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Bundesregierung: Nancy Faeser ist zum Erfolg verdammt

Bundesregierung

Nancy Faeser ist zum Erfolg verdammt

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    Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser: Wie lange hält dieses Bündnis noch?
    Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser: Wie lange hält dieses Bündnis noch? Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Es ist Mittwoch, das Kabinett tagt und eine Ressortchefin ist besonders aufmerksam bei der Sache. Innenministerin Nancy Faeser will an diesem Tag nichts weniger als eine Kehrtwende in ihrer Karriere einleiten. Als Spitzenkandidatin ist die SPD-Politikerin bei der Landtagswahl in Hessen gerade krachend gescheitert. Bis dahin hatte sie, die einst als Hoffnungsträgerin von Kanzler Olaf Scholz ins Kabinett geholt worden war, im politischen Berlin keine wirklich großen Erfolge verbuchen können. Kurzum: Die Kurve von Nancy Faeser zeigte eher nach unten. Der enorm gestiegene Flüchtlingszuzug stellt sie nun vor eine große Aufgabe und ist gleichzeitig eine Chance: Faeser als Löserin eines Problems, das die Deutschen am meisten beschäftigt, das könnte der entscheidende Schritt nach vorn sein. Es ist womöglich ihr letzter Versuch als Ministerin.

    Die Innenministerin legt einen „Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rückführung“ vor. Vor dem Hintergrund des schockierenden Kriegsgeschehens in Israel geht die Strategie ihres Kommunikationsteams zunächst auf. Nachdem das Kabinett dem Papier zugestimmt hat, vermelden die Nachrichtenagenturen: Faeser will mehr und schneller abschieben. Der Spielzug scheint aufzugehen: Kanzler Scholz hatte zuvor im Spiegel den Ball vorgelegt und Abschiebungen „im großen Stil“ gefordert. Nun nimmt Faeser die Vorlage auf, die Hoffnung der Sozialdemokraten, aus dem Umfragekeller und zumindest wieder auf einen Platz vor der AfD zu kommen, ist groß. Kurz danach ist die Luft aber schon wieder raus aus dem Ball. 

    Die Schönbohm-Affäre um Jan Böhmermann setzt Nancy Faeser zu

    Was Faeser vorlegt, hat einen langen Weg hinter sich. Einen zu langen, moniert einer aus ihrer eigenen Partei. Bereits im Mai hatten der Kanzler und die Ministerpräsidentenkonferenz ein Papier verabschiedet, das folgende Maßnahmen enthielt: Den Zugang der Geflüchteten stärker zu steuern, die Zahl und den Status der Geflüchteten so früh wie möglich zu erfassen sowie „Verfahren zu beschleunigen und hierzu auch administrative Prozesse im Inland konsequent zu digitalisieren“. Die Bundesinnenministerin brauchte trotz des zunehmenden Drucks durch immer mehr Flüchtlinge ein halbes Jahr, um daraus einen Gesetzentwurf zu machen. Entschlossene Politik sieht anders aus.

    Scholz habe seine Innenministerin nicht genügend angetrieben, sagt eine Kritikerin aus der Bundestagsfraktion. Fans hat Faeser dort nicht mehr viele, sie verlor vor allem in der Affäre um Arne Schönbohm deutlich von ihrem ohnehin schon geschrumpften Kredit. Den Bundes-Cyberabwehrchef hatte sie nach unbewiesenen Vorwürfen in einer Fernsehsendung abserviert und sich anschließend mit dem Innenausschuss des Bundestages angelegt. 

    Wahl-Desaster in Hessen um Nancy Faeser

    In der Fraktion verweisen sie aber auch darauf, dass durch Faesers Einsatz im hessischen Landtagswahlkampf viele Akten auf ihrem Schreibtisch unerledigt liegenblieben. Dass sie ihre Partei im einst roten Bundesland noch weiter nach unten zog und nicht einmal ihren eigenen Wahlkreis verteidigen konnte, wird in der SPD auf ihre Zögerlichkeit in der Asylpolitik geschoben. Faeser muss die „Verbesserung der Rückführung“ nun hinbekommen, sonst könnte der fraktions- und parteiinterne Druck auf Scholz so groß werden, dass er an einer Kabinettsumbildung nicht mehr vorbeikommt. 

    Der Innenministerin zufolge haben die Grünen-Minister im Kabinett ihrem Gesetzentwurf zwar zugestimmt. Viel zu bedeuten hat das aber nicht, denn ihr Plan muss jetzt durchs Parlament. Dort haben Grünen-Abgeordnete massiven Beratungsbedarf angemeldet – sie vermissen humanitäre Aspekte. Und dann ist da noch die CDU/CSU. Nachdem Scholz der Union den Deutschlandpakt angeboten hat, fordert diese insbesondere in der Migrationspolitik ein Mitspracherecht. Fraktionschef Friedrich Merz gehen Faesers Pläne nicht weit genug. Sie seien nicht geeignet, die Zahl der Geflüchteten in Deutschland signifikant zu reduzieren. 

    Ein SPD-Abgeordneter macht eine Rechnung auf, die das Problem verdeutlicht. Es gibt zwar rund 300.000 Ausreisepflichtige in Deutschland. Davon haben aber 80 Prozent eine Duldung und können nicht abgeschoben werden. Bleiben etwa 60.000 Menschen, die Faeser ins Visier nehmen könnte. Die Zahl der Geflüchteten in Deutschland beläuft sich indes auf knapp 3,3 Millionen Menschen, unter ihnen etwa eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer. Nach Fortschritt und einem Wendepunkt in Faesers Karriere sieht es im Moment nicht aus.

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