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Brüssel: Sein Kuschelkurs mit Berlusconi bringt EVP-Fraktionschef Manfred Weber in Not

Brüssel

Sein Kuschelkurs mit Berlusconi bringt EVP-Fraktionschef Manfred Weber in Not

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    CSU-Vizechef Manfred Weber ist nicht nur Fraktionsvorsitzender der EVP im Europaparlament, sondern auch Vorsitzender der Europäischen Volkspartei.
    CSU-Vizechef Manfred Weber ist nicht nur Fraktionsvorsitzender der EVP im Europaparlament, sondern auch Vorsitzender der Europäischen Volkspartei. Foto: dpa

    Vielleicht war es am Ende das Video aus der norditalienischen Lombardei, das in Brüssel das Fass zum Überlaufen brachte. Seite an Seite schritten darin Manfred Weber und Silvio Berlusconi durch die Idylle eines Anwesens, saßen zusammen auf der Terrasse der Villa, plauderten, lachten – alle Szenen begleitet von Wohlfühlmusik.

    Hier wollten sich zwei politische Freunde präsentieren: der 85 Jahre alte Chef der Forza Italia (FI) und der CSU-Politiker Weber, auf EU-Ebene Vorsitzender der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament wie auch deren Präsident. „Jeder, der Stabilität wünscht, muss für die Mitte-Rechs-Koalition stimmen“, lautete die Botschaft des Niederbayern, als er sich direkt an die Zuschauer richtete. Die FI unter Berlusconi sei „eine Wächterin einer pro-europäischen Regierung für die Zukunft“. Neben ihm nickte und grinste Italiens Ex-Ministerpräsident.

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    Nun gehört die Forza Italia wie die CDU und CSU der EVP-Parteienfamilie an. Es ist also objektiv betrachtet Webers Job, ein Mitglied des christlich-demokratischen und bürgerlich-konservativen Zusammenschlusses zu unterstützen. Das Problem: Berlusconis EVP-Filiale liegt laut Umfragen abgeschlagen auf Platz drei und so will der 85-Jährige vor allem Königsmacher werden für zwei Partner, deren Ansichten so gar nicht zum harmonischen Kampagnen-Clip passen wollen. Die FI ist ein Wahlbündnis eingegangen mit der postfaschistischen Fratelli d’Italia, deren Vorsitzende Giorgia Meloni mit dem Frust auf die EU auf Stimmenfang ist, und mit der nationalistischen Lega – angeführt vom Rechtspopulisten Matteo Salvini.

    Eine Allianz mit den Ultra-Nationalisten, bei denen der Widerstand zur EU Programm ist? In Brüssel wüten die Vertreter der anderen Fraktionen. „Konservative Kräfte bieten sich schamlos an als Steigbügelhalter für Parteien der extremen Rechten und gefährden somit willentlich den Zusammenhalt der EU“, kritisierte der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann. Der EU-Parlamentarier Daniel Freund (Grüne) nannte es strategisch „fatal“ für die Konservativen, „den Rechtsextremen die Türen zu öffnen“. Nicola Beer, Vize-Präsidentin des Parlaments, beschuldigte Weber, „in Profilierungsnot seinen politischen Kompass in der Garderobe vom Wahlkampfbüro abgegeben“ zu haben.

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    Selbst in der eigenen Fraktion sind keineswegs alle einverstanden mit Webers Kuschelkurs. Die italienischen Christdemokraten „müssen aufpassen, dass sie in einem Dreierbündnis mit zwei populistischen, europafeindlichen Parteien nicht unter die Räder kommen“, warnte der außenpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Michael Gahler (CDU). „Ich halte von der Aktion nichts, weil es uns als EVP massiv unter Druck setzen wird“, sagte ein anderer Fraktionskollege aus dem EU-Parlament hinter vorgehaltener Hand. „Unsere Brandmauer wird brüchig“, so der konservative Parlamentarier. Mit seinem Vorgehen schwäche Weber nicht nur sich selbst, sondern die ganze EVP.

    Der Zusammenschluss, einst exklusiver Klub der Mächtigen Europas, hat ohnehin an Einfluss verloren. Derzeit stellt die EVP nur noch sieben der 27 EU-Staats- und Regierungschefs. Weber will sie aus der Krise führen. Umso wichtiger ist Italien als drittgrößte Volkswirtschaft der Union. Dabei gehört es zu den Absurditäten dieser Zeit, dass ausgerechnet Berlusconi als Retter der Stabilität dienen soll. 2013 zog ihn die Justiz aus dem Verkehr, er durfte fünf Jahre keine politischen Ämter bekleiden. Doch Berlusconi ist ein Mann der Comebacks. Was passiert, wenn die FI schlussendlich für eine Koalition gar nicht gebraucht wird? Nicht nur sei Berlusconi dann politisch am Ende, Weber hätte auch „aufs falsche Pferd, nämlich eine sterbende Partei, gesetzt“, hieß es vom Parteikollegen, der anonym bleiben will. „Der Schaden wäre maximal.“

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