Das Europaparlament hat am Donnerstag mit überwältigender Mehrheit den neuen Gesetzen für mehr Schutz beim Online-Shopping, beim Haustürgeschäft und beim Telefonieren mit Kundendiensten zu. Der scharf kritisierte Flickenteppich aus Verbraucherrechten - mit verschiedenen Gesetzen von Land zu Land - soll damit geglättet werden. Die Verhandlungen über die Gesetze dauerten drei Jahre.
In Zukunft gilt überall in der EU ein Widerrufsrecht von 14 Tagen, gleich ob im Internet oder an der Haustür eingekauft wird. Bestellt zum Beispiel ein Verbraucher in Deutschland über das Internet Ware in Italien, darf er sie zwei Wochen lang umsonst zurückgeben. Das gilt auch für ebay-Auktionen. Während Privatverkäufer von dieser Reglung ausgenommen sind, deckt das Widerrufsrecht künftig alle Internet-Auktionen professioneller Unternehmen ab.
Das gilt auch für die nächste "Tupper-Party": In Deutschland gab es bisher kein Widerrufsrecht bei bestellten Besuchen in die eigene Wohnung. Mit dem neuen EU-weiten Verbraucherrecht ändert sich das. Ein einheitliches Musterformular soll im Internet abrufbar sein.
Aber es gibt auch Nachteile für deutsche Verbraucher: Informiert der Händler beim Kauf nicht über das Widerrufsrecht, verlängert es sich künftig automatisch auf 12 Monate. Aus EU-Sicht ein Vorteil. In Deutschland galt unter diesen Umständen aber bisher ein ewiges Recht auf Rückgabe. "Unterm Strich werden Verbraucher in Deutschland aber besser dastehen", sagte der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab.
Mit dubiosen Geschäftspraktiken im Internet soll Schluss sein: Verbraucher müssen künftig bei der Bestellung im Netz ein kostenpflichtiges Angebot aktiv per Klick bestätigen. So soll vermieden werden, dass sie scheinbare Gratis-Angebote teuer bezahlen müssen. "Damit wird Online-Abzockern das Handwerk gelegt", sagte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner in Berlin. "Es ist gelungen, ein Dauerärgernis zu beseitigen, das Verbrauchern nicht nur viel Geld, sondern auch viele Nerven gekostet hat."
Auch die "vorangeklickten Kästchen" verschwinden bei der Buchung von Flug- oder Zugticket im Internet. Wegen Voreinstellungen erwerben Verbraucher bislang häufig kostenpflichtige Reiseversicherungen, ohne dies ausdrücklich bestätigt zu haben.
Viele ärgerliche Hürden, die Verbraucher bisher beim Einkauf in einem anderen EU-Land akzeptieren mussten, fallen weg. So werden Händler verpflichtet, über Lieferbeschränkungen bereits zu Beginn der Bestellung zu informieren. Heute scheitern über 60 Prozent der Online-Einkäufe in der EU daran, dass der Verbraucher in einem Land wohnt, das vom Händler nicht beliefert wird. Denn: Händler, die außerhalb ihrer Heimat Ware verkaufen wollten, mussten bisher ihre Geschäfte aufwendig an das jeweilige nationale Recht anpassen. Die angeglichenen EU-Regeln böten nun Erleichterung, sagte Schwab.
Der Online-Handel ist wachsender Markt: 60 Prozent der Verbraucher bezogen nach Eurostat-Angaben 2010 Waren oder Dienstleistungen aus dem Netz. 2004 waren es gerade einmal 20 Prozent.
Kein böses Erwachen beim Blick auf die Telefonrechnung: Auch das versprechen die neuen Verbrauchergesetze. Wer mit dem Kundendienst telefoniert, zahlt in Zukunft nur den Ortstarif - auch wenn der Händler eine teuere Telefonhotline zwischengeschaltete hat.
Gelten sollen die Gesetze von 2013 an. Die Zustimmung des Rats gilt als Formsache. Den ersten Vorschlag für EU-weite Rechte für Verbraucher hatte die EU-Kommission 2008 vorgelegt. Doch war die Angleichung - im EU-Jargon "Vollharmonisierung" - höchst umstritten unter einigen Ländern: Sie fürchteten, ihre besonders hohen Schutzrechte absenken zu müssen. Bislang hatte die EU mit Blick auf die Verbraucher nur Mindeststandards für die Länder festgelegt.
Einiges bleibt aber wie gehabt, weil sich die EU-Länder nicht auf einen Kompromiss einigen konnten. Beispiel Garantien: Während Verbraucher in Deutschland auf Elektrogeräte eine zweijährige Garantie bekommen, gibt es in Schweden und Finnland zehn Jahre. Das wird auch so bleiben - einheitliche Garantien. (dpa)