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Bundesregierung: Die Ampelkoalition kommt streitlustig aus den Ferien

Bundesregierung

Die Ampelkoalition kommt streitlustig aus den Ferien

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    Die Ampel wollte sich in der zweiten Halbzeit auf die Sozialpolitik, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und den Ausbau der Öko-Energien konzentrieren. In aller Ruhe, so der Plan, doch der ging schief.
    Die Ampel wollte sich in der zweiten Halbzeit auf die Sozialpolitik, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und den Ausbau der Öko-Energien konzentrieren. In aller Ruhe, so der Plan, doch der ging schief. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Am Tag nach dem großen Knall blieben die Mitglieder des Kabinetts von Olaf Scholz in Deckung. Vor allem Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP), die Hauptpersonen im großen Koalitions-Drama um die Kindergrundsicherung und das Wachstumschancengesetz, vermieden den öffentlichen Auftritt. Es hatte den Anschein, als sei das Regierungsbündnis über sich selbst erschrocken. Knatsch und Ärger hatte es schon gegeben, da war die Unterschrift unter dem Koalitionsvertrag noch nicht trocken. am Mittwoch wurde jedoch eine rote Linie überschritten: Der sogenannte Leitungsvorbehalt von Paus bremste ein wichtiges Gesetz aus, noch dazu wurde der Knatsch bei laufender Sitzung an die Öffentlichkeit durchgestochen. Die Frage ist nun, wie lang die selbst auferlegte Zurückhaltung anhält. Denn es gibt weiteren Zündstoff bei der Ampel:

    • BAföG und Startchancen:

    „Wir bringen das BAföG zurück in die Zukunft“, versprach Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger vor einem Jahr. Die FDP-Politikerin wird ihr Versprechen allerdings nicht halten können, denn sie muss Kürzungen von rund 440 Millionen Euro bei der Bundesausbildungsförderung hinnehmen. Im Bundeshaushalt für das laufende Jahr sind 2,71 Milliarden Euro veranschlagt, die Kürzung ist also happig. Stark-Watzinger könnte einen öffentlichkeitswirksamen Erfolg gut brauchen, denn viele ihrer Projekte werden vom Publikumsradar nicht erfasst, im Kabinett agiert sie eher glücklos. Offenbar wird es aus finanziellen Gründen auch erst einmal nichts mit ihrem „Startchancen-Programm“. Dafür sollen 4000 allgemein- und berufsbildende Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler besonders gestärkt werden. Das Projekt ist im Koalitionsvertrag verankert, es sollte der Ministerin Profil verliehen – derzeit aber liegt es nach Angaben aus Regierungskreisen auf Eis. Stark-Watzinger dürfte sich, anders als Lisa Paus, nicht öffentlich gegen Finanzminister Linder auflehnen, der ihr Parteichef ist. Klaglos hinnehmen wird sie die Kürzung ihres Budgets jedoch nicht.

    • Digitales:

    Deutschland liegt bei der Digitalisierung im europäischen und internationalen Vergleich weit hinten. Innerhalb der Koalition wird deshalb nicht nur bei den zuständigen Fachpolitikerinnen und Fachpolitikern mit Kopfschütteln registriert, dass der im Bundesinnenministerium angesiedelte Etat für „Digitalisierung der Verwaltung und Verwaltungsdienstleistungen“ von bisher 377 Millionen auf nur noch 3,3 Millionen Euro runtergekürzt werden soll.

    • Zwei-Prozent-Ziel:

    Das Thema Digitalisierung treibt die Ampel um, es ist aber nur ein Zwerg im Vergleich zu dem Riesenärger, der sich bei den Rüstungsausgaben anbahnt. In einem der ersten Entwürfe für das Haushaltsfinanzierungsgesetz – es konkretisiert Ausgaben des Bundes – war das Nato-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, noch mit der Bemerkung versehen, es solle „ab 2024 jährlich“ gelten und nicht mehr nur „im mehrjährigen Durchschnitt“. In der vom Kabinett verabschiedeten Fassung ist davon nicht mehr die Rede. Über die Gründe schweigt sich die Regierung aus. Vize-Sprecherin Christian Hoffmann erklärte auf Nachfrage, sie wolle „zu den Einzelheiten nichts sagen“. Gleichzeitig versicherte sie: „Die Bundesregierung ist entschlossen, das Zwei-Prozent-Ziel der Nato einzuhalten.“ Der Etat von Verteidigungsminister Boris Pistorius ist einer der wenigen, der nicht gekürzt wird. Im Gegenteil: Der SPD-Politiker bekommt noch eine Schippe drauf. Er hat allerdings bereits erklärt, dass ihm das nicht reicht. 

    • Wohnungsbau:

    Bauministerin Klara Geywitz blickt gebannt auf den 25. September. Die Regierung hat für diesen Tag Vertreter von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft erneut zum „Wohnungsgipfel“ ins Kanzleramt eingeladen und die SPD-Ministerin kann dafür bisher nichts vorweisen. Das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen hat sie bereits wieder einkassiert und wäre froh, würden es wenigstens die Hälfte werden. Bei FDP und Grünen, aber auch in Teilen der eigenen Partei, wird die schlechte Entwicklung mit Argwohn beobachtet. Ende des Monats soll das Problem bei einer Kabinettsklausur besprochen werden. Wie auch das Problem mit dem Wachstumschancengesetz und der Kindergrundsicherung sowie die ganzen anderen Probleme. Das Treffen findet im brandenburgischen Meseberg statt, das hat einen Vorteil: Der Handyempfang dort draußen ist eher mäßig, der zu erwartende Zoff kann nicht nach außen durchgestochen werden.

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