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Bundespräsident: Auftritt als neuer Bundespräsident: Gauck geht in die Offensive

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Auftritt als neuer Bundespräsident: Gauck geht in die Offensive

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    Gauck auf der Gedenkveranstaltung für die Neonazi-Opfer in Berlin.
    Gauck auf der Gedenkveranstaltung für die Neonazi-Opfer in Berlin. Foto: dpa

    Jetzt geht es Joachim Gauck darum, sich zu präsentieren. Der neue Bundespräsident stellt sich dafür selbst eine eigene Regel auf. Drei Wochen vor der Wahl des neuen Grünen zusammen. Auch eine Begegnung mit der Linken war im Gespräch. Schon am Freitagabend und am Samstag standen öffentliche Auftritte in Fürth (Bayern) und in Nordrhein-Westfalen auf dem Programm.

    Angela Merkel war zunächst gegen Joachim Gauck

    In Berlin geht der 72-Jährige am Montagmorgen als erstes in die Bundesvorstandssitzung der CDU. Anschließend wird er im SPD-Vorstand erwartet. unterstützte dann aber den Favoriten von SPD und Grünen, was Merkel zum Einlenken bewegte. In der Bundesversammlung am 18. März, die das Staatsoberhaupt wählt, hätte die Union keinen eigenen Kandidaten durchbringen können.

    Am Dienstag wird Gauck dann in den Fraktionen von Union, SPD, FDP und Grünen erwartet. Auch die Linke will mit dem früheren Chef der Stasi-Unterlagenbehörde ins Gespräch kommen. Sie war als einzige im Bundestag vertretene Partei von Merkel nicht in die Kandidatensuche einbezogen worden. "Wir werden Herrn Gauck selbstverständlich einladen", sagte Parteichef Klaus Ernst der "Leipziger Volkszeitung". "Dann werden auch die Punkte zur Sprache kommen, an denen wir unterschiedlicher Auffassung sind, zum Beispiel seine Pro-Banken-Haltung in der Finanzkrise."

    Die Linke will eigenen Kandidatenvorschlag machen

    Gaucks Sprecher Andreas Schulze sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Dann finden wir für die Linke zeitnah einen Termin." In einer Spitzenrunde hatte die Linke am Donnerstag entschieden, einen eigenen Kandidatenvorschlag zu machen. Die Entscheidung fällt voraussichtlich am Montag. Im Gespräch sind die Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld, der Kölner Armutsforscher Christoph Butterwegge und die Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen. Die Linke stellt etwa 10 Prozent der Wahlleute in der Bundesversammlung.

    Zitate von Joachim Gauck

    "Unsäglich albern" (16.10. 2011, zur Finanzmarkt-Debatte)

    "Das wird schnell verebben." (16.10.2011, zur internationalen Protestbewegung "Occupy")

    "Wir träumten vom Paradies und wachten auf in Nordrhein-Westfalen." (24.06.2010, über die Ernüchterung vieler Ostdeutscher über das Leben im wiedervereinigten Deutschland)

    "Ich würde in der Tradition all derjenigen Bundespräsidenten stehen, die sich gehütet haben, die Politik der Bundesregierungen zu zensieren. Mancher wünscht sich ja einen Bundespräsidenten wie einen Kaiser, als letzte Instanz über allem - das darf er nicht sein." (25.6.2010, bei seinem ersten Anlauf zur Präsidentschaft im Fernsehsender n-tv über sein Amtsverständnis.)

    "Es schwächt die Schwachen, wenn wir nichts mehr von ihnen erwarten." (3.10.2010 bei einer Feierstunde im Berliner Abgeordnetenhaus zum Einheits-Jubiläum)

    "Denn als Bürger der DDR haben ich und viele andere Menschen im ganzen Osten Europas Ohnmacht erlebt und trotz Ohnmacht Ähnliches geschafft: Es gibt ein wahres Leben im falschen.". (10.10.2010 bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an den israelischen Schriftsteller David Grossmann)

    «Verantwortung ist dem Untertan meistens fremd. Was er am besten kann, ist Angst haben.» (1999 über Furcht vor der Freiheit bei Menschen in Ostdeutschland)

    "Wir sind nicht dazu da, vor dem Verbrechen zu kapitulieren und vor dem Unheil zu flüchten." (29.11.2010, vor der Entgegennahme des Geschwister-Scholl-Preises)

    „Er hat über ein Problem, das in der Gesellschaft besteht, offener gesprochen als die Politik.“ (2011 über Thilo Sarrazin und sein Buch über Migrationspolitik.

