Zwei der drei unabhängigen Missbrauchsbeauftragten des katholischen Bistums Augsburg treten zum 30. April zurück. Sie sähen keine Basis mehr für eine weitere Zusammenarbeit im Sinne der Betroffenen, sagten Angelika Hauser und Rupert Membarth – beide Diplom-Psychologen und Psychologische Psychotherapeuten – unserer Redaktion.
"Leider habe ich bis heute nicht erkennen können, dass die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Augsburg, die Bischof Bertram einmal als seine ,Herzensangelegenheit’ bezeichnete, mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und echtem Aufklärungswillen betrieben wird", heißt es in einem Schreiben Hausers an die Bistumsleitung, das unserer Redaktion vorliegt. In einem Schreiben Membarths heißt es: "Ich kann kein engagiertes Bemühen der Diözesanleitung erkennen, proaktiv vergangene und gegenwärtige Fälle sexualisierter Gewalt aufzuarbeiten".
Die beiden Missbrauchsbeauftragten übten intern wie öffentlich Kritik
Hauser und Membarth waren Anfang September 2022 als neue Missbrauchsbeauftragte vorgestellt worden. Nach der Interventionsordnung der deutschen Bischöfe werden Ansprechpersonen vom Diözesanbischof für zunächst maximal drei Jahre beauftragt. In den vergangenen gut anderthalb Jahren berieten Hauser und Membarth nach eigenen Angaben insgesamt etwa knapp 20 Betroffene. Zu ihren Aufgaben gehörte es, Hinweise auf Missbrauchsfälle anzunehmen, eine erste Bewertung ihrer Plausibilität vorzunehmen und Betroffene über Hilfestellungen zu informieren.
Hauser und Membarth übten bistumsintern Kritik am aus ihrer Sicht mangelhaften Umgang mit Missbrauchsfällen. Öffentlich kritisierte Hauser im vergangenen August die "Lippenbekenntnisse der Diözesanspitzen ohne handelnde Folgen". In einem Fall habe sie den Versuch einer kircheninternen Vertuschung feststellen müssen. Demnach habe ein beschuldigter Kleriker sein Teilgeständnis unter der Hand mit seinem Opfer finanziell regeln wollen, und das unter Billigung der Diözesanspitzen. Das Bistum erklärte damals, der Vorwurf des Versuchs "einer kircheninternen Vertuschung" gehe ins Leere.
Membarth kritisierte im November die Missbrauchsstudie, die für das Bistum von Forschenden der Ludwig-Maximilians-Universität München begonnen wurde, als unzureichend. Es sei zwar – wie beabsichtigt – sehr wichtig, die psychischen Folgen von sexueller Gewalt zu untersuchen. Gleichzeitig müsse aber "eine Transparenz über vergangenes Fehlverhalten von Tätern und Verantwortlichen in der Diözese Augsburg hergestellt werden". Er forderte die Nennung von Namen, auch der von Bischöfen.
"Den Vorhalt, dem Bistum Augsburg würde es an echtem proaktiven Aufklärungswillen mangeln, weisen wir entschieden zurück"
Das Bistum Augsburg sprach am Dienstag auf Anfrage von einem "überraschenden Schritt" der Missbrauchsbeauftragten und erklärte: "Das Bistum Augsburg bedauert den Rücktritt von Frau Hauser und Herrn Membarth und dankt ihnen für die bisher geleistete, außerordentlich anspruchsvolle Arbeit." Zugleich bedauere man, "dass keine vorherigen klärenden Gespräche geführt werden konnten". Weiter erklärte es: "Den Vorhalt, dem Bistum Augsburg würde es an echtem proaktiven Aufklärungswillen mangeln, weisen wir allerdings entschieden zurück." Jeder Einzelfall werde von den verantwortlich handelnden Personen "sehr ernst genommen und akribisch bearbeitet". Gegen den Vorhalt spreche nicht zuletzt das aktuelle unabhängige Aufklärungsprojekt – die Missbrauchsstudie für das Bistum.
Der dritte Missbrauchsbeauftragte, der Jurist Andreas Hatzung, sagte unserer Redaktion: "Ich bedauere die Rücktritte von Angelika Hauser und Rupert Membarth, kann ihre Kritik im Wesentlichen aber nachvollziehen. Ich sehe mich dennoch weiter in der Lage, meine Aufgabe als unabhängige Ansprechperson auszuüben."