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Elterngeld und mehr Zeit für die Familie: Neue Väter hat das Land

Beruf und Familie

Neue Väter hat das Land

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    Immer mehr Väter wünschen sich mehr Zeit für die Familie.
    Immer mehr Väter wünschen sich mehr Zeit für die Familie. Foto: Marco Rauch, dpa (Symbolbild)

    Es wehte ein Hauch von Neuland durch das Haus der bayerischen Wirtschaft in München. "Wenn ich so eine Veranstaltung vor 20 Jahren vorgeschlagen hätte, man hätte mich für einen Irren gehalten", sagte der Geschäftsführer der Vereinigung der bayerischen

    "Zeit für Väter" lautete das Motto der Jahrestagung der Initiative der Bayerischen Staatsregierung, der IHK Bayern, des bayerischen Handwerkstags und der vbw. Rund 1300 teilnehmende Arbeitgeber unterstützt der Familienpakt dabei, Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu entwickeln und umzusetzen. Und weil trotz eines sich wandelnden Rollenverständnisses und politischer Maßnahmen wie dem Elterngeld noch immer Mütter die Hauptlast der familiären Verpflichtungen tragen, rückte der Familienpakt die Männer in den Vordergrund. 

    Elterngeld wird von Vätern gut angenommen – aber noch nicht so wie erhofft

    "Neue Väter braucht das Land!", forderte die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen zur Einführung des Elterngeldes vor 17 Jahren. Und neue Väter hat das Land auch bekommen. Lag der Anteil der Väter, die das Elterngeld in Anspruch nehmen, in den Jahren nach der Einführung noch bei knapp über 20 Prozent, sind es mittlerweile deutlich über 40 Prozent. Doch hat sich dabei bis heute vor allem das Modell 12+2 etabliert, dass also Mütter zwölf Monate Elterngeld beziehen und Väter nur zwei. Dass es für eine tatsächlich gemeinschaftliche Aufteilung in den meisten Fällen nicht reicht, liegt vor allem daran, dass die Einkommensschere innerhalb vieler Familien noch zu weit auseinandergeht und es sich schlicht nicht rechnet. 

    Das dürfte sich in Zukunft jedoch ändern, erklärte der Ökonom Wido Geis-Thöne vom Institut der Deutschen Wirtschaft. In den vergangenen 40 Jahren haben Frauen die Männer bei der Quote von Hochschulabschlüssen deutlich überholt. Bei der Gruppe ohne berufsqualifizierenden Abschluss liegen im Gegensatz dazu nun die Männer deutlich vorn. Noch habe das keine Auswirkungen auf den Gehaltsunterschied, weil Männer noch immer überwiegend in den lukrativeren Branchen arbeiteten, doch das werde in zehn Jahren anders sein, prognostiziert der Experte.

    Auf dem Podium (v.r.): Frank Meyer (Airbus), Betram Brossard (vbw), Staatsministerin Ulrike Scharf, Alexander Hagelücken (SZ), Wido Geiß-Thöne (IW) und Thomas Falkenberg (Payback)
    Auf dem Podium (v.r.): Frank Meyer (Airbus), Betram Brossard (vbw), Staatsministerin Ulrike Scharf, Alexander Hagelücken (SZ), Wido Geiß-Thöne (IW) und Thomas Falkenberg (Payback) Foto: Stefan Obermeier

    Bislang aber klaffen Wunsch und Wirklichkeit auseinander, wie die bayerische Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) feststellte. Nach dem Väterreport 2023 des Bundesfamilienministeriums wünschte sich zwar die Hälfte der Väter mehr Betreuungsaufgaben, doch nur ein Fünftel setze diesen Wunsch auch um. "Wir brauchen eine noch größere Kraftanstrengung für einen Bewusstseinswechsel, um Stück für Stück die veralteten Rollenbilder aufzubrechen", sagte Scharf. Tatsächlich zeigt auch der Väterreport eine große Vielfalt an Idealvorstellungen unter Vätern, eine gute Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie ist nach Zahlen des Bundesfamilienministeriums jedoch für 80 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das zentrale Thema in der Familienpolitik. 

    Weil das so ist, haben die Unternehmen kaum eine andere Wahl, als ihren Beschäftigten bessere Angebote zu unterbreiten. Wegen des enormen Fach- und Arbeitskräftemangels befinden sich qualifizierte Arbeitssuchende derzeit in vielen Branchen in einer starken Verhandlungsposition. Viele Firmen richten daher beispielsweise Mini-Kitas ein oder räumen Eltern Privilegien bei der Urlaubsplanung ein. Vor allem aber bieten Arbeitgeber immer flexiblere Arbeitszeitmodelle, die nicht nur kurzfristig Freiraum für familiäre Verpflichtungen schaffen. Beim "Care for Life"-Programm von Airbus beispielsweise können sich Arbeitnehmer über vier Jahre hinweg 75 Prozent ihres Gehalts ausbezahlen lassen, arbeiten dabei aber auch nur drei der vier Jahre. So können sich Beschäftigte beispielsweise ein Jahr der Pflege eines Familienangehörigen widmen, oder ein Jahr länger bei den Kindern zu Hause bleiben. 

    Für Arbeitgeber bedeutet mehr Zeit für die Familie nicht weniger Arbeitszeit

    Wenig überraschend bedeutet mehr Zeit für Väter für die bayerische Wirtschaft nicht weniger Arbeitszeit. Ulrike Scharf bekräftigte ihre Forderung, die tägliche Höchstarbeitszeit abzuschaffen, um mehr Flexibilität zu gestatten. Und Bertram Brossardt, wie jüngst auch Finanzminister Christian Lindner, verlangte mehr Arbeitsstunden der Beschäftigten. Sollten die von Scharf zitierten Prognosen eintreten, dass Deutschland bis 2035 ein Siebtel seiner Arbeitskräfte verliert, und die "Generation Z" ihre angeblich arbeitsscheue Haltung nicht ändert, werden sich Unternehmen damit im Kampf um die besten Talente allerdings schwertun. 

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