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Braucht die CDU Sahra Wagenknecht zum Regieren in Sachsen und Thüringen?

Landtagswahlen

Die Qual nach der Wahl: Welche Koalitionen sind im Osten möglich?

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    Steht nicht zur Wahl und doch dreht sich im Wahlkampf in Sachsen und Thüringen fast alles um sie: Sahra Wagenknecht.
    Steht nicht zur Wahl und doch dreht sich im Wahlkampf in Sachsen und Thüringen fast alles um sie: Sahra Wagenknecht. Foto: Jan Woitas, dpa

    In einem Monat wählen Sachsen und Thüringen neue Landtage. Angesichts der Umfragewerte, die das Parteiensystem durcheinanderwirbeln, herrscht hinter den Kulissen schon jetzt Hektik. Es ist die Stunde der Hinterzimmerstrategen, denn wohl nie zuvor war die Bildung von Koalitionen so kompliziert. Das sind die entscheidenden Fragen:

    Welche Rolle spielen AfD und BSW?

    Die Populisten von rechts und links werden wohl so stark wie nie werden. Die AfD liegt in beiden Bundesländern auf dem ersten Platz. In Thüringen ganz klar, in Sachsen ganz knapp vor der CDU. Weil zugleich mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht eine neue politische Kraft auf den dritten Platz rutschen könnte, dürfte es für die meisten bislang handelsüblichen Koalitionen keine Mehrheiten geben.

    Was ist mit den Ampel-Parteien?

    SPD, Grüne und FDP krebsen im Osten am Rande des Existenzminimums herum. Alle drei im einstelligen Prozentbereich, die Liberalen sogar kaum noch messbar unter „Sonstige“. Selbst wenn man die Umfragewerte von allen dreien zusammenrechnet, bliebe der Ampel nur der dritte (Sachsen) beziehungsweise sogar nur der fünfte Platz (Thüringen). Das ist auch ein Problem für die CDU, die sich nach neuen Partnern umschauen muss.

    Mit wem könnte die CDU regieren?

    Nur die CDU kann verhindern, dass die AfD, die der Verfassungsschutz in beiden Ländern als gesichert rechtsextrem einstuft, an die Macht kommt. Da die FDP weit vom Einzug in die Parlamente entfernt ist und es einen „Unvereinbarkeitsbeschuss“ der CDU mit AfD und Linken gibt, bleibt für eine Zusammenarbeit neben SPD und Grünen nur das BSW.

    Würde die CDU mit Wagenknecht gemeinsame Sache machen?

    Das ist die Sollbruchstelle aller Diskussionen. CDU-Chef Friedrich Merz hatte die Tür im Juni schon fast zugeschlagen. „Wir arbeiten mit solchen rechtsextremen und linksextremen Parteien nicht zusammen“, sagte er damals über AfD und BSW - und fügte mit Blick auf Wagenknecht hinzu, für sie gelte sogar beides: „Sie ist in einigen Themen rechtsextrem, in anderen wiederum linksextrem.“ Doch schnell war klar, dass Merz seine Partei damit in eine Sackgasse manövriert hatte. Die ostdeutschen CDU-Landesverbände distanzierten sich umgehend. Später sagte Merz, er habe sich mit seiner Absage an eine Kooperation mit dem BSW lediglich auf die Bundespolitik bezogen. Die Tür war wieder offen. Es gibt in der CDU durchaus einflussreiche Stimmen, die angesichts der neuen Lage den Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken zur Debatte stellen. In Thüringen regiert die Partei unter dem pragmatischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow halbwegs unfallfrei. Das wirft die Frage auf, warum die CDU eine Koalition mit Ramelow für Teufelszeug hält, gleichzeitig aber mit Wagenknecht anbandeln würde, deren Abneigung gegen Westorientierung, Nato und EU größer zu sein scheint als gegen Kreml-Herrscher Wladimir Putin.

    Was spricht für eine Zusammenarbeit der CDU mit dem BSW?

    In erster Linie, dass damit die AfD keine Macht bekommen würde. Sowohl in Sachsen als auch in Thüringen kämen CDU und BSW laut aktuellen Umfragen zusammen auf mehr als 40 Prozent und könnten zusammen mit Grünen oder SPD eine stabile Mehrheit bilden.

    Was spricht dagegen?

    Vor allem Sahra Wagenknecht selbst. Die 55-Jährige steht nicht zur Wahl, hat aber schon eine Bedingung für mögliche Koalitionen genannt, die CDU, SPD und Grüne nicht erfüllen werden. Sie will in den ostdeutschen Ländern nur mit Parteien kooperieren, die im Bund gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für Verhandlungen mit Russland sind. Das Thema hat zwar gar nichts mit der Landespolitik zu tun, doch Wagenknechts Maximalforderung folgt einem kalkulierten Plan. Erstens treibt sie die politische Konkurrenz damit in die Enge, zweitens mobilisiert sie ihre Anhänger vor allem wegen ihrer russlandfreundlichen Haltung. Die gibt es auch in der AfD. Wagenknecht hat ein Bündnis mit den Rechtsextremen aber ausgeschlossen.

    Was passiert, wenn alle Gespräche scheitern?

    CDU, SPD und Grüne könnten auch eine Minderheitsregierung bilden und sich vom BSW (und der Linken) dulden lassen. Bislang sind solche Koalitionen ohne eigene Mehrheit in Deutschland die Ausnahme, weil die Regierung bei wichtigen Entscheidungen immer auf die Opposition angewiesen ist, was nicht gerade Stabilität verspricht. Erste prominente Unionsleute bringen die Option aber bereits für Sachsen und Thüringen ins Spiel. Der langjährige saarländische Ministerpräsident Peter Müller etwa machte im Interview mit unserer Redaktion deutlich, dass er sich eine CDU-geführte Minderheitsregierung durchaus vorstellen könne. Im Übrigen: Auch die aktuelle Thüringer Koalition von Linken, SPD und Grünen unter Ministerpräsident Bodo Ramelow hat im Landtag keine eigene Mehrheit.

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    3 Kommentare
    Wolfgang Schwank

    Zitat: "Das Thema hat zwar gar nichts mit der Landespolitik zu tun, " Doch, doch Herr Stifter, mindestens indirekt. Wo sind denn die Gelder für die (landeshoheitliche) Bildung, die nach Pisa dringender denn je auf der Prioritätenliste steht? Oder wo sind die Gelder, die für dringende Infrastrukturmassnahmen beispielsweise für den Ausbau der Schiene, für die Sanierung maroder Autobahnbrücken, etc. fehlen? Entweder werden die Gelder für das im Lande notwendige ausgegeben oder für Waffen und die Kriegsertüchtigung hierzulande. Unterm Strich, da gibt es sehr wohl Zusammenhänge und gut dass eine Gruppierung oder wer auch immer exakt darauf hinweist.

    Martin Goller

    Bildung ist Ländersache und darf nicht vom Bund finanziert werden. Ebenso geht es um Waffenlieferungen, die genehmigt werden müssen, also nicht um von D finanzierte Waffen.

    Wolfgang Leonhard

    Die so selbstbewusste Sarah Wagenknecht hat offensichtlich Angst vor der Verantwortung. Es könnte nämlich sein, dass sich ihre großspurigen Versprechungen und das von ihr aufgestellte Personal als Nullnummern erweisen. Da baut sie lieber hohe Hürden auf, um in der Opposition weiter polemisieren zu können. Die Frage ist, ob man sie dafür unbedingt braucht. Eher nicht.

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