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Bundestag: Bundeshaushalt 2024 steht – vorerst ohne Ausnahme der Schuldenbremse

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Bundeshaushalt 2024 steht – vorerst ohne Ausnahme der Schuldenbremse

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    Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat den Etat für 2024 beschlossen.
    Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat den Etat für 2024 beschlossen. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Nach politischen Ringen und harten Sparbeschlüssen steht der Bundeshaushalt für das laufende Jahr. Der Haushaltsausschuss des Bundestags beschloss am Donnerstagabend einen Etat mit Ausgaben von rund 476,8 Milliarden Euro und neuen Krediten in Höhe von rund 39 Milliarden. Die Schuldenbremse soll damit nach jahrelangen Ausnahmen wieder voll greifen - jedenfalls vorerst. Bundestag und Bundesrat sollen Anfang Februar endgültig über den Haushalt 2024 entscheiden. 

    Bundestag und Bundesrat sollen Anfang Februar endgültig über den Haushalt 2024 entscheiden. Die sogenannte Bereinigungssitzung des mächtigen Haushaltsausschusses gilt jedoch schon als entscheidende Etappe auf dem Weg zur Verabschiedung im Parlament. Die wichtigsten Fragen sind nun geklärt.

    "Als Koalitions-Fraktionen stellen wir trotz unterschiedlicher Blickwinkel, vor dem Hintergrund multipler Krisen und trotz einer schwierigen Ausgangssituation dieser parlamentarischen Beratungen nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil einen ausgewogenen Haushalt auf", erklärten die Haushälter Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP) nach der Sitzung. Klare Schwerpunkte lägen auf sozialer Gerechtigkeit, wirtschaftlichen Anreizen auch in der Steuerpolitik, Investitionen in Klimaschutz, einer Stärkung der Demokratie und internationalem Zusammenhalt. Gleichzeitig würden Subventionen abgebaut.

    Komplikationen durch Verfassungsgerichtsurteil

    Eigentlich sollte der Bundeshaushalt für das laufende Jahr schon längst in trockenen Tüchern sein. Ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts Mitte November aber durchkreuzte die Pläne der Ampel-Koalition. Die Folge: Im Haushalt sowie im Fonds für Investitionen in Klimaschutz und den Umbau der Wirtschaft mussten Milliardenlöcher gestopft werden.

    Darüber verhandelten die Spitzen von SPD, Grünen und FDP wochenlang - und sie trafen heftig umstrittene Kürzungs- und Sparentscheidungen. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich auf teurere Flüge und höhere Preise beim Tanken und Heizen einstellen. Die Ticketsteuer für Passagierflüge sowie der CO2-Preis auf Heizöl, Gas und Sprit sollen steigen und mehr Geld in die Staatskasse bringen.

    Kürzungen für Landwirte nicht angetastet

    Wegen der geplanten schrittweisen Abschaffung von Steuerentlastungen beim Agrardiesel gehen bundesweit seit Wochen Landwirte auf die Straßen. Trotz der Proteste rückte die Ampel-Koalition von diesen Plänen auch im Haushaltsausschuss nicht ab. "Die Ampel-Koalition steht zu diesem Kompromiss", sagte Grünen-Haushälter Kindler.

    Bauernpräsident Joachim Rukwied drohte vor der Sitzung mit neuen weitreichenden Protesten ab Montag, sollten die geplanten Subventionskürzungen nicht zurückgenommen werden. Die bisherigen Proteste seien das "Vorbeben" gewesen, warnte er.

    Zahlreiche Traktoren fahren auf der Straße des 17. Juni in Berlin zum Brandenburger Tor. Landwirte, Speditionsfirmen und Handwerker protestieren gegen geplante Subventionskürzungen durch die Bundesregierung unter anderem beim Agrardiesel.
    Zahlreiche Traktoren fahren auf der Straße des 17. Juni in Berlin zum Brandenburger Tor. Landwirte, Speditionsfirmen und Handwerker protestieren gegen geplante Subventionskürzungen durch die Bundesregierung unter anderem beim Agrardiesel. Foto: Carsten Koall, dpa (Archivbild)

    Mit der Bereinigungssitzung fand die Hängepartie um den Haushalt am Donnerstag ihren vorläufigen Höhepunkt. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil hatte der Haushaltsausschuss im November entschieden, den Etat 2024 zunächst nicht abschließend zu beraten. Das wurde nun nachgeholt.

    Haushälter beschließen noch einige Änderungen am Entwurf Lindners

    In der mehr als neunstündigen Sitzung beschlossen die Haushälter noch einige Änderungen am Entwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Unter anderem wird es einen zuvor geplanten Zuschuss der Bundesagentur für Arbeit an den Bundeshaushalt in Höhe von 1,5 Milliarden Euro 2024 nun nicht geben. Grund sei ein besserer Jahresabschluss im Bundesetat 2023, der finanziellen Spielraum schafft, sagten Ampel-Politiker. "Die Ampel scheint eingesehen zu haben, dass die Sozialversicherungen kein Selbstbedienungsladen sind", kommentierte der Chefhaushälter der Union, Christian Haase.

