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Berlin: "Gute Ideen sind gefragt": Kommt jetzt der Energiekrisen-Soli?

Berlin

"Gute Ideen sind gefragt": Kommt jetzt der Energiekrisen-Soli?

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    Christian Lindner steckt in einem Dilemma.
    Christian Lindner steckt in einem Dilemma. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Seit Monaten tobt der Streit, ob es gerecht sein kann, dass der Staat Entlastungen gegen die hohen Energiepreise an alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig vom Einkommen zahlt. Eine Bedürftigkeitsprüfung würde alle Grenzen der Bürokratie sprengen, doch die Kritik an der „Gießkannenpolitik“ ist spätestens seit dem Tankrabatt im Sommer groß. Die fünf Wirtschaftsweisen raten nun der Bundesregierung, befristet einen höheren Spitzensteuersatz oder einen Energie-Soli für Besserverdienende zu verlangen.

    Wie die Süddeutschen Zeitung aus dem Jahresgutachten des Rats der Wirtschaft-Sachverständigen zitiert, wollen die Ökonomen die Entlastungspakete sozialer und bezahlbarer machen. Dazu „könnte eine Teilfinanzierung durch eine zeitlich streng befristete Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder einen Energie-Solidaritätszuschlag für Besserverdienende in Betracht gezogen werden“, heißt es.

    FDP schloss im Koalitionsvertrag Steuer für Spitzenverdiener aus

    Dies stürzt die Koalition in ein neues Dilemma. Die FDP schloss bereits im Koalitionsvertrag höhere Steuern für Spitzenverdiener aus, SPD und Grüne sind dafür. Und dass ausgerechnet FDP-Chef Christian Lindner, der den Soli jahrzehntelang anprangerte, nun obendrein einen zweiten einführen soll, gilt als schwer vorstellbar.

    Die Deutsche Steuergewerkschaft vertritt die Beamten und Angestellten in den Finanzverwaltungen. Ihr Vorsitzender Florian Köbler verweist schon lange darauf, dass Lösungen für mehr Gerechtigkeit auch in der Praxis umsetzbar sein müssten. Von einem Energie-Soli hält der Steuerfachmann wenig: „Statt einem neuen Solidaritätszuschlag, sollte der Staat erst einmal dafür sorgen, dass die Steuern eingetrieben werden können, die jetzt schon bezahlt werden müssten: Allein 15 Milliarden Euro werden jedes Jahr in Deutschland durch manipulierte Registrierkassen hinterzogen, weil die Politik bis heute darauf verzichtet eine Registrierkassenpflicht und Bargeldobergrenze durchzusetzen“, sagte der Experte.

    Steuerzahlerbund lehnt Steuererhöhungen und einen neun Soli ab

    „Was echte Spitzenverdiener betrifft, sollte der Staat konsequent gegen die Gewinnverlagerung von echten Spitzenverdienern vorgehen und Schlupflöcher schließen, um für höhere Steuereinnahmen zu sorgen“, betont Köbler. „Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes sollte wenn dann auf die Reichensteuer beschränkt bleiben. Denn den normalen Spitzensteuersatz von 42 Prozent zahlten inzwischen schon große Teile der Mitte. „Es wäre nicht sehr gerecht, hier Facharbeiter am Band in der Energiekrise zusätzlich zu belasten.“

    Immerhin seien die Vorschläge der Wirtschaftsweisen realistischer als jene der Gaspreiskommission, die inzwischen von der Ampel übernommen wurden. „Die vom Kabinett beschlossenen Pläne, ab kommendem Jahr den Rabatt beim Gaspreisdeckel für hohe Einkommen als geldwerten Vorteil der Einkommensteuer zu unterwerfen, sind sowohl rechtlich als auch in der Praxis kaum umsetzbar“, warnt Köbler. Hier gebe es zahlreiche kaum lösbare Konflikte sowohl mit dem Einkommensteuerrecht als auch mit dem Gleichheitsgrundsatz: „Eine Besteuerung nur für hohe Einkommen und obendrein nur für diejenigen, die aus anderen Gründen eine Einkommensteuererklärung abgeben, wird vor den Finanzgerichten keinen Bestand haben.“

    Der Steuerzahlerbund lehnt Steuererhöhungen und einen neun Soli ab. Die Gaspeisbremse sei sinnvoll. „Wichtig wäre aber auch, dass im Endergebnis nur die bedürftigen Haushalte und Unternehmen davon profitieren sollen“, betont Präsident Rainer Holznagel. „Offen ist derzeit noch, wie die Rückzahlung der zunächst gewährten Entlastungen von den Steuerzahlern mit höheren Einkommen erfolgen soll und kann. Hier sind noch gute Ideen gefragt.“

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