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Bauen: Bundesregierung stemmt sich gegen Wohnungsnot

Bauen

Bundesregierung stemmt sich gegen Wohnungsnot

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    Die Wohnungsnot schlägt in den großen Städten erbarmungslos zu. Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware, die Mieten klettern weiter.
    Die Wohnungsnot schlägt in den großen Städten erbarmungslos zu. Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware, die Mieten klettern weiter. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Die Zahlen drücken eine brutale Realität sachlich aus. Statt der angepeilten 400.000 Wohnungen werden in diesem Jahr wohl nur 250.000 fertig. Im kommenden Jahr erwartet die Bauindustrie nur 150.000. Schon heute fehlen in Deutschland mehrere Hunderttausend Wohnungen, während Kredite teurer werden und Baumaterial auch. Die Regierung verfehlt den eigenen Anspruch krachend und versucht jetzt, gegen die Misere auf dem Wohnungsmarkt anzukämpfen. „Von den bezahlbaren Wohnungen brauchen wir mehr … Es wäre gut, wenn wir das nötige Tempo erreichten“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Auftakt der Runde mit 30 Verbänden am Montag. 

    Pünktlich zum Wohngipfel legte seine Regierung einen 14-Punkte-Plan vor, um den Abschwung zumindest zu dämpfen. Milliarden vom Staat sollen dazu führen, dass mehr gebaut wird. Ein Teil davon kommt von der staatlichen KfW-Bank. Das junge Programm „Wohneigentum für Familien“ wird verbessert. Die Kreditsumme soll laut dem Entwurf des Beschlusspapiers um 30.000 Euro angehoben werden. Möglich wäre dann künftig ein zinsgünstiges Darlehen in Höhe von maximal 270.000 Euro. Bekommen sollen es alle Familien, deren zu versteuerndes Einkommen höchstens 90.000 Euro pro Jahr beträgt. Bislang lag die Grenze bei 60.000 Euro, was dazu führte, dass das Programm kaum in Anspruch genommen werden konnte. 

    Mausetoter Immobilienmarkt

    „Der Markt für Eigentumswohnungen ist für Menschen mit geringen oder mittleren Einkommen mausetot. Ein einziges Programm wird das nicht über die Klippe bringen“, meinte der Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), Andreas Mattner. 

    Um für diese Menschen in den teuren Großstädten und den umliegenden Speckgürteln bezahlbare Mietwohnungen zugänglich zu machen, bietet der Bund den Ländern bis 2027 insgesamt 18 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau. Die Länder müssten jeden Euro vom Bund mit 1,50 Euro aus der eigenen Kasse kofinanzieren, sodass 45 Milliarden Euro zusammenkämen. Ob die Länder das tun, ist offen. 

    Der soziale Wohnungsbau ist ihre Aufgabe, die sie vernachlässigt haben. Deutschland verliert unter dem Strich immer noch Sozialwohnungen, weil mehr aus der Preisbindung fallen als neue gebaut werden. Üblicherweise gehen Sozialwohnungen nach 20 bis 30 Jahren zurück in den normalen Markt. „Wir werden mittelfristig mehr Wohnungen und bezahlbare Mieten haben“, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD).

    Umweltstandard wird nicht verschärft

    Damit das gelingt, streicht das Regierungsbündnis die geplante Verschärfung der Dämmvorschriften. Der Baustandard EH 40 soll nicht mehr in dieser Legislaturperiode eingeführt werden. Die Grünen mussten hier beim Thema Klimaschutz die weiße Fahne hissen. Mit der Einführung des Gebäudeenergiegesetzes sei sichergestellt, dass Neubauten ab 2024 klimafreundlich heizen, begründete Wirtschaftsminister Robert Habeck die Entscheidung. „Deshalb halte ich es nicht mehr für nötig, jetzt auf die Schnelle den neuen Standard EH 40 einzuführen“, erklärte der Grünen-Politiker.

    Bau-Präsident Peter Hübner kritisierte den EH-40-Standard als übertrieben. Er hätte vorgeschrieben, dass Neubauten nur 40 Prozent der Energie eines Standardhauses verbrauchen dürfen, was die Kosten zusätzlich nach oben getrieben hätte. Hübner forderte, dass es jetzt darum gehen müsse, Geld in klimafreundliche Heizungen zu stecken, statt in die Fassadendämmung zu investieren.

    Neben dem strengen Neubaustandard verabschiedeten sich SPD, Grüne und FDP auch vom Sanierungszwang für ältere Häuser, den die EU fordert. Wie es im Papier zum Gipfel heißt, wolle die Koalition verpflichtende Sanierungen einzelner Wohngebäude ausschließen. „Diese 14 Maßnahmen sind der klimapolitische Kniefall vor der Immobilienlobby“, kritisierte die Deutsche Umwelthilfe.

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