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Wer sind die "Bürger in Wut"? Ziele, Mitglieder & Ausrichtung

Bremen-Wahl

Wer sind die "Bürger in Wut" und was sind ihre Ziele?

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    Die "Bürger in Wut" (BiW) holten in der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft 9,6 Prozent der Stimmen. Viele der Unterstützer wollten eigentlich AfD wählen.
    Die "Bürger in Wut" (BiW) holten in der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft 9,6 Prozent der Stimmen. Viele der Unterstützer wollten eigentlich AfD wählen. Foto: Philip Dulian, dpa

    Die letzten Umfragen vor der Wahl in Bremen deuteten bereits ein starkes Ergebnis für die Partei mit dem klingenden Namen "Bürger in Wut" (BiW) an. Als am Sonntagabend die ersten Hochrechnungen über die Fernsehbildschirme flimmerten, brach bei der Wählervereinigung Jubel aus. Mit über zehn Prozent der Stimmen hatten selbst die Spitzenleute der Partei nicht gerechnet. Auch wenn die BiW in der Schlussabrechnung nur bei 9,6 Prozent der Stimmen landete – es ist das mit Abstand beste Ergebnis in der Geschichte der Partei.

    Die "Bürger in Wut" sind, auch wenn sie im Rest Deutschlands kaum jemand kannte, keine Neulinge auf dem politischen Parkett. Die Partei, die 2004 aus dem Bremer Ableger der "Partei Rechtsstaatlicher Offensive" des Hamburger Politikers Ronald Schill ("Richter Gnadenlos") hervorgegangen ist, mischt seit vielen Jahren in der Bremer Lokalpolitik mit. Sie selbst verortet sich im konservativ-bürgerlichen Lager zwischen CDU und AfD. Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt der BiW rechtspopulistische und wirtschaftsliberale Positionen zu. 

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    "Wir sind glücklich", sagte der euphorische Spitzenkandidat Piet Leidreiter am Wahlabend. "Wir wären damals vor drei Monaten mit sechs Prozent zufrieden gewesen." Dass das Wahlergebnis deutlich besser ausgefallen ist, hatte vor allem mit dem Ausschluss der Bremer AfD von der Wahl zu tun. Die Rechtspopulisten überwarfen sich im vergangenen Jahr an der Weser und reichten daraufhin zwei Kandidatenlisten ein. Weil ein solches Vorgehen unzulässig ist, lehnte der Landeswahlausschuss beide Aufstellungen ab. 

    Davon profitierte die BiW. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap gaben mehr als die Hälfte der BiW-Unterstützer an, die Partei nur deshalb gewählt zu haben, weil die AfD nicht antreten konnte. Gleichzeitig verorteten sich drei Viertel ihrer Wähler im Wertemilieu, dem einst die CDU angehört habe. Spitzenkandidat Leidreiter war bis vor einigen Jahren Mitglied der AfD. Er trat aus und bezeichnet den völkischen Flügel der AfD heute als "ein No-Go". Einen ihrer Listenkandidaten schloss die BiW vor der Wahl aus der Partei aus. Ihm konnten Kontakte in die Neonazi-Szene nachgewiesen werden.

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    Parteivorsitzender Jan Timke selbst sagt: "Wir sind ein Sammelbecken für Unzufriedene." Der ehemalige Bundespolizist beschreibt die BiW als "konservative Wählervereinigung". Zugutegekommen sei der Wählervereinigung aber auch die hohe Unzufriedenheit, die es in der Stadt gebe. Als Beispiel nannte er die aus seiner Sicht schwache Bekämpfung der Kriminalität und die Bildungsmisere Bremens. Bei Pisa-Studien belegt die Stadt seit Jahren deutschlandweit den letzten Platz.

    Aber nicht nur verhinderte AfD-Wähler konnte die Protestpartei ansprechen. Sie gewann aus nahezu allen Milieus hinzu; auch von SPD, FDP und sogar den Grünen wechselte eine erhebliche Zahl an Wählern zu ihr. Im Nichtwählerbereich mobilisierte die Partei ebenfalls und konnte auch der CDU Stimmen abnehmen. 

    Bremen-Wahl 2023: In Bremerhaven lag die BiW vor der CDU

    Besonders in Bremerhaven gab es ein politisches Erdbeben. Hier holte die BiW über 22 Prozent der Stimmen und lag damit auf dem zweiten Platz hinter der SPD (29 Prozent) und vor der CDU (21,3 Prozent). In dem knapp 70 Kilometer nördlich von Bremen gelegenen

    Nach der erfolgreichen Wahl in Bremen zeigt die BiW bundespolitische Ambitionen. Noch am Wahlabend teilte Parteichef Timke mit: "Wir werden Bremen als Startschuss nehmen (...) für die bundesweite Ausweitung der Partei." Bereits vor der Wahl hatte die Parteispitze angekündigt, direkt in dem im vergangenen Jahr gegründeten "Bündnis Deutschland" (BD) aufgehen zu wollen. 

    Als Nächstes nimmt das Bündnis die Landtagswahlen in Hessen und in Bayern ins Visier. Entsprechende Landesverbände gibt es seit Anfang des Jahres. Bayerischer Landeschef des BD ist der frühere AfD-Fraktionschef Markus Plenk. Doch die Frage ist, ob die Gruppe dort ihre Erfolge aus dem Norden wiederholen kann. In beiden Bundesländern wird auch die AfD auf dem Stimmzettel stehen. Die "Alternative" erlebt gerade einen Höhenflug in den bundesweiten Umfragen. Sie profitiert erkennbar vom Ärger über das Vorgehen der Bundesregierung. Die Hoffnung des BD ist es, jene Wählerinnen und Wähler abzufangen, denen die AfD zu radikal ist – allerdings gibt es durchaus Parallelen. 

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