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Bildungspolitik: Gute Laune, unangenehme Fragen: Stark-Watzinger präsentiert Fördergeld-Programm

Bildungspolitik

Gute Laune, unangenehme Fragen: Stark-Watzinger präsentiert Fördergeld-Programm

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    Steht in der sogenannten Fördergeld-Affäre unter Druck: Bildungsministerin Stark-Watzinger.
    Steht in der sogenannten Fördergeld-Affäre unter Druck: Bildungsministerin Stark-Watzinger. Foto: Kay Nietfeld, dpa (Archivbild)

    Es ist kurz nach halb elf, als Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sich in der Regionalen Schule am Lindetal nahe Neubrandenburg zeigt. Es sei ihr eine Freude, betont sie, lächelt, nickt, schüttelt Hände. Sie ist ganz in Schwarz gekleidet, ihre Füße stecken in Ballerinas mit Leoparden-Optik. Schnurstracks geht es dann nach drinnen, vorbei an einem bunten Banner, das den Grund für ihren Besuch abbildet: Die Ministerin ist für das Startchancen-Programm angereist. Es ist das bisher größte Bildungsprogramm der Bundesrepublik. Rund 4.000 Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler sollen in ganz Deutschland mit Fördergeldern unterstützt werden. Bund und Länder investieren zusammen rund 20 Milliarden Euro in zehn Jahren.

    2.000 davon beginnen diesen Sommer, eine davon ist die Schule, durch die sich Stark-Watzinger und Landesbildungsministerin Simone Oldenburg nun von zwei Schülerinnen der neunten Klasse führen lassen. Es wirkt modern: Die Wände sind in Weiß und hellem Grün gehalten, ein 3D-Drucker ist vorhanden, ebenso moderne Computer- und Werkräume. Dass ausgerechnet diese Schule ausgewählt wurde, liegt jedoch an den Kriterien: Der Anteil der armutsgefährdeten Minderjährigen spielt dabei eine Rolle, ebenso wie der Anteil mit Migrationshintergrund. Hier gibt es viele Kinder, die aus einkommensschwachen Familien kommen.

    Die Ministerin steht wegen der „Fördergeldaffäre“ unter Druck

    Für Stark-Watzinger ist es ein wichtiger Termin. Seit Wochen steht die Bildungsministerin unter hohem Druck: Ihr wird vorgeworfen, die sogenannte „Fördergeldaffäre“ unter den Teppich gekehrt zu haben. Dabei geht es um den zweifelhaften Umgang des Ministeriums mit einem offenen Brief zu einer Protestaktion zum Nah-Ost-Konflikt. Propalästinensische Studierende hatten zeitweilig die FU Berlin besetzt und bis die Polizei das teils verwüstete Gebäude räumte. Hochschullehrende kritisierten zum Missfallen Stark-Watzingers und ihres Ministeriums den Einsatz der Polizei. Das ging so weit, dass man im Ministerium prüfen wollte, ob man bestimmten Hochschullehrenden die Fördermittel streichen könne, wie NDR-Recherchen zeigten. Das ist jedoch laut Ansicht von Kritikern ein unzulässiger Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit..

    Es geht durch die Musikräume. Was eine der Schülerinnen denn für ein Instrument spiele, fragt Stark-Watzinger. Die Schülerin spielt keins. „Die erste Geige“, scherzt Stark-Watzinger. Auf dem Sportplatz spielen Schüler ein Spiel in zwei Teams. „Super!“, ruft die Ministerin. Alle paar Sekunden klatscht sie in die Hände. Beim nächsten Spiel teilen die beiden Ministerinnen sich auf. Stark-Watzingers Team verliert - knapp. Die Bildungsministerin zeigt sich bedauernd. „Aber super gemacht“, betont sie.

    Der Sieg kann Stark-Watzinger durchaus angerechnet werden

    Das Wort „super“ sagt sie an diesem Tag oft. An allen Stationen heißt es: super, danke, schöne Ferien. Die Ministerin gibt sich interessiert, versucht, alles zu verstehen. Es ist ihr Prestige-Projekt – das langfristigste Projekt, dass das Bildungsministerium bisher auf den Weg gebracht hat. Stark-Watzinger wirkt erleichtert, dass es geklappt hat – deutlich später als geplant. Erstmals können die Schulen auch selbst entscheiden, was mit dem Geld passieren soll. Oldenburg betont, das Programm ziele darauf ab, dass Schullaufbahnen unabhängiger vom Elternhaus erfolgen könnten. Es ist ein Sieg, der Stark-Watzinger durchaus angerechnet werden kann.

    Ganz echt wirkt ihr Lächeln an mancher Stelle trotzdem nicht. Noch immer bleibt die Ministerin dabei, von den Vorgängen in ihrem Haus lange nichts gewusst zu haben. Gekündigt wurde zunächst der Staatssekretärin Sabine Döring, die die Prüfung der Fördermittelstreichung angeblich missverständlich beauftragt und anschließend gestoppt haben soll. Dass es jetzt ruhiger wird, ist nicht zu erwarten. Die Union hat der Regierung einen dicken Fragenkatalog übermittelt. Die bisher schweigepflichtige Ex-Staatssekretärin zieht vor Gericht, um eine Aussagegenehmigung zu erreichen.

    Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet

    In Neubrandenburg ist an diesem Tag noch alles gut. Ein paar Schüler wollen Fotos mit der Ministerin machen, Stark-Watzinger lässt sie. „Ich finde, Kinder sind immer super“, erklärt sie. Kinder hätten so eine Neugier und Lust auf Zukunft. Und hier werde ja auch Zukunft gemacht. „Deswegen ist das doch super“, resümiert sie. Sie erwähnt auch, dass das Projekt wissenschaftlich begleitet werde. „Damit wir was lernen“, sagt sie heiter. Auf die Frage, wie sie sich angesichts der Fördergeld-Affäre aktuell fühle, geht sie kaum ein. Man kläre auf und wolle Transparenz herstellen, das sei ganz wichtig. Das Banner im Hintergrund kippt wenige Minuten nach der Konferenz um.

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