Sparen – das Wort war aus der Mode gekommen bei den Mächtigen in Berlin. Auf lange Jahre stets steigender Steuereinnahmen unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) folgten die Krisenjahre der Corona-Pandemie und des beginnenden Ukraine-Krieges mit enormen, auf Pump finanzierten Notprogrammen. Im nächsten Jahr will die Regierung nun die Ausgaben des Bundes senken.
Das geht aus dem Haushaltsentwurf hervor, den Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch vorgestellt hat. "Wir müssen lernen, mit den Einnahmen auszukommen, die die Bürgerinnen und Bürger uns zur Verfügung stellen", sagte der FDP-Chef vor wenigen Tagen. Statt der 476 Milliarden Euro im laufenden Jahr soll der Bund im nächsten nur 446 Milliarden ausgeben.
Bundeshaushalt: Wo wird gespart und was bedeutet das für den Einzelnen?
Von den 16 Ministerien müssen laut Lindners Entwurf elf Häuser mit weniger Geld auskommen. Spürbar für die Steuerzahler sind vor allem die Kürzungen im Sozialen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs (SPD) Budget sinkt um acht Milliarden Euro. Der Löwenanteil entfällt auf wegfallende Corona-Ausgaben, allerdings wird ein Zuschuss von einer Milliarde an die Pflegeversicherung gestrichen. Wegen der rasch steigenden Kosten sind die Beiträge zur Pflegeversicherung seit 1. Juli gestiegen.
Auch die Krankenkassen erhalten geringere Mittel von Lauterbach. Der Zuschuss des Bundes wird auf das alte Niveau zurückgeführt. Die Überweisung aus der Bundeskasse an die Rentenversicherung wird ebenfalls zurückgefahren, was in den Bereich von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) fällt. Ob sich dadurch die Pflege oder die Behandlung von Patienten im Einzelfall verschlechtert, ist schwer zu sagen. Die ohnehin eng auf Kante genähte Finanzierung des Sozialsystems gerät aber stärker unter Stress.
Der Sozialverband VdK hält das Sparen im Sozialen für einen großen Fehler. "Der VdK erteilt allen Einsparungen im sozialen Bereich eine klare Absage. Ein starker Sozialstaat ist das Fundament unserer Gesellschaft. Wir dürfen nicht zulassen, dass es zu bröckeln beginnt und zerbricht", sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele unserer Redaktion.
Was plant die Ampel für Familien und Kinder?
Familienministerin Lisa Paus (Grüne) muss eine halbe Milliarde Euro an Sparbeitrag bringen. Top-Verdiener sollen künftig kein Elterngeld mehr bekommen, wenn sie Erziehungszeit nehmen. Bisher liegt die Grenze bei einem gemeinsamen Jahreseinkommen der Eltern von 300.000 Euro, das Limit soll auf 150.000 Euro heruntergesetzt werden. Auch Paus' Herzensprojekt, die Kindergrundsicherung, hat Lindner zurechtgestutzt. Statt der von ihr veranschlagten zwölf Milliarden Euro sind lediglich zwei Milliarden vorgesehen.
Allerdings hat die stärkere Unterstützung armer Kinder noch keine Auswirkungen auf den Haushalt 2024. Eingeführt wird sie laut Ampel-Absprache erst 2025. "In Deutschland wachsen drei Millionen Kinder in Armut auf. Doch der Haushaltsetat sieht anscheinend nur zwei Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung vor. Das wird nicht reichen, um Kinderarmut ernsthaft zu bekämpfen", kritisierte VdK-Präsidentin Bentele.
Welcher Minister erhält mehr und was haben die Bürger davon?
Der Etat von Verteidigungsminister Boris Pistorius klettert nächstes Jahr um 1,7 Milliarden Euro. Mit der Finanzspritze werden höhere Ausgaben für die Gehälter von Soldaten und zivilen Mitarbeitern der Truppe kompensiert. Die bessere Ausstattung der Bundeswehr läuft weitgehend über das 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen, das nicht Teil des ordentlichen Haushaltes ist. Im Angesicht des Krieges in der Ukraine soll die teure Ertüchtigung der Streitkräfte den Deutschen mehr Sicherheit bringen.
Auf den ersten Blick ist auch Christian Lindners Parteifreund Volker Wissing ein Gewinner der zähen Haushaltsverhandlungen. Das Budget des Verkehrsministers wächst um drei Milliarden. Doch der zweite Blick offenbart, dass Wissing spürbar schlechter gestellt wird, als ihm der Koalitionsausschuss versprochen hat. Zwischen 2024 und 2027 waren 45 Milliarden Euro für den Ausbau des Schienennetzes vorgemerkt. Von dieser Summe ist nun nicht mehr die Rede. Das könnte dazu führen, dass die Bahn länger in ihrem beklagenswerten Zustand bleibt.