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Beobachter: Unregelmäßigkeiten bei Afghanistan-Wahl

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Beobachter: Unregelmäßigkeiten bei Afghanistan-Wahl

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    Beobachter: Unregelmäßigkeiten bei Afghanistan-Wahl
    Beobachter: Unregelmäßigkeiten bei Afghanistan-Wahl Foto: DPA

    Die "Free and Fair Election Foundation of Afghanistan" (FEFA), die die meisten Wahlbeobachter stellte, äußerte am Samstagabend "ernste Sorgen über die Qualität der Wahl". Unsicherheit und Gewalt hätten den Wahlprozess in großen Teilen des Landes geprägt. Die Unabhängige Wahlkommission (IEC) will erst am 30. Oktober ein amtliches Endergebnis verkünden.

    Bei der Parlamentswahl waren bei Anschlägen und Gefechten nach Regierungs- und Militärangaben mindestens 46 Menschen getötet worden, darunter zahlreiche Aufständische, aber auch elf Zivilisten. Die Wahlkommission sprach sogar von 21 getöteten Zivilisten. Drei IEC-Mitarbeiter, die am Wahltag von mutmaßlichen Aufständischen entführt worden waren, wurden ermordet. Vier Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF wurden am Samstag getötet.

    Am Tag der zweiten Parlamentswahl seit dem Sturz des Taliban-Regimes vor knapp neun Jahren wurden auch über 100 Menschen verletzt, die meisten waren Zivilisten. Die Wahlkommission teilte mit, Aufständische hätten mehr als 100 Angriffe auf Wahllokale oder auf IEC-Konvois verübt. Nach Regierungsangaben kam es am Wahltag zu mehr als 300 gewaltsamen Zwischenfällen - weniger als bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr. Bei dieser Abstimmung am 20. August 2009 waren 422 Anschläge und Angriffe verübt worden, die damals mehr als 50 Menschen das Leben kosteten.

    UN-Generalsekretär Ban Ki Moon lobte den Mut und die Entschlossenheit der afghanischen Wähler. Auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen zollte den Afghanen Respekt, weil sie trotz der Gewalt zur Wahl gegangen seien. Er lobte den Einsatz der ISAF, die mit für den Schutz der Wahl gesorgt hatte, und sagte den Afghanen weitere Unterstützung zu. Bundesaußenminister Guido Westerwelle würdigte den Mut der afghanischen Wähler ebenfalls.

    Die FEFA hatte am Samstag nach eigenen Angaben landesweit rund 7000 Beobachter im Einsatz. Sie teilte mit, an mindestens 389 der 5335 Wahllokale hätten Beobachter "ernsthafte Sicherheitsvorfälle" registriert. In mehreren Provinzen seien Wahllokale von Aufständischen gesprengt oder in ihre Gewalt gebracht worden. Kandidaten hätten Wähler bedroht. Regierungsbeamte hätten "in einer besorgniserregenden Anzahl von Fällen" zum Wohl bestimmter Kandidaten in den Wahlprozess eingegriffen.

    Die FEFA berichtete außerdem über die Abgabe falscher Stimmen in den meisten Provinzen. In vielen Fällen habe außerdem die nicht- abwaschbare Tinte abgerieben werden können, mit der Fingernägel markiert wurden, um mehrfache Stimmabgaben zu verhindern. Viele Wahllokale hätten vor dem offiziellen Wahlende geschlossen, obwohl noch Wähler angestanden hätten. Bereits bei der Präsidentschaftswahl 2009 war es zu massivem Betrug gekommen, den Wahlbeobachter vor allem dem Lager von Amtsinhaber Hamid Karsai angelastet hatten.

    Ein Schwerpunkt der Gewalt war am Samstag der nordafghanische Verantwortungsbereich der Bundeswehr. Die ISAF teilte am Sonntag mit, einer ihrer Soldaten sei dort am Wahltag bei einem Angriff Aufständischer ums Leben gekommen. Die Schutztruppe machte keine Angaben zur Nationalität des Opfers. Ein

    Der Bundeswehr-Sprecher dementierte Angaben des Gouverneurs der nordafghanischen Provinz Kundus, wonach die Bundeswehr am Wahltag die "Panzerhaubitze 2000" gegen Aufständische einsetzte. Allerdings hätten Soldaten der afghanischen Nationalarmee (ANA) in der Gegend Mörser eingesetzt. Bei der Explosion einer Rakete in

    An der Parlamentswahl beteiligten sich nach vorläufigen IEC-Angaben rund 40 Prozent der Stimmberechtigten. Der deutsche Wahlbeobachter Thomas Ruttig hielt diese Zahl für "zu optimisch". Die geschätzte Zahl der Stimmberechtigten war vor der Wahl um zwei Millionen auf 10,5 Millionen nach unten korrigiert worden, was die prozentuale Beteiligung erhöht.

    Ruttig ging davon aus, dass die Beteiligung noch unter der bei der Präsidentschaftswahl lag, die von der IEC damals mit 38,7 Prozent angegeben worden war. Der Ko-Direktor des Afghanistan Analysts Network (AAN) sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Das größte Problem war die Indifferenz großer Teile der Bevölkerung, die wegen befürchteter neuer Fälschungen wenig Interesse zeigte."

    Die Wähler vergaben ihre Stimme nicht an Parteien, sondern an einzelne Abgeordnete, die einem politischen Lager nicht immer eindeutig zuzuordnen sind. Aussagekräftige Ergebnisse werden daher nicht erwartet. Rund 2500 Kandidaten - darunter mehr als 400 Frauen - bewarben sich um die 249 Sitze im Unterhaus (Wolesi Dschirga).

    Meldungen über Betrug muss die Wahlbeschwerdekommission (ECC) prüfen. Nach dem offiziellen Zeitplan soll sie ihre Entscheidungen bis zum 24. Oktober an die Wahlkommission (IEC) übermitteln. Die IEC will am 9. Oktober ein vorläufiges Ergebnis und am 30. Oktober ein amtliches Endergebnis verkünden.

    FEFA-Mitteilung

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