Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Billionenpaket: Was bringt die Reform für Löhne, Renten und Verbraucher in Deutschland wirklich?

Finanzen

Löhne, Renten, Aktien: Wer hat was vom Billionenpaket?

    • |
    • |
    • |
    Baustelle Deutschland: Der Bundestag hat den Weg frei gemacht für ein riesiges Konjunkturprogramm.
    Baustelle Deutschland: Der Bundestag hat den Weg frei gemacht für ein riesiges Konjunkturprogramm. Foto: Joerg Carstensen, dpa

    Die Summen sind schwindelerregend – und die Folgen der neuen Schuldenpolitik bisher allenfalls in Umrissen erkennbar. Am Dienstag hat der Bundestag mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit eine Kreditlinie von 500 Milliarden Euro für die Sanierung der Infrastruktur und den Klimaschutz sowie nahezu unbegrenzte Ausgaben für die Bundeswehr und die nationale Sicherheit beschlossen. Was aber kommt von den Plänen der Koalition am Ende bei den Bürgerinnen und Bürgern an? Und wo zahlen sie die Zeche für das Billionenpaket?  

    1

    Zinsen und Aktien

    Hohe Schulden führen schnell zu einer höheren Inflation, also höheren Preisen – und damit letztlich auch zu höheren Zinsen. Die Bauzinsen zum Beispiel sind in den vergangenen beiden Wochen zum Leidwesen vieler potenzieller Häuslebauer und Wohnungskäufer bereits kräftig gestiegen. Dass der Bund satte dreistellige Milliardenbeträge in die Verteidigung stecken kann, dürfte sich auch in weiter steigenden Aktienkursen für Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall, Hensoldt oder Renk niederschlagen. Von den 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur könnten unter anderem Unternehmen aus der Bauwirtschaft wie die Baukonzerne Hochtief und Bilfinger & Berger oder der Baustoffkonzern Heidelberg Materials profitieren. In Erwartung des staatlichen Geldregens und entsprechender Aufträge fließt bereits jetzt viel Kapital in Werte der zweiten und dritten Börsenliga, den MDax und den SDax, deren Geschäft stärker auf Deutschland ausgerichtet ist als das der großen Dax-Konzerne.  

    2

    Gastronomen und Gäste

    Die Mehrwertsteuer auf Speisen soll von 19 Prozent auf sieben Prozent sinken. Ein Restaurantbesuch aber wird deswegen nicht zwingend billiger. „Die Kostenexplosionen der letzten Jahre und die Umsatzverluste in 2024 haben viele Betriebe hart getroffen“, sagt Ingrid Hartges, die Hauptgeschäftsführerin des Branchenverbandes Dehoga. Da im neuen Jahr der Mindestlohn von 12,82 auf 15 Euro steigen soll, stehen vielen Gastronomen zusätzliche Kosten ins Haus. Dem Fiskus entgehen durch die Steuersenkung nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung gut vier Milliarden Euro im Jahr.

    3

    Rentner und Beitragszahler

    Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben, dürfen auf eine kleine Rentenerhöhung hoffen. Anstelle der bislang zweieinhalb Versicherungsjahre sollen auch ihnen jetzt drei Versicherungsjahre pro Kind gutgeschrieben werden. Stand heute wären das knapp 20 Euro mehr Rente pro Kind und Monat.  Voraussichtliche Kosten: Fünf Milliarden Euro jährlich. Außerdem versprechen Union und SPD, das Rentenniveau zu stabilisieren. Erkauft wird das unter anderem mit höheren Beiträgen für die Beschäftigten und ihre Arbeitgeber: Nach ersten Berechnungen der Rentenkassen steigt der Beitragssatz von gegenwärtig 18,6 Prozent bis zum Jahr 2040 auf 22,9 Prozent. Das ist deutlich mehr als die bislang geplanten 21,4 Prozent. Für einen Beschäftigten mit 4000 Euro brutto im Monat heißt das: Er zahlt im Jahr 2040 knapp 90 Euro mehr im Monat als heute. Arbeitet ein Beschäftigter über das Rentenalter hinaus, soll er künftig bis zu 2000 Euro steuerfrei zu seiner Rente dazuverdienen können.

