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Brasilien: Bolsonaro-Anhänger stürmen Regierungsgebäude in Brasilia

Brasilien

Regierungsgebäude gestürmt: Brasilien erlebt seinen Trump-Moment

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    Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro stürmen den Palacio do Planalto, den offiziellen Sitz des brasilianischen Präsidenten.
    Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro stürmen den Palacio do Planalto, den offiziellen Sitz des brasilianischen Präsidenten. Foto: Eraldo Peres, dpa

    Und plötzlich ging alles ganz schnell. Tausende Anhänger des rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro besetzen wichtige Regierungsgebäude in der Hauptstadt Brasilia. Sie akzeptieren den Wahlsieg des Linkspolitikers Lula da Silva (77) nicht. Innerhalb weniger Minuten drangen Mitglieder des rechtsextremen Flügels des Bolsonaro-Lagers in den Kongress, den Präsidentenpalast und den Obersten Gerichtshof ein und randalierten in Sitzungssälen und Büros. Das führende Medienunternehmen des Landes, Globo, wertete die Aktionen als Putschversuch.

    Erst nach Stunden brachten die Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle. Die Militärpolizei rückte mit Reiterstaffeln und gepanzerten Fahrzeugen auf den Platz der drei Staatsgewalten im Zentrum der Hauptstadt vor. Spezialkräfte setzen Tränengas ein, Hubschrauber kreisten über dem Regierungsviertel. Rund 230 Verdächtige wurden festgenommen, wie Justizminister Flavio Dino mitteilte.

    Inzwischen wurde auch das Camp der Unterstützer des rechten Ex-Staatschefs in der Hauptstadt geräumt. Schwer bewaffnete Soldaten und Polizisten umstellten das Zeltlager vor dem Hauptquartier der Streitkräfte am Montagmorgen (Ortszeit). Der Oberste Gerichtshof hatte zuvor angeordnet, dass Lager innerhalb von 24 Stunden zu räumen.

    Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro stoßen während einer Demonstration vor dem Palacio do Planalto mit der Polizei zusammen.
    Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro stoßen während einer Demonstration vor dem Palacio do Planalto mit der Polizei zusammen. Foto: Eraldo Peres, dpa

    Nach Krawallen in Brasilien: Gouverneur des Bundesbezirks suspendiert

    Der Gouverneur des Bundesbezirks rund um die Hauptstadt wurde vorübergehend seines Amtes enthoben. Ibaneis Rocha werde zunächst für 90 Tage suspendiert, ordnete der Oberste Gerichtshof am frühen Montagmorgen (Ortszeit) an. Der Gouverneur habe trotz deutlicher Hinweise auf gewalttätige Aktionen nichts unternommen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, sagte Richter Alexandre de Moraes.

    Die Bilder aus Brasilia erinnern frappierend an die Szenen vom 6. Januar 2021, als Anhänger von Donald Trump in Washington den Kongress stürmten und Jagd auf Polizisten machten. Dabei starben zahlreiche Menschen. Dem ersten Anschein nach handelt es sich bei den Angreifern, die bei der Aktion beteiligt sind, um rechtsextreme Bolsonaro-Anhänger, die in den vergangenen Wochen vergeblich das Militär aufgefordert hatten, eine Machtübernahme Lulas zu verhindern. Ex-Vizepräsident Hamilton Mourão, ein ehemaliger General, hatte zuletzt die Familie Bolsonaro scharf kritisiert, weil diese die Armee durch ihr Schweigen zu den Forderungen der Anhänger in eine fatale Lage gebracht habe.

    Sturm auf Regierungsgebäude in Brasilien: Unklare Rolle der Militärpolizei

    Die Rolle der Militärpolizei ist auf den ersten Blick nicht eindeutig zu bewerten. Einerseits ging die Polizei in Brasilia mit Tränengas gegen die Randalierer vor, andererseits gab es Videos, die zeigten, wie Polizisten teilnahmslos den Angriff der Bolsonaro-Anhänger geschehen ließen. Journalisten berichteten über gewalttätige Attacken von Bolsonaro-Anhängern, die versuchten, den Sturm auf die Institutionen zu dokumentieren.

    Anhänger des Ex-Präsidenten Bolsonaro durchsuchten Büros.
    Anhänger des Ex-Präsidenten Bolsonaro durchsuchten Büros. Foto: Eraldo Peres, dpa

    Unklar ist auch, welche Rolle der neue Verteidigungsminister José Múcio Monteiro spielt, der erst seit wenigen Tagen im Amt ist. Die Tageszeitung O Globo forderte von ihm ebenso wie vom Gouverneur von Brasilia Erklärungen, wie es zu diesem Szenario kommen konnte. Verteidigungsminister Múcio Monteiro habe sich demnach noch wenige Tage zuvor für einen Annäherungskurs entschieden und die Pro-Bolsonaro-Aktionen als Akte der Demokratie bezeichnet.

    Brasiliens Präsident Lula da Silva, der sich am Wochenende nicht in Brasilia aufhielt, sagte nach dem Strum auf die Regierungsgebäude: "Das war Barbarei Das waren Faschisten. Sie müssen gefunden und bestraft werden." Er rief sein Kabinett zu einer Sondersitzung zusammen, um die Geschehnisse zu besprechen. Unklar ist, wie die neu gewählte Regierung auf den Versuch, die Institutionen zu besetzen, reagieren wird. Kolumbiens linksgerichteter Präsident Gustavo Petro forderte noch am Sonntagabend eine Sondersitzung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), um über die Vorfälle in Brasilia zu sprechen.

    Wie geht es weiter mit Jair Bolsonaro?

    Klar ist allerdings seit dem Sonntag, dass die politische Spaltung im Land weitaus tiefer und schärfer ist, als das viele geglaubt haben. Die hartnäckige Ablehnung und das Misstrauen gegen den neuen Präsidenten Lula da Silva, der Brasilien schon einmal von 2003 bis 2011 regierte, speist sich aus zahlreichen Korruptionsfällen, die die brasilianische Politik in den vergangenen beiden Jahrzehnten erschütterte.

    Bolsonaro verurteilte den Angriff seiner radikalen Anhänger auf das Regierungsviertel. "Friedliche Demonstrationen sind Teil der Demokratie. Plünderungen und Überfälle auf öffentliche Gebäude, wie sie heute stattgefunden haben, fallen jedoch nicht darunter", schrieb der rechte Ex-Staatschef auf Twitter. "Während meiner gesamten Amtszeit habe ich mich stets an die Verfassung gehalten und die Gesetze, die Demokratie, die Transparenz und unsere heilige Freiheit geachtet und verteidigt."

    Die "Bolsonaristas" drangen auf das Gelände des Parlaments ein.
    Die "Bolsonaristas" drangen auf das Gelände des Parlaments ein. Foto: Eraldo Peres, dpa

    Für den Bolsonarismus dürften die Ereignisse allerdings auch so etwas wie der Anfang vom Ende seiner vierjährigen Epoche bedeuten. Unkommentiert zuzulassen, dass die demokratischen Institutionen des Landes von den eigenen Anhängern gestürmt werden, hat auch die brasilianische Mitte nachhaltig geschockt und erschreckt. Die Ereignisse dürften umfangreiche Ermittlungen nach sich ziehen. Sollte sich herausstellen, dass der Bolsonaro-Clan hinter den Kulissen die Unruhen gesteuert haben soll, dürfte ihm der Prozess gemacht werden. Wenn er denn überhaupt aus den USA zurückkehren sollte.

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