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Baltikum: Angst vor Russland: Litauen, Lettland und Estland rüsten auf

Baltikum

Angst vor Russland: Litauen, Lettland und Estland rüsten auf

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    An den Seegrenzen zu den baltischen Staaten ist das russische Militär aktiv.
    An den Seegrenzen zu den baltischen Staaten ist das russische Militär aktiv. Foto: Oleg Lastochkin/Archiv (dpa)

    Das Vorgehen Russlands im Ukraine-Konflikt hat bei den Staaten des Baltikums höchste Beunruhigung ausgelöst. Ein halbes Jahrhundert standen Litauen, Lettland und Estland unter sowjetischer Besatzung. Nach der Annexion der Krim durch Russland fürchten sie weitere territoriale Ansprüche Moskaus.

    Doch es geht nicht nur um die unübersehbaren Hinweise auf eine Unterstützung der prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine: Die Balten-Republiken selbst können derzeit russische Militäraktivitäten nahezu täglich unmittelbar an ihren Luft- und Seegrenzen beobachten.

    Die baltische Luftraumüberwachung der Nato hat nach eigenen Angaben allein Anfang Dezember täglich bis zu 30 russische Militärflugzeuge abgefangen, die über der Ostsee oder vor der Küste Norwegens mit ausgeschaltetem Transponder unterwegs waren. Litauen versetzte sein Militär in erhöhte Alarmbereitschaft, nachdem auf See 22 russische Kriegsschiffe entdeckt wurden und eine schwerbewaffnete Korvette sich der Seegrenze auf fünf Kilometer näherte.

    Polen ist durch die Militäraktionen Russlands ebenfalls beunruhigt

    Auch Polens Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak erklärte seine "Beunruhigung" angesichts der "beispiellosen" Militäraktionen Russlands. Schweden führte bereits die Möglichkeit wieder ein, ehemalige Wehrdienstleistende für Militärübungen einzuziehen. Begründet wurde dies vom Stockholmer Verteidigungsministerium mit der "Wiederaufrüstung Russlands".

    Zweifellos hätten die baltischen Armeen dem übermächtigen Moskau militärisch alleine kaum etwas entgegenzusetzen. Es ginge im Grunde darum, eine russische Offensive so lange aufzuhalten, bis Unterstützung durch die transatlantischen Partner einträfe, wie der litauische Militärexperte Aleksandras Matonis erläutert. "Im schlimmsten Fall, bei einer Aggression gegen die baltischen Staaten und dem Inkrafttreten der Nato-Verteidigungspläne, würde es noch etwas dauern, bis die Alliierten reagieren", sagt Matonis. Die Länder müssten daher "eine erste Welle der Aggression" selbst abwehren können.

    In dieser Logik wurde im Baltikum seit Russlands Einmischung in den Ukraine-Konflikt ein sprunghafter Anstieg bei der Anschaffung von Kriegsgerät verzeichnet. "Die derzeitige Sicherheitslage wird uns noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Das ist nicht nur eine Schlechtwetterperiode, das ist ein Klimawandel", kommentierte der estnische Ministerpräsident Taavi Roivas die Entwicklungen an der nordöstlichen Grenze der EU.

    Nach dem Zerfall der Sowejtunion traten die baltischen Länder im Jahr 2004 sowohl der EU als auch der Nato bei. "Die Präsenz der Nato im Baltikum muss aufrecht erhalten und erhöht werden", sagte Roivas bei einem Besuch in den USA, wo er insbesondere auf den Abschluss neuer Rüstungsverträge drängte.

    So unterzeichnete der estnische Verteidigungsminister Sven Mikser jüngst den größten Waffenlieferungsvertrag in der Geschichte des Landes. Für insgesamt 138 Millionen Euro schafft das 1,3 Millionen Einwohner zählende Estland nun 44 Panzer vom Typ CV90 und sechs vom Typ Leopard aus den Niederlanden an. Zuvor hatte es bereits in den USA für 40 Millionen Euro 40 Stinger-Raketensysteme bestellt.

    Lettland kaufte Großbritannien im August für 48 Millionen Euro 123 Kriegsfahrzeuge ab und unterzeichnete im November mit Norwegen einen Vertrag über vier Millionen Euro, um 800 Panzerabwehrsysteme und 100 Lastwagen anzuschaffen. Litauen wiederum kaufte im September von Polen ein Grom-Luftabwehrsystem für 34 Millionen Euro und kündigte an, für weitere 16 Millionen Euro Panzerabwehrraketen in den USA zu ordern.

    Die baltischen Staaten gaben in sechs Monaten für Militär 300 Millionen Euro aus

    Die Militär-Gesamtausgaben der drei baltischen Staaten betrugen somit in sechs Monaten rund 300 Millionen Euro. Die Politik habe ihre Einstellung zu Verteidigungsausgaben "entscheidend geändert", hieß es in einem Bericht des lettischen Instituts für Internationale Angelegenheiten. Entsprechend stockten alle drei Länder ihre Verteidigungsbudgets merklich auf.

    Doch der Gesamtetat der Balten, der 2014 bei 1,2 Milliarden Euro lag, wirkt im Vergleich mit den Finanzmitteln der russischen Armee geradezu lächerlich gering: Russlands Militärhaushalt belief sich im selben Zeitraum auf umgerechnet 60 Milliarden Euro. afp

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