Nach dem Umsturz in Syrien stellt Außenministerin Annalena Baerbock der von Rebellen gebildeten Übergangsregierung Bedingungen für eine Neuaufnahme der Beziehungen zu Deutschland und der Europäischen Union. „Ein politischer Neuanfang zwischen Europa und Syrien, zwischen Deutschland und Syrien ist möglich“, erklärte die Grünen-Politikerin, die am Morgen zu einem unangekündigten Besuch in Damaskus ankam. Voraussetzung sei aber, dass allen Syrern, Frauen wie Männern, gleich welcher ethnischen oder religiösen Gruppe, ein Platz im politischen Prozess eingeräumt, Rechte gewährt und Schutz geboten werde.
In Syrien will Baerbock rund vier Wochen nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad zusammen mit ihrem französischen Amtskollegen Jean-Noël Barrot und im Auftrag der EU Gespräche mit Vertretern der Übergangsregierung führen. De-facto-Herrscher Ahmed al-Scharaa ist Anführer der islamistischen Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) und war zuvor bekannt unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dscholani.
Die Außenministerin war morgens von Zypern aus nach Damaskus geflogen. Barrot hatte mit Verteidigungsminister Sébastien Lecornu im nicht weit entfernten Libanon mit den dort stationierten französischen Soldaten der UN-Beobachtermission Unifil den Jahreswechsel gefeiert. Baerbock und Barrot sind die ersten EU-Außenminister, die Syrien seit Assads Sturz besuchen.
In Syrien angekommen, besichtigte Baerbock das berüchtigte Foltergefängnis Saidnaja. Gemeinsam mit ihrem französischen Amtskollegen Barrot ließ sie sich von Vertretern der syrischen Zivilschutzorganisation Weißhelme über die Zustände in dem Gefängnis nahe der Hauptstadt Damaskus informieren.
Saidnaja gilt als das wohl berüchtigtste Militärgefängnis aus der Zeit des Langzeitmachthabers Baschar al-Assad. Im Volksmund wurde es nur das „Schlachthaus“ genannt. Seit 2011 haben Menschenrechtler dort systematische Massenhinrichtungen, Folter und das Verschwinden von Tausenden Gefangenen dokumentiert. Amnesty International kam nach Interviews mit Ex-Häftlingen, Sicherheitsleuten, Richtern sowie Anwälten und Experten zu dem Schluss, dass in Saidnaja unter Anweisung der Assad-Regierung Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangenen wurden.
Baerbock fordert in Syrien Schutz von Frauen und Minderheiten
Baerbock sagte, Rechte von Frauen und Minderheiten müssten gewahrt werden und dürften „nicht möglicherweise durch zu lange Fristen bis zu Wahlen oder auch Schritte zur Islamisierung des Justiz- oder Bildungssystems unterlaufen werden“.
Al-Scharaa hatte kürzlich gesagt, bis zur Vorlage eines neuen Verfassungs-Entwurfs könnten rund drei Jahre und bis zu Wahlen ein weiteres Jahr vergehen. Das arabische Land ist nach mehr als zehn Jahren Bürgerkrieg zersplittert und konfessionell gespalten. Auch nach dem Sturz Assads kämpfen verfeindete Milizen um die Macht.
Baerbock sagte, man wolle Syrien bei einem friedlichen Machtübergang, der Versöhnung der Gesellschaft und beim Wiederaufbau unterstützen - zusätzlich zur humanitären Hilfe, die für die Menschen in Syrien auch in den vergangenen Jahren geleistet worden sei.
Einen Neuanfang könne es nur geben, wenn die Vergangenheit aufgearbeitet und Gerechtigkeit hergestellt werde sowie Racheakte an Bevölkerungsgruppen ausblieben, forderte Baerbock. Extremismus und radikale Gruppen dürften keinen Platz haben.
Die Vergangenheit der syrischen HTS-Rebellen sorgt für Skepsis
„Wir wissen, wo die HTS ideologisch herkommt, was sie in der Vergangenheit getan hat“, sagte Baerbock. Man sehe aber auch den Wunsch nach Mäßigung und Verständigung mit anderen wichtigen Akteuren. So sei die Aufnahme von Gesprächen mit den kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) ein wichtiges Zeichen in diese Richtung.
HTS ging aus der Al-Nusra-Front hervor, einem Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Al-Scharaa hatte sich von Al-Kaida und der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) losgesagt. Bis heute gibt es aber Berichte, denen zufolge die HTS-Führung den Kontakt zu Al-Kaida hält.
Grünen-Außenministerin Baerbock: Werden HTS an ihren Taten messen
Angesichts dessen sagte Baerbock: „Wir werden die HTS weiter an ihren Taten messen. Bei aller Skepsis dürfen wir jetzt nicht die Chance verstreichen lassen, die Menschen in Syrien an diesem wichtigen Scheideweg zu unterstützen.“
Deutschland setze sich zudem dafür ein, dass der innersyrische Prozess nicht von außen gestört werde, erklärte die Bundesaußenministerin. Dazu gehöre auch die Achtung der Souveränität und territorialen Integrität durch alle Nachbarstaaten, ergänzte sie offensichtlich mit Blick auf die Türkei und Israel, denen vorgehalten wird, eigene Interessen in Syrien zu verfolgen. Es sei zudem Zeit für Russland, seine Militärbasen in Syrien zu verlassen. Moskau war jahrelang einer der wichtigsten Verbündeten Assads.