    «Es schwächt die Schwachen, wenn wir nichts mehr von ihnen erwarten.» (3.10.2010 bei einer Feierstunde zum Einheits-Jubiläum)

    "Wir dürfen uns von den Fanatikern und Mördern nicht unser Lebensprinzip diktieren lassen." (27.7.2011, bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele gegen die Einschränkung von Freiheitsrechten aus Sicherheitsaspekten als Reaktion auf Terror)

    "Geben Sie mir einfach noch ein wenig Zeit." (17.2.2012, auf die Frage eines Reporters, ob er bereit für eine Kandidatur als Bundespräsident sei)

    Nach einer öffentlichen Lesung am Freitagabend in Fürth bei Nürnberg wollte Gauck an diesem Samstag zu einer Tagung der CDU Nordrhein-Westfalen reisen. "Es wird bei den Gesprächen um die Frage gehen, wie man dem Amt wieder Würde und Ansehen zurückgeben kann", sagte NRW-CDU-Generalsekretär Oliver Wittke der Nachrichtenagentur dpa. Bei einer Tagung im niederrheinischen Marienthal will er sich dem größten CDU-Landesverband präsentieren.

    Joachim Gauck will keine Schau abziehen

    Das ist Joachim Gauck

    Bundespräsident Joachim Gauck hat ein bewegtes Leben hinter sich. Seine wichtigsten Stationen.

    Gauck kommt 1940 in Rostock zur Welt. Sein Vater ist Kapitän, seine Mutter gelernte Bürofachfrau. Sein Vater wird von den Russen wegen angeblicher Sabotage in einem Lager in Sibirien verschleppt, als Gauck sechs Jahre alt ist. Er kommt erst viele Jahre später wieder frei.

    Nach dem Abitur studiert Joachim Gauck Theologie in Rostock und arbeitet dann ab 1967 als Pastor in Lüssow. Sein eigentlicher Berufswunsch Journalist zu werden, lässt sich in der DDR nicht erfüllen.

    Ab 1974 wird Joachim Gauck wegen seiner kritischen Predigten von der Stasi beobachtet.

    Als sich in der DDR Ende der achtziger Jahre Widerstandsgruppen formieren, wird Gauck Mitbegründer und Sprecher des „Neuen Forums“. Er leitet unter anderem Gottesdienste und führt Großdemonstrationen an.

    Das Ende des DDR-Regimes und die Wendezeit nennt Gauck die "prägende Zeit meines Lebens".

    1990 leitet er als Abgeordneter der frei gewählten DDR-Volkskammer den Sonderausschuss zur Kontrolle der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit.

    Am Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 übernimmt Joachim Gauck die nach ihm benannte Stasi-Unterlagen-Behörde. Bis zum Jahr 2000, als er die Leitung an Marianne Birthler abgiebt, avanciert Gauck zum bekanntesten Gesicht der DDR-Demokratiebewegung.

    Nach dem Mauerfall trennt sich der Theologe von seiner Frau und findet eine neue Lebenspartnerin aus dem Westen - eine Journalistin aus Nürnberg. Bis heute sind beide nicht miteinander verheiratet.

    2003 wird Joachim Gauck aus den Reihen der FDP erstmals als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten ins Spiel gebracht.

    2005 wird Joachim Gauck, damals 65 Jahre alt, Ehrendoktor der Universität Augsburg.

    Der Vater von vier Kindern und mehrfache Großvater engagiert sich auch im Verein „Gegen Vergessen für Demokratie“. Als Vorsitzender kümmert er sich zusammen mit vielen Mitstreitern um die Aufarbeitung der Geschichte der Diktaturen in Deutschland.

    Im Sommer 2010 wird er von SPD und Grünen zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert. Dass er bei der durch Horst Köhlers Rücktritt nötig gewordenen Wahl knapp an Wulff scheitert, ändert nichts an seiner Beliebtheit.

    2011 sorgt Gauck für Schlagzeilen, als er Thilo Sarrazin für sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ Mut attestiert. „Er hat über ein Problem, das in der Gesellschaft besteht, offener gesprochen als die Politik“, sagte Gauck, wobei er sich den den Inhalten des Buches distanzierte.

    Nach dem Rücktritt von Christian Wulff wird Gauck von Union, FDP, Grünen und SPD zum gemeinsamen Kandidaten für die Wahl eines neuen Bundespräsidenten nominiert.

    Am 18. März 2012 wählt ihn die Bundesversammlung mit großer Mehrheit zum Bundespräsidenten, am 23. März wird er vereidigt.

    Gauck wird nach Ansicht des Kieler FDP-Vorsitzenden Wolfgang Kubicki als Bundespräsident den Politikbetrieb in Deutschland verändern. "Es entsteht ein neues Kraftzentrum", sagte er "Focus Online". "Ich bin sicher, ein Bundespräsident Gauck wird Deutschland gut tun. Er wird der Demokratie gut tun, denn die öffentliche Dominanz von Angela Merkel wird abnehmen."

    Gauck selbst hat noch vor seiner Nominierung die Ansicht geäußert, der Bundespräsident sollte "keine Schau abziehen". In einem jetzt veröffentlichten Interview des ARD-Kulturmagazins "ttt - titel, thesen, temperamente" sagte Gauck: "Bei der "Institution Bundespräsident", wo kaum Macht existiert, erwarten wir Glaubwürdigkeit. Wie erlangt man sie? Man sollte bei sich sein. Man sollte keine Show abziehen. Und man darf zeigen, dass man die Werte, auf denen unsere Gesellschaft, unser Land beruht, ernst nimmt." dpa

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