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Brasilien: Brasiliens Präsident Lula da Silva enttäuscht den Westen bitter

Brasilien

Brasiliens Präsident Lula da Silva enttäuscht den Westen bitter

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    Der Westen hatte von dem brasilianischen Präsidenten Lula da Silva eine enge Partnerschaft erwartet, diese Hoffnung erfüllte sich in seiner zweiten Amtszeit bisher nicht.
    Der Westen hatte von dem brasilianischen Präsidenten Lula da Silva eine enge Partnerschaft erwartet, diese Hoffnung erfüllte sich in seiner zweiten Amtszeit bisher nicht. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    In diesen Tagen blickt die Welt wieder einmal nach Brasilien. In Rio de Janeiro treffen die Außenminister der G20-Staaten. Wie die Zukunft der Welt aussieht, das wagen selbst Experten nicht vorauszusagen. Zu unberechenbar sind die internationalen Konflikte. Und mittendrin die Führungsfigur des sogenannten Globalen Südens, die der Westen eigentlich auf seiner Seite wähnte: Luiz Inácio da Silva. Brasiliens linksgerichteter Präsident sorgt in Washington, Berlin und Brüssel für Überraschung und Ernüchterung. Sei es seine Haltung zum Terrorangriff der Hamas auf Israel und die darauf erfolgte Gegenreaktion, zum Tod des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny oder zur innenpolitischen Krise in Venezuela. Lula da Silva hält es eher mit der Hamas, mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin oder Venezuelas Präsident Nicolás Maduro. 

    Lula verfolgt ein klares Konzept, und das ist ein Geschäftsmodell „Gegen den Westen“. Das ist vor allem im Globalen Süden populär, denn hier ist die Perspektive auf die großen internationalen Konflikte eine andere als in Europa oder in Deutschland. Der Globale Süden sympathisiert eher mit der Hamas als mit Israel, vertraut Russland eher als dem Westen und sieht die Sanktionen des Westens gegen das Regime in Venezuela als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes. Mit seinen Positionen punktet Lula bei seinen überwiegend linksgerichteten Wählern und in einer Region, die ihren Platz auf der politischen Weltkarte beansprucht. Begründet wird das Misstrauen gegenüber dem Westen wechselseitig mit Verweis auf die koloniale Vergangenheit der Europäer oder der Unterstützung rechtsextremer Militärdiktaturen des 20. Jahrhunderts durch die USA mithilfe der CIA.

    Israel erklärte Lula da Silva zur unerwünschten Person

    Mit seiner Positionierung geht Lula allerdings ein erhebliches Risiko ein. In dieser Woche brachte der Präsident Israels Militäreinsatz im Gazastreifen mit dem von Adolf Hitler befohlenen Massenmord an den europäischen Juden in Zusammenhang. Israel erklärte ihn daraufhin zur unerwünschten Person, solange er seinen Vergleich nicht kassiert. „Wir werden weder vergessen noch vergeben“, sagte der israelische Außenminister Israel Katz nach Angaben seines Büros zu Brasiliens Botschafter. „Das ist ein schwerwiegender antisemitischer Angriff. Sagen Sie Präsident Lula in meinem Namen und im Namen der Bürger Israels, dass er in Israel eine Persona non grata ist, bis er es zurücknimmt.“

    Auch im Fall des in einem sibirischen Straflager zu Tode gekommenen russischen Oppositionellen Alexej Nawalny fordert Lula, erst einmal die Untersuchung der Gerichtsmedizin abzuwarten. Während im Westen viele dem Moskauer Regime Mord vorwarfen, suggeriert Lula: Der Westen habe ein Interesse daran, dem russischen Präsidenten Putin den Tod Nawalnys in die Schuhe zu schieben.

    Viele brasilianische Medien kritisieren den Präsidenten

    In den brasilianischen Medien sind die Kommentare überwiegend kritisch. Die Zeitung Estadão sieht Lulas internationales Prestige in Gefahr. Sein Traum vom Friedensnobelpreis sei damit geplatzt, er habe seine jüdischen Wähler verraten. Auch innenpolitisch vollführt Lula einen Drahtseilakt. Denn der immer noch aktive rechtspopulistische Gegenspieler Jair Bolsonaro steht eindeutig auf der Seite Israels. Und mit ihm die sehr einflussreichen konservativen evangelikalen Kirchen. Für das Wochenende hat Bolsonaro zu einem Protestmarsch in eigener Sache aufgerufen. Es könnte sein, dass Lulas Äußerungen nun noch mehr Menschen dazu bewegen, in São Paulo für den Rechtspopulisten auf die Straße zu gehen.

    Auch zum Thema Venezuela überraschte Lula in dieser Woche. Er habe keine Informationen darüber, was im Nachbarland vor sich gehe, sagte der Brasilianer auf einer Pressekonferenz. Das nimmt man ihm nicht einmal im eigenen Lager ab. Der Rauswurf der UN-Menschenrechtskommission aus Caracas, die Verhaftung von Menschenrechtsverteidigern und Oppositionellen, die Weigerung des Regimes von Nicolás Maduro, freie Wahlen durchzuführen – all dies war in der Region in den letzten Tagen ein großes Thema. Lula aber schweigt. 

    Auch die Indigenen sind von Lula enttäuscht

    In dieser Woche bekam der Präsident auch in einer ganz anderen Angelegenheit ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Das US-Magazin Newsweek befindet: Lula habe im Wahlkampf den Anspruch der Indigenen in seinem Heimatland nur benutzt. Bei seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr marschierte er demonstrativ mit dem vielleicht bekanntesten Indigenen Brasiliens, Caique Raoni, die Rampe zum Präsidentenpalast hinauf. Lula habe versprochen, dass er sich für den Schutz der indigenen Völker einsetzen werde, zitiert das Portal Institut Humanitas Unisinos Raoni. Doch Gewalt und Umweltzerstörung halten an: „Ich warte immer noch darauf, dass Lula seine Kraft einsetzt, um dem ein Ende zu setzen", sagte Raoni frustriert. Ein Enttäuschter mehr.

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