    4

    Löhne und Gehälter

    Wirklich konkret sind die künftigen Koalitionäre hier noch nicht geworden. In ihrem Sondierungspapier versprechen sie nur ganz allgemein: „Wir werden die breite Mittelschicht durch eine Einkommenssteuerreform entlasten und die Pendlerpauschale erhöhen.“ Im Gespräch sind höhere Grund- und Kinderfreifreibeträge sowie eine Entschärfung der Steuerprogression. Der Spitzensteuersatz würde bei einem Alleinstehenden danach nicht schon ab einem zu versteuernden Einkommen von 63.000 Euro einsetzen, sondern erst ab 80.000 oder 90.000 Euro. Etwa neun Millionen Beschäftigte würden überdies von einer Erhöhung des Mindestlohns profitieren. Je nach Familienstand und Steuerklasse kann das bei einem Vollzeitjob mehrere Hundert Euro netto im Monat ausmachen. Zuschläge für Überstunden sollen künftig steuerfrei sein.

    5

    Strom und Heizung

    Eine Senkung der Stromsteuer und halbierte Netzentgelte sollen die Stromkosten um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde reduzieren. Ein Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden würde so um 200 Euro im Jahr entlastet. Haushalte mit Gasheizung müssen sich dagegen auf höhere Kosten einstellen – sowohl die Netzgebühren als auch die Großhandelspreise sind zuletzt wieder gestiegen. Unklar ist noch, was aus dem umstrittenen Heizungsgesetz der Ampel wird, mit dessen Hilfe Gas- und Ölheizungen schrittweise abgeschafft werden sollen.  

    Diskutieren Sie mit
    6 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    Die reine Lehre sagt: eine höhere Nachfrage nach Gütern (mit der wohl zu rechnen ist) führt zu einem höheren Angebot und höheren Preisen. Wir werden es ggfs. sehen.

    |
    Helmut Eimiller

    Da sich der Produktionsfaktor Arbeit nicht oder zumindest nicht ohne große Zeitverzögerung der gestiegenen Nachfrage mengenmäßig anpassen lässt, werden die ersten Jahre eher von Preissteigerungen geprägt sein. (Der Einbau von Wärmepumpen z. B. ist schon heute u. a. „wegen zu wenige Handwerker auf dem deutschen Markt“ bei uns sehr viel teurer als in anderen EU-Ländern.)

    Klaus Axmacher

    Ja, der gemeine Bürger sollte sich sehr genau anschauen was die neue Regierung da so plant und entsprechend handeln. Aktien von Rüstungskonzern und Baufirmen kaufen oder lieber in hochverzinsliche Staatsanleihen investieren? Die Banken spekulieren bereits auf ordentlich steigende Zinssätze. Bei 500 Milliarden Kreditaufnahme kommt da schon was zusammen. Wäre doch gelacht wenn es da nicht zu profitieren gäbe...

    Helmut Eimiller

    „Und wo zahlen Bürgerinnen und Bürger die Zeche für das Billionenpaket?“ Die Zeche werden insbesondere meine Enkelkinder zu bezahlen haben, und das nur, weil Merz unbedingt – quasi als Altlehrling – ins Kanzleramt einziehen will. Ist das gerecht? (Ich bin ja kein Linker, aber Sören Pellmanns Rede gefiel mir am besten.)

    Josef Höck

    Wer hat denn bei dieser aufgelösten Bundesregierung und diesen Möchte-gern-Kanzler etwas anderes erwartet?

    Helmut Eimiller

    Gerade wurde in Badische Neueste Nachrichten (BNN) unter der Überschrift „Die Schuldenbremse war nicht das Problem …“ ein Interview mit dem Haushalts-Staatssekretär von Christian Lindner veröffentlicht. Dieser sieht die Gefahrenlage so ähnlich wie ich (vgl. meine Antwort von gestern an Herrn Wolfgang Boeldt), wenn er befürchtet, dass „wegen der knappen Kapazitäten real nicht mehr bei rumkommt. Ich bekomme dann gleich viele Panzer, die aber teurer sind. Ich repariere die gleiche Strecke an Straße, muss aber mehr bezahlen.“ Weiter: „Das knappe Angebot etwa am Arbeitsmarkt kann dazu führen, dass der Staat zwar mehr investiert, die Privaten dafür aber weniger investieren können. Der Bauunternehmer kann entweder eine öffentliche Straße sanieren oder sein Personal eine Fabrik bauen lassen.“

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden