Silvio Berlusconi ist 86 Jahre alt. Sein Alter hindert den viermaligen italienischen Ministerpräsidenten aber nicht, auf Plattformen wie TikTok oder Twitter präsent zu sein. "Eccomi", schrieb der viermalige Ministerpräsident in den sozialen Medien, als er am Mittwoch erstmals seit neun Jahren wieder das italienische Parlament, genauer gesagt die hohe Kammer des Senats betrat. "Hier bin ich wieder", bedeutet der Satz und diese Worte treffen es besser als irgendwelche andere. Der vielfach politisch totgesagte, skandalumwitterte Silvio Berlusconi ist wieder zurück in der Politik. Weg war er eigentlich nie.
2013 hatten ihn die Kollegen Senatoren per Votum aus dem Parlament ausgeschlossen. Der Grund war seine letztinstanzliche Verurteilung wegen Steuerbetrugs im Mediaset-Prozess. Es folgten ein Jahr Sozialarbeit im Altenheim bei Mailand, sechs Jahre Ämterverbot. "Meine Feinde beschreiben mich wie einen ausgelaugten Alten, aber ich sterbe nie, nicht einmal, wenn sie mich umbringen", lautete damals Berlusconis viel zitierte Reaktion. 2019, als das Ämterverbot vorzeitig aufgehoben wurde, zog Berlusconi in das EU-Parlament ein. Und nun, im Juli, ließ er zusammen mit der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega die Viel-Parteien-Regierung von Premier Mario Draghi platzen.
Minister wird der 86-jährige Berlusconi nicht mehr
Seine Partei Forza Italia hatte kein Vertrauen mehr in den Premier, dahinter steckte Berlusconis Kalkül. Und es kam, wie der Senior es vorhergesehen hatte. Bei den Neuwahlen gewann die Rechtsallianz um Giorgia Melonis Brüder Italiens, Matteo Salvinis Lega und Forza Italia. Minister wird Berlusconi mit 86 Jahren nicht mehr. Aber ohne ihn sind Meloni und Salvini machtlos. Acht Prozent erreichte seine Partei, 18 Senatoren stellt sie im Senat. Das genügt, um Zünglein an der Waage zu sein und weiterhin ausreichend Einfluss zu nehmen auf Italien, aber auch, wie immer, auf die eigenen Angelegenheiten. "Ich bin der Regisseur", sagte Berlusconi über die Regierungsbildung. Er sei der Garant gegen Populismus und Nationalismus und für Europa und die Verortung Italiens im transatlantischen Bündnis. Aber stimmt das auch?
Es ist nicht respektlos zu behaupten, dass inzwischen auch der Faktor Zeit bei Berlusconi eine Rolle spielt. Er ist lieber früher als später zurück an den Schaltstellen der Macht. Forza Italia hat in der Rechtsregierung aus drei Parteien zweifellos mehr Einfluss als unter Draghi. Am Donnerstag betrat Berlusconi die Senats-Aula zur konstituierenden Sitzung. Der 86-Jährige muss gestützt werden, vor einem Monat stürzte er gefährlich. Bei seinen persönlichen Ambitionen, etwa den Traum, Staatspräsident oder zweiter Mann im Staat, Senatspräsident zu werden, hat er zurückgesteckt. Am Donnerstag wählte der Senat Ignazio La Russa, einen Weggefährten und Parteigänger Giorgia Melonis, zum Präsidenten.
Berlusconi soll das Justizministerium für Forza Italia gefordert haben
Offenbar knirscht es gewaltig bei den Verhandlungen mit der designierten Ministerpräsidentin Meloni. Berlusconi forderte dem Vernehmen nach das Justizministerium und das Ministerium für Wirtschaftliche Entwicklung für Forza Italia sowie einen Kabinettsposten für seine engste politische Vertraute Licia Ronzulli. Im Justizministerium könnte Berlusconi Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen, das Entwicklungsministerium ist auch für Kommunikation zuständig, auch da hat der Medienunternehmer mit seinem Mediaset-Konzern große persönliche Interessen. Auf keine der Forderungen will Meloni eingehen. Immerhin soll wohl der Berlusconi-Mann Antonio Tajani Außenminister werden.
Meloni hat gute Gründe, Berlusconi so wenig Einfluss wie möglich zu lassen. Der viermalige Ministerpräsident ist mehrfach wegen Zeugenbestechung angeklagt. Sechs Jahre Haft fordert etwa die Staatsanwaltschaft Mailand im dritten Ruby-Prozess. Berlusconi soll die bei seinen Bunga-Bunga-Nächten beschäftigten Show-Girls zur Falschaussage bewegt und ihnen im Gegenzug monatliche Zahlungen von 2500 Euro sowie Eigentumswohnungen geschenkt haben. Bis Ende des Jahres wird ein Urteil erwartet, bis zum Ende der Legislaturperiode wird bei einer Verurteilung mit einem letztinstanzlichen Richterspruch gerechnet. Dann hätte auch Melonis noch zu bildende Rechtsregierung ein Problem mit dem Senator Berlusconi.