Nach dem Rückzug von Energie-Staatssekretär Patrick Graichen diskutiert die Ampel-Koalition über den Zeitplan für das Gesetz zum Austausch von Öl- und Gasheizungen. Die FDP bleibt bei ihrer Forderung nach einer umfassenden Überarbeitung des Entwurfs und will dafür die nötige Zeit.
Die SPD hält inhaltliche Änderungen ebenfalls für angebracht, will diese aber in die Beratungen über das Gesetz im Bundestag einbringen und damit in der nächsten Woche beginnen. Die Grünen drängen darauf, dass das Gesetz bis Anfang Juli verabschiedet wird - und dann Anfang 2024 in Kraft tritt.
FDP sieht ein Personalproblem
Der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, sagte allerdings der "Rheinischen Post": "Angesichts der Umstrukturierung in der Führungsspitze des Ministeriums sollte Minister Habeck einen neuen, realistischen Zeitplan für das Heizungsgesetz vorschlagen und die Zeit bis dahin nutzen, um es grundsätzlich zu überarbeiten."
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Mittwoch Graichens Rückzug angekündigt, nachdem dieser in zwei nachvollziehbaren Fällen Privates und Berufliches nicht ausreichend getrennt hatte. Wer Graichen nachfolgt, ist bislang unklar. Kruse betonte: "Die Beratungen können ohne Ansprechpartner im Wirtschaftsministerium nicht fortgesetzt werden."
SPD will inhaltliche Beratungen
Hingegen sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Katja Mast dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Wir wollen nächste Woche mit den Beratungen des Heizungsgesetzes im Bundestag starten. Das wäre der offizielle Startpunkt für die Verhandlungen im Parlament, und wir sollten alles tun, um bis zum Sommer abschließen zu können."
Der Zeitplan ist eng: Die parlamentarische Sommerpause beginnt am 7. Juli - dann tagt auch der Bundesrat das letzte Mal. Danach kommt der Bundestag planmäßig erst wieder Anfang September zusammen. Am 8. Oktober stehen Landtagswahlen in Hessen und in Bayern an - ein Datum, das die politischen Strategen fest im Hinterkopf haben dürften.
Details zur Abfederung sozialer Härten offen
Nach dem vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf des Gesetzes soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das soll für alle Eigentümer bis 80 Jahre gelten. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben werden, kaputte Heizungen dürfen repariert werden. So soll der Abschied von klimaschädlichen Gas- und Ölheizungen eingeläutet werden. Der Umstieg soll laut Wirtschaftsministerium "durch gezielte Förderung unterstützt werden", die auch soziale Härten abfedere.
Wie dies aber konkret aussehen könnte, ist noch unklar. SPD-Politikerin Mast sagte dem RND, entscheidend sei, dass die Förderung des Umbaus sozial ausgewogen gestaltet werde. Man müsse "Faktoren wie das Einkommen noch stärker berücksichtigen". Für Bestandsbauten müssten neben der Wärmepumpe auch noch andere Alternativen zu Gas- und Ölheizungen zum Einsatz kommen können. Auch Fristen und Härtefallregelungen müsse man "nötigenfalls ausweiten".
SPD-Chef Lars Klingbeil räumte in der "Rheinischen Post" ein: "Beim Heizungsgesetz sind wir nicht optimal gestartet. Es war unglücklich, dass wir zuerst über die Klimafrage geredet und nun das Soziale hinterhergeschoben werden muss." So müsse zum Beispiel eine soziale Staffelung nach Einkommen kommen. Der Kern des Gesetzes bleibe aber: "Ab dem 1. Januar 2024 muss möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden."
Grüne: Förderung bis 80 Prozent für kleine Einkommen
Die Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge, sagte der "Rheinischen Post": "Wir Grünen im Bundestag schlagen vor, die Förderung auf bis zu 80 Prozent der Kosten für kleine Einkommen anzuheben." Auch mittlere Einkommen bis 60.000 Euro im Jahr sollen nach ihren Worten eine höhere Förderung bekommen.
"Wir schlagen oberhalb der Grundförderung von 30 Prozent für alle eine einkommensabhängige Staffelung der Förderung vor." Dröge riet Hauseigentümern davon ab, jetzt noch rasch eine neue Gasheizung einzubauen. "Wer jetzt noch mal eine Gasheizung kauft, wettet gegen die Einhaltung der Klimaziele und tätigt eine Fehlinvestition."
Auch Städtetag fordert eine Überarbeitung
Der Deutsche Städtetag hält nach den Worten von Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy nichts davon, das Gesetz auf die lange Bank zu schieben. "Wenn wir bis 2045 Klimaneutralität in der Wärmeversorgung erreichen wollen, brauchen wir jetzt Entscheidungen." Aber das Gesetz müsse angepasst werden.
"Das ist im laufenden Gesetzgebungsprozess möglich", sagte Dedy den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Einige zu starre Fristen sollten gelockert werden - zum Beispiel die Pflicht, bereits 2035 einen Anteil von 65 Prozent erneuerbaren Energien im Wärmenetz sicherzustellen: "Das dürfte nicht überall machbar sein."
(dpa)