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Bundesregierung: Fünf Gründe, warum es keine vorgezogenen Neuwahlen geben wird

Bundesregierung

Fünf Gründe, warum es keine vorgezogenen Neuwahlen geben wird

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    Bundeskanzler Olaf Scholz verfolgt neben Robert Habeck und Christian Lindner die Debatte im Bundestag.
    Bundeskanzler Olaf Scholz verfolgt neben Robert Habeck und Christian Lindner die Debatte im Bundestag. Foto: Michael Kappeler, dpa
    1. Den Forderungen von Söder fehlt die gesetzliche Grundlage: Es ist ein Vorschlag, der auf den ersten Blick durchaus Charme hat. Der Kanzler solle im Volk die Vertrauensfrage stellen, fordert der bayerische Ministerpräsident Markus Söder von Olaf Scholz. Nicht das Parlament solle entscheiden, sondern die Menschen im Land. Doch ganz so einfach ist das nicht. Es gibt juristisch eindeutige Regeln, wie es zu vorgezogenen Neuwahlen kommen kann – eine Volksabstimmung gehört nicht dazu. Das Grundgesetz sieht als Grundlage für Neuwahlen die Auflösung des Parlaments vor. Diesen Schritt muss der Bundespräsident vornehmen. Aber auch er kann nicht im luftleeren Raum handeln. Allem voraus gehen muss die Vertrauensfrage des Kanzlers – allerdings an die Mitglieder des Bundestags gerichtet. Sobald das geschehen ist, hat der Bundespräsident genau 21 Tage Zeit, das Parlament aufzulösen, anschließend muss nach maximal 60 Tagen neu gewählt werden. Insofern ist auch Söders Vorschlag, eine Neuwahl auf den Tag der Europawahl zu legen, hinfällig. Die ist nämlich am 9. Juni. Würde Scholz den von Söder vorgegebenen Zeitplan beachten, dürfte er die Vertrauensfrage nicht vor dem 20. März stellen.

    2. Scholz ist ein Machtpolitiker: Olaf Scholz hat einen langen politischen Weg hinter sich. Gepflastert ist er mit einer Vielzahl an politischen Erfolgen, aber auch mit einer Vielzahl an politischen Niederlagen. So einige davon hat ihm die eigene Partei zugefügt. Denn auch wenn aktuell kaum Kritik an ihm aus der SPD zu hören ist, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die eigenen Parteifreunde lange mit ihm gefremdelt haben. Im Jahr 2019 verlor er das Wettrennen um den SPD-Vorsitz deutlich, als er den Plan schmiedete, Kanzlerkandidat werden zu wollen, schüttelten viele Sozialdemokraten am heftigsten den Kopf. Seine Karriere schien mehrfach am Ende. Dass er es tatsächlich ins Kanzleramt geschafft hat, zeigt, wie hartnäckig Scholz sein kann. Denn dort, so ist er überzeugt, gehört niemand anderer als er selbst hin. Dass er freiwillig auf die Macht verzichtet? Undenkbar. Und nichts anderes würden Neuwahlen bedeuten: Die SPD kommt auf gerade einmal 15 Prozent, Scholz könnte seine Ambitionen ein für alle Mal begraben und müsste sich künftig als „Altkanzler“ mit Ratschlägen von der Seitenlinie begnügen.

    3. Die FDP würde ihr eigenes politisches Grab schaufeln: Noch viel härter als die SPD würden Neuwahlen die FDP treffen. Selbst FDP-Vize Wolfgang Kubicki – sonst nie um eine Breitseite gegenüber dem eigenen Koalitionspartner verlegen – warnt davor, die Ampel kippen zu lassen. In Umfragen krebsen die Liberalen an der Fünfprozenthürde herum, es wäre also keineswegs ausgeschlossen, dass die Partei ganz aus dem Bundestag fliegt. Es wäre nicht das erste Mal. Schon im Jahr 2013 hat die Partei diese schmerzhafte Erfahrung gemacht. Und dabei geht es nicht allein darum, dass der politische Einfluss wegfällt. Es geht auch ganz handfest um gut bezahlte Abgeordneten-Mandate, um staatliche Gelder, um Mitarbeiter in den Parteizentralen. Einer der bekanntesten Sprüche Lindners ist: Besser gar nicht regieren als schlecht regieren. Mit diesen Worten ließ er 2017 die Jamaika-Koalitionspläne platzen. Heute dürfte Lindner wohl eher sagen: Besser schlecht regieren als gar nicht regieren. Die Frage ist, wie weit die FDP bereit ist, ihre eigenen Ideale zu verraten. Spätestens wenn der Streit über die Schuldenbremse lauter wird, wird sich die Partei bekennen müssen.

    4. Auch die CDU müsste sparen: Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland bezweifelt einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge, dass eine unionsgeführte Regierung mit der Haushaltskrise besser umgehen könnte. Auf die Frage, ob eine von CDU und CSU geführte Bundesregierung mit der Krise besser fertig würde, antworteten 59 Prozent der Befragten mit „Nein“. Tatsächlich würde der Richterspruch aus Karlsruhe auch einer von der Union angeführten Bundesregierung enge Fesseln anlegen. Statt die eigene Klientel mit Wohltaten zu beglücken, müsste sie einen Sparplan vorlegen. Und der ist gar nicht so einfach durchzusetzen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass eine CDU-Regierung einen Koalitionspartner bräuchte – und der womöglich SPD hieße. Das mit Abstand meiste Geld wird wie jedes Jahr im Haushalt des Arbeits- und Sozialministeriums bewegt. Dass CDU/CSU hier so stark eingreifen, dass die Haushaltslücke wirklich gestopft ist? Unwahrscheinlich. Die Union müsste den Menschen neue Härten als alternativlos verkaufen. Sympathiepunkte für die nächste Wahl gibt das eher nicht. Hinzu kommt, dass Deutschland eher massive Investitionen in Zukunftsthemen bräuchte.

    5. In der Union ist die Machtfrage längst nicht geklärt: Öffentlich geben sie sich als Duo, das gemeinsam dafür kämpft, dass die Union wieder an die Macht kommt. Doch ganz so eindeutig, wie es scheint, ist die Situation zwischen Markus Söder und CDU-Chef Friedrich Merz nicht. Und dabei geht es keineswegs ausschließlich um das eigene Machtbedürfnis der beiden Politiker. Vor allem in der CDU stellt man sich die Frage nach der eigenen Zukunft. Denn selbst wenn die Union es aktuell in Umfragen auf 30 Prozent bringt, ist Merz immer noch der zwar respektierte, aber keineswegs bewunderte Parteichef. „Die Sympathien und Wertschätzungen für Friedrich Merz sind Ende des Jahres ähnlich niedrig wie schon zu Beginn des Jahres“, schreibt Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, in seiner Analyse zur Sonntagsfrage. Merz gilt als Schwachpunkt oder zumindest als Risiko für die Union. Mit scharfen Aussagen könnte der CDU-Chef die Umfrageergebnisse seiner Partei rasch wieder einbrechen lassen. Merz hofft, dass der Frust über die Ampel sich doch noch positiv auf seine eigene Beliebtheit durchschlägt. Vielen gilt er als Relikt der 90er Jahre – also jener Dekade, die inzwischen vielen als „die gute alte Zeit“ gilt.
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