Treffen zwischen Staats- und Regierungschefs sind stets bis ins letzte Detail durchchoreografiert. Und so wirkte auch die Verkündung des Deals zwischen den USA, Großbritannien und Australien am späten Montagabend minutiös geplant. Joe Biden, Rishi Sunak und Anthony Albanese standen nebeneinander im strahlenden Sonnenschein vor der Küste der kalifornischen Stadt San Diego. Sie hatten eine Botschaft an ihre Verbündeten, vor allem aber an ihre Gegner. Die USA wollen gemeinsam mit Großbritannien nuklear-betriebene U-Boote an Australien liefern – als Front gegen China.
Hatte die Ankündigung des Deals namens Aukus im Jahr 2021 insbesondere Frankreich erzürnt, weil damit ein 56 Milliarden Euro schwerer Vertrag mit Australien unvermittelt gekippt wurde, betonte Sunak in einem diese Woche veröffentlichten Strategiepapier des Königreiches auch, wie wichtig ihnen eine Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit mit der Europäischen Union ist. Der Regierungschef nimmt damit erneut eine Kurskorrektur im Vergleich zu seinen Vorgängern vor. Das Vereinigte Königreich will Allianzen mit den USA und weiteren Ländern bilden, sucht aber auch die Nähe zur EU.
Mit Johnson hat sich ein Hardliner verabschiedet
Auffällig ist dabei die neue Wortwahl. Während Boris Johnson Großbritannien noch als ein „Leuchtfeuer der demokratischen Souveränität“ und als eines der einflussreichsten Länder der Welt bezeichnet hatte, das „die Dinge wirtschaftlich und politisch anders machen“ will, zeichnet die britische Regierung unter seinem Nachfolger nun ein deutlich düstereres Bild der Weltlage, in welcher Kooperationen zunehmend wichtiger werden. Die Betonung liegt inzwischen weniger auf den Vorteilen eines britischen Alleingangs als vielmehr auf der Notwendigkeit, dass Demokratien die Autokratien dieser Welt gemeinsam übertreffen müssen. Damit hat die Invasion Russlands in die Ukraine vor über einem Jahr die Beziehungen zwischen Europa und Großbritannien eindeutig gestärkt.
Überdies schloss Sunak bei seinem Besuch in den USA diese Woche nicht nur einen militärischen Deal, er erfüllte auch Erwartungen vonseiten der US-Amerikaner. Im vergangenen Jahr forderten US-Diplomaten, dass sich Großbritannien bis zum 25. Jahrestag des Karfreitagsabkommens am 10. April auf eine überarbeitete Fassung des Nordirland-Protokolls mit der EU einigen soll – und es gelang. Der „Windsor Framework“, wie das neue juristische Rahmenwerk zukünftig genannt wird, beinhaltet weitreichende Änderungen des 2019 von London und Brüssel unterschriebenen Abkommens. Mit dem Deal soll eine harte Grenze zwischen dem einst vom Bürgerkrieg gebeutelten Landesteil Nordirland und Irland verhindert werden, indem man die Zollgrenze in die irische See verlegte. Erwarteten viele Beobachter im Vorfeld einen Aufstand der Brexit-Hardliner in der Partei, blieb dieser aus. Es ist davon auszugehen, dass die Vereinbarung auch vom Parlament durchgewinkt wird.
König Charles III. als diplomatisches Wundermittel
Möglich war diese historische Einigung, weil Sunak, anders als seine Vorgänger Liz Truss und Johnson, von der Gemeinschaft als verlässlicher Partner wahrgenommen wird. Nach Jahren der Spaltung und Disharmonie bewegten sich Großbritannien und die EU auf ein gemeinsames Ziel zu, suchten einen Konsens. Es ist ein Sieg der Vernunft, getragen von der Einsicht, dass man sich gegenseitig braucht. Schließlich leidet Großbritannien nach wie vor unter den Folgen des Brexit, die Bürokratie verlangsamt den Handel. Arbeitskräfte aus der EU fehlen in Bereichen, die für Briten essenziell sind.
Ein weiteres deutliches Zeichen der Annäherung ist, dass König Charles III. Ende dieses Monats im Rahmen seines ersten Staatsbesuches nicht etwa Australien oder Kanada, sondern auf Wunsch der konservativen Regierung Frankreich und Deutschland besucht. Der Monarch soll damit wie einst seine Mutter Königin Elizabeth II. als diplomatisches Wundermittel eingesetzt werden, um die Wogen mit der EU nach dem Brexit zu glätten.