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Bundesregierung: Regierung leistet sich teure Bauten in Zeiten der Krise

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Regierung leistet sich teure Bauten in Zeiten der Krise

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    Das Gebäude des Bundeskanzleramtes bei Nacht. Bald wird es ums Gebäude weniger schön aussehen, denn der Erweiterungsbau startet.
    Das Gebäude des Bundeskanzleramtes bei Nacht. Bald wird es ums Gebäude weniger schön aussehen, denn der Erweiterungsbau startet. Foto: Christophe Gateau, dpa

    In Krisenzeiten ist Sparen ein Gebot der Stunde. Kaum ein Tag, an dem die Politik nicht mit Appellen zu Sparen und Verzicht an die Öffentlichkeit geht. Umgekehrt ist der Wille zum Maßhalten im Regierungsviertel wenig ausgeprägt: Millionenschwere Bauvorhaben werden weiter forciert. Beim geplanten Erweiterungsbau für das Kanzleramt wird hinter den Kulissen bereits von einer Kostenverdoppelung auf eine Milliarde Euro ausgegangen. Direkt gegenüber entsteht ein millionenschwerer Übergangsbau für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Das erst 1998 gebaute Bundespräsidialamt muss saniert werden, ebenso das benachbarte Schloss Bellevue.

    Ein Modell eines möglichen Erweiterungsbaus des Bundeskanzleramts. Kostenpunkt: wahrscheinlich eine Milliarde Euro. Rechter Hand ist die Plattform des neuen Hubschrauberlandeplatzes zu erkennen.
    Ein Modell eines möglichen Erweiterungsbaus des Bundeskanzleramts. Kostenpunkt: wahrscheinlich eine Milliarde Euro. Rechter Hand ist die Plattform des neuen Hubschrauberlandeplatzes zu erkennen. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Es sind dies nur zwei fragwürdige Beispiele einer langen Liste von Bundes-Bauprojekten. Darauf stehen neben vielen anderen noch das Umweltministerium (240 Millionen Euro), das Auswärtige Amt (128,4 Millionen), das Innenministerium (112 Millionen) oder das Besucherzentrum des Bundestages (192 Millionen) *. Fast alle Ministerien haben weitere Dienstsitze in Bonn, auch dort wird teuer gebaut. Seit einigen Jahren etwa sanieren Bauarbeiter das Palais Schaumburg zu Gesamtkosten von mindestens 17 Millionen Euro. Die prachtvolle Stadtvilla ist der zweite Dienstsitz des Bundeskanzleramtes.

    Kanzleramt kostet mindestens 777 Millionen

    Die um ein Vielfaches teurere Erweiterung des ersten Dienstsitzes in Berlin wird mit „kontinuierlichen Aufgabenerweiterungen“ begründet. Die Beschäftigtenzahl stieg von 410 auf 750 und deshalb sollen 400 neue Büros im Kanzlerpark entstehen. Bizarre Nebenbauten inklusive: Infolge der eigenen Rechtsprechung muss eine Kita gebaut werden, obwohl der Bundestagskindergarten in Sichtweite liegt. Damit die Kleinen nicht in Gefahr geraten, wird der Hubschrauberlandeplatz dem Vernehmen nach auf eine Plattform in 23 Metern Höhe verlegt. Im nächsten Frühjahr soll es losgehen, die Kostenprognose kletterte von 485 Millionen auf zunächst 600 Millionen Euro und wurde zuletzt auf 777,3 Millionen Euro angehoben. Insider aus dem Kanzleramt rechnen inzwischen mit mindestens einer Milliarde Euro.

    Die Planungen reichen in die Amtszeit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zurück, doch Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und die Inflation hätten dramatische Auswirkungen. „Doch die Bundesregierung will das Projekt durchziehen, als wäre die Welt in Ordnung“, erklärte der CSU-Politiker.

    Union wollte Kanzleramt-Neubau stoppen

    Die Union setzte sich, wie andere Fraktionen auch, mehrfach für massive Kostenreduzierungen ein. „Leider hat die Ampel unsere Anträge abgelehnt. Dabei würde es von Vorbildfunktion und politischer Weitsicht zeugen, getroffene Entscheidungen zu überdenken und zu korrigieren", erklärte Lange. Ein Befund, den der Bund der Steuerzahler im Grundsatz teilt. „Angesichts hoher Schulden, einer drohenden Rezession und voraussichtlich knapp gefüllter Kassen in den nächsten Jahrzehnten wirkt eine Verdopplung des Kanzleramts wie aus der Zeit gefallen“, sagte Präsident Reiner Holznagel unserer Redaktion. Dem Fachmann schwant bereits, dass die tatsächlichen Kosten den gesteckten Rahmen sprengen könnten. „Der Neubau muss in der Form gestoppt werden“, forderte Holznagel.

    Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch hält den Erweiterungsbau ebenfalls für unzeitgemäß. „Bürger und Betriebe stehen in der Krise vielfach vor dem wirtschaftlichen Kollaps, und die Regierung klotzt bei eigenen Vorhaben ungebremst voran. Das passt nicht in die Zeit“, kritisierte er. Es sei zudem „ein grundsätzliches Problem, dass die Regierung beim Personal weiter zulegt und Ministerien aus allen Nähten platzen. Gerade in diesen Zeiten wäre Bescheidenheit und Zurückhaltung angesagt.”

    Die Regierung besitzt Schlösser und Villen

    Experten warnen bereits, dass die öffentlichen Parks rund ums Kanzleramt durch die Bauarbeiten für Jahre unbrauchbar werden. Der Übergangsbau für den Bundespräsidenten auf der anderen Spree-Seite dürfte das Chaos verstärken. Auch hinter Steinmeiers Planungen steht zudem die Frage, ob das in der heutigen Zeit wirklich angebracht ist. Das Bundespräsidialamt ist gerade mal 21 Jahre alt und müsste, so viel ist aus den Verlautbarungen ersichtlich, nicht zwingend sofort umgebaut werden. Das Schloss Bellevue wird ebenfalls saniert, obwohl es zwischen 2004 und 2005 bereits eine Teilinstandsetzung gab.

    Die Regierung leistet sich ein wenig genutztes Schloss in Meseberg. Es ist als Gästehaus deklariert, ebenso wie die Villa Borsig, die dem Auswärtigen Amt gehört und von Diplomaten liebevoll „Das kleine Sanssouci am Tegeler See“ genannt wird.

    Prachtvoll, riesengroß und sicher: Das Gästehaus der Bundesregierung auf Schloss Meseberg.
    Prachtvoll, riesengroß und sicher: Das Gästehaus der Bundesregierung auf Schloss Meseberg. Foto: Stephanie Pilick, dpa

    Beide Gebäude genügen den Sicherheitsanforderungen. Steinmeier und seine Leute bekommen gleichwohl einen Übergangsbau mit 8500 Quadratmetern Nutzfläche spendiert. Die Kosten stehen angeblich nicht fest. Auch ist offen, was aus dem Gebäude später einmal wird.

    * In der ursprünglichen Fassung war an dieser Stelle das Bundesfinanzministerium gelistet. Die genannte Baumaßnahme gab es, sie ist inzwischen aber beendet. Alternativ wären die Erweiterung des Bundesrates für rund 132 Millionen oder die Erweiterung des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses für 366 Millionen Euro zu nennen.

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