgehoben. Bereits am frühen Morgen präsentierte sich dort Thomas Heilmann. Jener CDU-Politiker also, der das Gebäudeenergiegesetz und damit den umstrittenen Heizungstausch durch eine gewonnene Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gestoppt hat – wenn auch nur zeitweilig. Das Gericht hat nicht das Gesetz an sich ausgehebelt, sondern Verfahrensfehler gerügt und mehr Beratungszeit gefordert. Es legte außerdem Wert darauf, dass der Termin für das Inkrafttreten Anfang 2024 nicht gefährdet ist. Für die Bürgerinnen und Bürger ändert sich also einerseits nichts. Andererseits bestehen die Unklarheiten vor allem beim Heizungstausch weiter fort. Mindestens bis Anfang September, dann soll über das GEG abgestimmt werden.
In die Gesichter der Verlierer ließ sich schon vorher blicken. Die Tage vor der parlamentarischen Sommerpause sind in Berlin die Zeit der Sommerfeste. Landesvertretungen, Parteien und Ministerien laden dazu ein, so am Mittwochabend auch die SPD oder das Land Hessen. So ganz fröhlich war die Stimmung da ohnehin nicht. Denn Medienleute, Politik und Lobbyisten warteten auf die Entscheidung aus Karlsruhe. Um 21.48 Uhr machten entsprechende Eilmeldungen die Runde: Karlsruhe untersagte dem Bundestag, die Abstimmung über das Gebäudeenergiegesetz „innerhalb der laufenden Sitzungswoche durchzuführen“. In den Reihen von SPD, FDP und Grünen verdüsterten sich die Gesichter. Allen war klar: Das Gericht hatte sich zwar nicht inhaltlich zum Gesetz geäußert. Es würde aber erstens schwer werden, das auch so zu vermitteln. Zweitens bescheinigte Karlsruhe dem Regierungsbündnis, schlecht gearbeitet und dem Parlament nicht genügend Zeit für „eine hinreichende Information über den Beratungsgegenstand“ gegeben zu haben.
Gescheitertes Heizungsgesetz: Alexander Dobrindt kritisiert "Arroganzampel"
Aufseiten der Union machte sich Schadenfreude breit. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gehörte kurz nach 22 Uhr zu den Ersten, die öffentlich reagierten. „Das ist eine schwere Klatsche für die Arroganzampel und ihren respektlosen Umgang mit den Parlamentsrechten und der Öffentlichkeit“, erklärte der Christsoziale und schlussfolgerte: „Die Ampel sollte jetzt in sich gehen und dieses Murks-Gesetz endlich einstampfen.“
„Entscheidend ist, dass das Gebäudeenergiegesetz ein gutes Gesetz ist, welches Technologieoffenheit ermöglicht und Eingriffe ins Eigentum verhindert. Diese Inhalte stehen und werden nicht mehr aufgeschnürt, auch wenn sich der Zeitplan für den Beschluss des Gesetzes auf September verschiebt", sagte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Stephan Thomae unserer Redaktion.
Dazu wird es nicht kommen. Die Fraktionsspitzen von SPD, FDP und Grünen legten sich darauf fest, die zweite und dritte Lesung des Gesetzes auf die am 4. September beginnende erste Sitzungswoche nach der Sommerpause zu legen. Die Ampel gibt den Abgeordneten damit mehr Zeit, sich den Gesetzentwurf durchzulesen, machte aber klar, dass sie am Stand von dieser Woche festhalten will.
Jung will ein GEG mit weniger Ballast
Die Opposition ist da einigermaßen fassungslos. Nicht nur Heilmann forderte eine erneute Beratung des Heizungsgesetzes im Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Der Unions-Klimaexperte und CDU-Vize Andreas Jung appellierte an die Ampel, „jetzt den dirigistischen Ballast neuer Vorgaben für den Heizungsaustausch abzuwerfen und zu den Grundsätzen Fördern, Fordern und Ermöglichen zurückzukehren.“ Der Konstanzer regte Anreize durch eine verlässliche und soziale Förderung, ein Konzept für die schrittweise Weiterentwicklung der CO2-Bepreisung und ein „Ermöglichungspaket zur technologieoffenen Mobilisierung aller Potenziale“ an. Hintergrund ist auch, dass die von Sachverständigen geäußerte Kritik an dem GEG-Entwurf bislang nicht berücksichtigt wurde.
Die Koalitionsklatsche wirft einen weiteren Aspekt auf. Ihm gehe es nicht, sagte Thomas Heilmann, „um Genugtuung der Ampel gegenüber“. Wenn man ehrlich sei, litten die Verfahren im Bundestag schon seit längerem, es sei in den letzten Monaten deutlich schlimmer geworden. „Wir als Abgeordnete müssen uns parteiübergreifend zusammensetzen und nicht auf Karlsruhe warten.“
Der CSU-Abgeordnete Volker Ullrich schlug ähnliche Töne an. „Der GEG-Stopp durch das Bundesverfassungsgericht muss der Ampelkoalition eine ernste Mahnung sein“, sagte er unserer Redaktion. „Wir brauchen wieder mehr Respekt vor dem Parlament und ordnungsgemäßen Verfahren, damit das Vertrauen in die Institutionen nicht erodiert, sondern wieder gestärkt wird.“
Derweil soll die Wärmepumpen-Förderung im Jahr 2024 sinken. Oder doch nicht?