Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Bundestagswahl 2025: Vielfalt statt Eintönigkeit im Parlament

Bundestagswahl 2025

Vielfalt statt Eintönigkeit im Parlament

    • |
    • |
    Wer wird im Februar in das neue Parlament einziehen?
    Wer wird im Februar in das neue Parlament einziehen? Foto: Michael Kappeler, dpa (Symbolbild)

    „Dem deutschen Volke“, steht auf dem Reichstagsgebäude unübersehbar 16 Meter breit geschrieben. Der Bundestag soll die Bevölkerung vertreten, einen wirklichen Querschnitt spiegelt er jedoch nicht wider. Die meisten Abgeordneten haben studiert, viele Bevölkerungsgruppen sind kaum repräsentiert – lediglich zwei Arbeiter und acht Abgeordnete aus der Land- und Forstwirtschaft sind aktuell vertreten. Seit 2021 ist das Parlament zwar deutlich jünger und weiblicher, auch mehr Menschen mit Migrationsgeschichte sind eingezogen. Doch mit der kommenden Neuwahl könnte sich dieser Trend wieder umkehren.

    Im Bundestag sind viele Berufsgruppen unterrepräsentiert

    In einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung von 2022 gaben über 51 Prozent der Befragten an, mit dem Funktionieren der Demokratie wenig bis überhaupt nicht zufrieden zu sein. Auch eine im November erschienene Studie der Universität Leipzig kommt zum Ergebnis, dass sich die ablehnende Haltung von Teilen der Bevölkerung gegenüber der Demokratie vertieft hat. Dabei geht es nicht nur um eine Unzufriedenheit mit der jeweiligen Regierung, sondern auch mit dem deutschen Repräsentationssystem.

    Ein Umstand, bei dem die Berliner Initiative „Brand New Bundestag“ ansetzen will. Die 2019 gegründete überparteiliche Bürgerinitiative setzt sich dafür ein, die Breite der Gesellschaft in die Parlamente zu bringen. Bei der kommenden Wahl begleitet sie mehr als 50 Kandidatinnen und Kandidaten unterschiedlicher Parteien von der Linken bis zur Union mit persönlichen Betreuungsangeboten auf einem möglichen Weg in den Bundestag.

    Eine von ihnen ist Andrea Wörle: Die 39-Jährige ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, lebt mit einer Frau zusammen und tritt nun für die Grünen im Allgäu an. Erfahrung im Wahlkampf besitzt Wörle als ehemalige EU-Spitzenkandidatin der bayerischen Grünen bereits. „Mit der vorgezogenen Neuwahl steht ein Wahlkampf im Schnellverfahren an“, erklärt die frühere Finanzjournalistin. „Mich kennen durch die Europawahl schon viele Menschen. Dennoch ist der Zeitdruck höher geworden, um mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen.“

    Allgäuerin Andrea Wörle (Grüne) bringt als ehemalige EU-Spitzenkandidatin schon Erfahrungen im Wahlkampf mit.
    Allgäuerin Andrea Wörle (Grüne) bringt als ehemalige EU-Spitzenkandidatin schon Erfahrungen im Wahlkampf mit. Foto: Vincent Grundke (Archivbild)

    An die Initiative kann Wörle etwa kleinere Recherche-Aufträge vergeben, am hilfreichsten sei bisher die Rhetorik-Schulung gewesen, sagt sie. Bei diesem Sprachworkshop arbeiten die Kandidatinnen und Kandidaten gemeinsam mit einem Mentor an ihren Reden. Samuel Brielmaier, Co-Geschäftsführer bei Brand New Bundestag, erläutert: „Man muss die Sprache der Politik sprechen können, um dort erfolgreich zu sein. Wir helfen den Kandidatinnen und Kandidaten ein Stück weit, sie zu lernen.“

    Die Initiative „Brand New Bundestag“ unterstützt mehr als 50 Kandidierende bei der Bundestagswahl

    Metaphern, Floskeln und leere Worthülsen – der bekannte Soziologe Niklas Luhmann erfand einst für diese Redeweise den Ausdruck „Lingua Blablativa“. Doch auch diese Sprache müssen aufstrebende Politikerinnen und Politiker beherrschen, wenn sie sich durchsetzen wollen, sagt Brielmaier: „Die erste und größte Eingangshürde bei jeder Wahl ist die Nominierung im eigenen Landesverband. Zunächst müssen die Kandidatinnen und Kandidaten ihre eigenen Parteimitglieder überzeugen.“ Durch die neue Wahlrechtsreform habe sich der innerparteiliche Wettbewerb um die besten Listenplätze nochmals intensiviert. „Der nächste Bundestag wird bedeutend kleiner sein – und da vor allem neue Gesichter auf die hinteren Listenplätze oder die nächste Wahl vertröstet wurden, ist die Gefahr groß, dass er auch weniger divers wird.“

    Einen Katalog, welche Kriterien die Politikerinnen und Politiker mitbringen sollten, um gefördert zu werden, gebe es nicht, die Initiative sucht jedoch nach eigenen Angaben Kandidaten mit fortschrittlichen Ideen für mutige Lösungen. Bei dieser Bundestagswahl unterstützt sie Mitglieder von SPD, FDP und Grünen sowie der Union, Volt und der Linken.

    Die Augsburgerin Anna Rasehorn (SPD) wurde von der Initiative im vergangenen Jahr auf ihrem Weg in den Landtag unterstützt.
    Die Augsburgerin Anna Rasehorn (SPD) wurde von der Initiative im vergangenen Jahr auf ihrem Weg in den Landtag unterstützt. Foto: Maximilian Koenig (Archivbild)

    Nur eine Partei schließt „Brand New Bundestag“ ausdrücklich aus: die AfD. Die Werte würden sich zu sehr von den Vorstellungen der Initiative unterscheiden. Denn laut Brielmaier geht es nicht nur um eine erfolgreiche Wahl, zudem solle ein überparteiliches Netzwerk mit zukunftsgerichteten Politikerinnen und Politikern aufgebaut werden.

    Zum Netzwerk der Initiative zählt auch die 33-jährige SPD-Politikerin Anna Rasehorn. „Brand New Bundestag“ begleitete sie im vergangenen Jahr bei der Landtagswahl, nun sitzt sie für den Wahlkreis Augsburg Ost im Landtag und ist dort stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende. „Als junge Mutter war der Wahlkampf manchmal ziemlich nervenaufreibend und viel“, sagt die ehemalige Altenpflegehelferin. „ Der regelmäßige Austausch bot mir einen geschützten Raum, um sich mit anderen auszutauschen.“

    Diskutieren Sie mit
    2 Kommentare
    Lothar Seel

    Der Wähler kennt seine Kandidaten im Wahlkreis am besten. Der Fehler im deutschen Wahlsystem liegt darin, dass er eine Kanditatenliste vorgelegt bekommt, die er bei Wahl des Bundestages nicht mehr abändern kann. Hätte er die Wahl, wäre in der Vergangenheit so mancher Abgeordnete nicht in den Bundestag gekommen.

    Jochen Hoeflein

    Das System krankt daran, dass mit zunehmender Tendenz , Leute in den Bundestag gelangen, die ohne jegliche praktische Berufserfahrung oder ohne abgeschlossene Berufsausbildung über das Geschick der Bürger befinden . Noch schlimmer Jungakademiker, die direkt vom Studium in die Politik wechseln und ihre schlauen Erkenntnisse nur aus Büchern fernab vom realen Leben beziehen.

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden