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Energiekrise: Auch nach der Ministerpräsidenten-Konferenz bleiben viele Fragen offen

Energiekrise

Auch nach der Ministerpräsidenten-Konferenz bleiben viele Fragen offen

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    Markus Söder (links, CSU), Ministerpräsident von Bayern, Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, und Bundeskanzler Olaf Scholz (rechts, SPD) unterhalten sich.
    Markus Söder (links, CSU), Ministerpräsident von Bayern, Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, und Bundeskanzler Olaf Scholz (rechts, SPD) unterhalten sich. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Corona-Erkrankungen können, wenn sie milde verlaufen, auch etwas Gutes haben. Dem Bundeskanzler verschaffte seine Covid-19-Infektion ein wenig Zeit im zermürbenden Kampf um ein viertes Entlastungspaket. Erst musste Olaf Scholz in der eigenen Ampel-Koalition um eine Einigung werben, und das gelang ihm auch. Nach zähen Verhandlungsrunden zwischen SPD, Grünen und FDP stand das Ergebnis: Bis zu 200 Milliarden Euro will die Regierung in den nächsten Monaten aufwenden, um die Folgen der Energiekrise abzumildern. Die Bundesländer indes sind nicht zufrieden. Ursprünglich wollten sie bereits vergangene Woche mit Kanzler Scholz über Details verhandeln. Corona kam dazwischen, doch die erzwungene Terminverschiebung auf den Dienstagabend brachte Scholz fast nichts. Die Länder haben weiteren Fragebedarf.

    Überraschend ist, dass nicht nur die B-Länder, also solche mit einer unionsgeführten Regierung, auf der Bremse stehen. Auch die von der SPD geführten A-Länder rebellieren gegen ihren Kanzler. Bevor sie dem Entlastungspaket - dem Abwehrschirm, dem von Scholz ausgerufenen „Doppel-Wumms“ - im Bundesrat zustimmen, wollen sie es genauer wissen. Wie hoch fallen die geplanten Entlastungen für Privathaushalte und Unternehmen aus, wer bekommt was?

    Gaspreis, Strompreis, 9-Euro-Ticket: Viele offene Fragen und wenige Antworten

    Der niedersächsische Länderchef Stephan Weil (SPD), er ist Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, nannte als offene Punkte vor allem die Gaspreis- sowie die Strompreisbremse. Auch zur Nachfolge des 9-Euro-Tickets für den Nah- und Regionalverkehr gibt es noch keine Lösung. Man habe deshalb „noch keine konkreten Entscheidungen“ treffen können, sagte Weil. In zwei Wochen soll es Weil zufolge ein weiteres Treffen geben, bei dem die Regierung einen „qualifizierten Zwischenbericht“ vorlegen will.

    Für die CDU/CSU-Bundesländer kritisierte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst die Regierung ein gutes Stück schärfer. Diese habe „kaum Kompromissbereitschaft erkennen lassen“, sagte der CDU-Politiker und monierte, man sei nur „ganz wenige Schritte vorangekommen“. Man sie noch längst nicht am Ziel, sagte Wüst und ergänzte: „Das ist im Ergebnis einfach zu wenig.“ Konkret wollte sich dazu nach dem Treffen niemand äußern, aber es wächst die Gefahr, dass das Entlastungspaket vor dem Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat landet.

    Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte, SPD), Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (links, SPD) und Hendrik Wüst (rechts, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte, SPD), Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (links, SPD) und Hendrik Wüst (rechts, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Kanzler Scholz flüchte sich in der Not zunächst in eine Beschreibung der bisher bewilligten Milliardenhilfen. Der SPD-Politiker wirkte damit ein wenig, als ob er vorher einer anderen Veranstaltung beiwohnte, wie ein Journalist anschließend kritisch anmerkte. Doch auch der Kanzler musste zugeben: Die Diskussionen über die Einzelheiten des vierten Entlastungspakets seien „noch nicht abgeschlossen“.

    Das gilt im Übrigen auch für ein Thema, das in der Debatte zunehmend an Bedeutung gewinnt: Immer mehr Bundesländer verweisen auf Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen. „Ich hoffe, dass der Bund das Thema nicht weiter ignoriert“, sagte Wüst. Von Januar bis August stellten nach Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingen 132.618 Personen einen Asylantrag in Deutschland – ein Anstieg um 35,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

    Die Bürgerinnen und Bürger müssen auf wichtige Antworten in der Energiekrise also noch warten. Die Gaspreisbremse als zentrales Element im 200-Milliarden-Entlastungspaket der Regierung ist weiterhin nur ein Wort ohne Inhalt. Die Details soll die „ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme“ festlegen. Mindestens eine Woche wird es dem Vernehmen nach noch dauern, bis sie ein erstes Ergebnis präsentiert. Und selbst das könnte nicht der große Wurf werden, den sich viele erhoffen. Denn einige Bundesländer wollen längere Laufzeiten der Atomkraftwerke in das Papier hineinverhandeln. 2024 ist das Ziel, das in der Regierung derzeit nur die FDP mitgehen würde.

    Zum Schluss der Ministerpräsidentenkonferenz bleiben viele Fragezeichen

    Im Entwurf des Beschlusspapiers zur Ministerpräsidentenkonferenz, er liegt unserer Redaktion vor, stehen nicht nur hinter der Gaspreisbremse viele Fragezeichen. Die Wohngeldreform beispielsweise wird erwähnt, sie soll zum Jahresstart 2023 kommen. Aber wie genau der darin enthaltene Heizkostenzuschuss bei den Berechtigten ankommt, ist offen. Einen „wirksamer industriepolitischer Plan zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Industrie“ soll her. Inhalte bisher? Fehlanzeige.

    Ähnlich gilt für den Dauerbrenner 9-Euro-Ticket im Nah- und Regionalverkehr. Der Bund will 1,5 Milliarden Euro für eine Ersatzlösung geben, der Rest soll aus den Ländern kommen. Die blocken, fordern mehr Geld. Da keine Einigung in Sicht ist, wurde das Problem in die Runde der Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister von Bund und Länder verschoben. Solche Verweisungen sind ebenfalls ein beliebtes Mittel der Politik, um Zeit zu gewinnen. Ob es besser klappt als bei der Corona-Infektion des Kanzlers? Man darf gespannt sein.

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