Mehr als 16 Millionen Syrer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen
Syrien ist nach bald 14 Jahren Bürgerkrieg in weiten Teilen zerstört und durch Landminen und andere Kampfmittel verseucht. Dem Land fehlen Arbeits- und Fachkräfte, die Wirtschaft schrumpft und die Währung hat seit 2020 mehr als 90 Prozent ihres Werts verloren. Die Versorgung mit öffentlichen Diensten ist zusammengebrochen. Mehr als 16 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Bei Baerbocks Gesprächen in Damaskus dürfte es auch um die von der Übergangsregierung befürwortete Rückkehr syrischer Flüchtlinge aus Deutschland gehen. Derzeit leben laut Bundesinnenministerium rund 975.000 Syrer in Deutschland. Die meisten kamen seit 2015 infolge des Bürgerkriegs ins Land. (Von Jörg Blank und Johannes Sadek, dpa)
All die märchenhaften Vorstellungen für das kommende Syrien, von gleichberechtigter Teilhabe aller relevanten gesellschaftlichen Gruppen, haben wir in der Vergangenheit beispielsweise in Afghanistan und im sog. arabischen Frühling fast gleichlautend gehört. Das Ergebnis, resp. die Ergebnisse sind hinlänglich bekannt. Bin gespannt, ob und wie sich die ethnischen und religiösen Gruppen zusammenfinden, wie sich ein Mindestmass an Toleranz und Gleichberechtigung realisieren lässt. Und vorallem wie sich die vielen auf Einfluss drängenden fremden Mächte in den Spielchen um Macht, wirtschaftlichen und militärischen Interessen zurückhalten.
Ratschläge sind jetzt nicht gefragt. Gefragt sind schnelle Handlungen. Dazu gehört die umgehende Aufnahme von diplomatischen Beziehungen.
Es wäre eher die Aufgabe wieder normale diplomatische Beziehungen mit Syrien aufzubauen alst gleich mit Forderungen aufzutrumpfen. Syrien wird ein moslemisch konservatives Land werden und damit kaum deu Vorstellungen für ein Staatswesen voll entsprechen. Die Wiederherstellungen normaler Beziehungen böte auch den Vorteil die Rückführung von in DEU geduldeten Personen beginnen zu können.
Wie es in Syrien weiter geht ist mir nach dem verweigerten Handschlag durch den momentanen syrischen Machthaber klar... Einer Frau kann man ja nicht die Hände schütteln -.- Wobei Ihr Outfit auch dem Anlass unangemessen war. Wobei das nur am Rande bemerkt sei.
Die Blaupause(n) für Syrien liegt doch auf dem Tisch. Afghanistan, Irak, Tunesien - irgendwo dazwischen wird sich Syrien vermutlich hin entwickeln. Die auf dem Papier stehen "Werte" der EU werden sie höchstens punktuell erfüllen.
Sie sind doch sonst immer so gut informiert, dann sollten Sie schon den Unterschied zwischen den Zuständen in Afghanistan und dem Leben in Tunesien wahrnehmen. Beide sind muslimische Länder, beide sind nicht ein Muster der Demokratie, aber ein ziemlicher Unterschied ist schon erkennbar. Aber man wirft halt gerne alles in einen Topf.
Vielleicht sollte man sich informieren bevor man überraschend in ein Land reist das seit drei Wochen frei ist von ihren Diktator.. Ich bin erschrocken als Baerbock zu sprechen begonnen hat, ihre hetzerische, arrogante Art ist entsetzlich, und hilft niemanden, den Frauen in diesen Land nicht, die Frauen wollen mehr Rechte, Modern und Mitbestimmen. Das heißt nicht Kopftuch ablegen oder gegen ihre Männer sein, syrische Frauen sind sehr in ihrem Glauben, Kultur verwurzelt. Ich wünsche mir dass diese Art der Kommunikation aufhört, wir fordern gegen viel Geld unsere Werte ein. An deutschen Wesen muss die Welt genesen. Ich wünsche mir dass in der nächsten Koalition Männer und Frauen sind die sich Weltgewand bewegen und nicht ideologisch, feministisch verhalten. Menschen mit Bildung, Intellekt haben zugleich Wissen und werden deshalb auch mehr respektiert. Weshalb führen Germany, Frankreich im Namen der EU in Syrien Gespräche und bekommen aus Deutschland 60 Millionen und Frankreich ???
Ich glaube nicht, dass Baerbock eingefordert hat, dass das Kopftuch wegkommt und die Frauen gegen ihre Männer aufbegehren. Aber man darf durchaus klarmachen, dass man Zustände wie in Afghanistan nicht subventionieren würde. Und das ist gut so. Ich bin sicher, Baerbock wurde sehr gut verstanden in Syrien. Wenn Sie mit Menschen mit "Intellekt und Bildung" Ihre Favoriten von der AfD meinen – da sollte man nochmal genauer draufschauen. Eine gute Bildung hat auch Menschen des rechtsextremistischen Spektrums nicht davon abgehalten, ins rassistische Lager abzudriften.
"Baerbock muss in Damaskus auf Handschlag verzichten"............................................................................................... Das ist dann wohl ihre feministische Aussenpolitik, von der sie uns immer erzählt!!
Das musste ja kommen von Ihnen – nichts anderes habe ich erwartet. Vielleicht nehmen Sie einfach zur Kenntnis, dass dies in einem muslimischen Land keine Unhöflichkeit ist, sondern durchaus üblich ist. Die Toleranz gebietet, dies zu akzeptieren. Aber Toleranz ist für Sie ja eh ein No-Go. Immer schön das Haar in der Suppe finden ...
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