    Außerdem soll die geplante Verschärfung von Sanktionen beim Bürgergeld auf zwei Jahre befristet werden. Vorgesehen ist, dass Jobcenter Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate streichen dürfen, wenn die Betroffenen zumutbare Jobs immer wieder verweigern. Um die Bauwirtschaft anzukurbeln, will die Koalition in den nächsten Jahren eine Milliarde Euro zusätzlich in den klimafreundlichen Neubau investieren.

    Aussetzung der Schuldenbremse vorerst vom Tisch

    Aus den Überschüssen des Etats 2023 sollen auch Hilfen über 2,7 Milliarden für Opfer der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal finanziert werden. Zunächst hatte sich die Koalition die Option offengehalten, für diese Gelder erneut eine Notlage zu erklären und die Schuldenbremse auszusetzen. Das sei nun nicht nötig, hieß es.

    Doch ganz sicher ist noch nicht, dass die Schuldenbremse nach mehreren Jahren mit Ausnahmen 2024 wieder eingehalten wird. SPD, Grüne und FDP haben vereinbart: Sollte später im Jahr mehr Geld zur Unterstützung der Ukraine nötig werden - zum Beispiel, weil US-Hilfen ausfallen - könnte man doch zusätzliche Kredite genehmigen.

    Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sieht nur eine eng begrenzte Nettokreditaufnahme vor. Im Fall von Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notlagen kann sie aber ausgesetzt werden, wenn die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt wird.

    Union findet, Bundestag habe falsche Prioritäten gesetzt

    Die Unionsfraktion hält den vom Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossene Etat 2024 für Stückwerk mit falschen Prioritäten. Man brauche einen "komplett neuen Haushalt", sagte der haushaltspolitische Sprecher Christian Haase am Freitag in Berlin in der Bundespressekonferenz. "Das, was wir hier sehen, ist eine Reparatur der Reparatur der Reparatur." Ein neuer Haushalt müsse Prioritäten bei der inneren und äußeren Sicherheit sowie bei der Stimulierung der Wirtschaft setzen. Haase bescheinigte der Ampel-Koalition allerdings, dass mit dem Entwurf die Schuldenregel des Grundgesetzes im Augenblick eingehalten werde. 

    Der Haushaltspolitiker kritisierte, dass die Ampel noch immer ihre "Lieblingsprojekte" finanziere. "Die Ampel ist nach wie vor nicht bereit, über ihre eigenen Projekte überhaupt mal nachzudenken. Sie spart nicht oder nur wenig, zwei, drei Milliarden insgesamt, der Rest sind Mehrbelastungen." Haase bezweifelte, dass sich die geplanten Einsparungen beim Bürgergeld durch schärfere Sanktionen für Totalverweigerer realisieren lassen. "Das ist ein Hoffnungswert." 

    CDU rechnet mit Handlungsbedarf von 36 Milliarden Euro

    Der CDU-Politiker ging davon aus, dass die Ampel-Koalition beim Haushalt für das kommende Jahr erhebliche Probleme bekommen wird. Er rechnete mit einem haushaltspolitischen Handlungsbedarf von 36 Milliarden Euro. 

    Die Organisation One und andere Verbände kritisierten, die Entwicklungszusammenarbeit solle im Vergleich zu 2023 insgesamt um knapp zwei Milliarden Euro gestutzt werden. Verkehrsverbände kritisieren geplante Kürzungen von Mitteln für den Schienengüterverkehr sowie für den Radverkehr. 

    AfD hält Haushaltsentwurf 2024 für verfassungswidrig

    Der vom Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossene Etat 2024 enthält laut AfD deutlich mehr neue Schulden als offiziell ausgewiesen und ist damit ihrer Ansicht nach verfassungswidrig. Die Nettokreditaufnahme liege nicht bei 39, sondern bei 77 Milliarden Euro, das Gesamtvolumen betrage nicht 476 Milliarden Euro, sondern mindestens 540 Milliarden, sagte der haushaltspolitische Sprecher der

    "Die Koalition spart nicht, entnimmt nur aus Rücklagen und Neuverschuldung", kritisierte Boehringer. Die AfD hätte im "CO2- und Klimaideologie-Bereich" massiv gespart, außerdem bei Ausgaben für die Migrationspolitik. Sie hätte Waffenlieferungen ins Ausland weitgehend gestrichen, außerdem bei "Entwicklungshilfe, Auslandsbeglückung" sowie bei Verwaltung und Personal. "Wenige, ganz wenige Positionen hätten den Agrardiesel für mehrere Jahre finanziert. Man hätte sich die ganzen Demos hier sparen können", sagte der AfD-Politiker in der Bundespressekonferenz.

    (dpa) 

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