Mit ihren neuen Streikplänen bringt die Lokführergewerkschaft GDL nun auch die Bundesregierung gegen sich auf. „Ich habe null Verständnis für diese Form der Tarifauseinandersetzung“, sagte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Montag im ZDF. Der Tarifkonflikt nehme zunehmend destruktive Züge an, kritisierte er. „Ich glaube auch nicht, dass Herr Weselsky sich und seiner Gewerkschaft mit diesem Stil einen Gefallen tut.“
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hofft auf eine zügige Beilegung. Das sei zwar Sache der Tarifparteien, sagte ein Regierungssprecher. Als Bundeskanzler wünsche er sich aber konstruktive und schnelle Gespräche, damit der Tarifkonflikt in seinen Auswirkungen für die Öffentlichkeit beschränkt bleibe. Der CSU-Verkehrsexperte Ulrich Lange forderte gegenüber unserer Redaktion das Einsetzen einer Schlichtungskommission, die beide Seiten zurück an den Verhandlungstisch bringe und ein für alle tragbares Ergebnis erarbeite. „Dass es jetzt erneut zu mehrtägigen Streiks kommen soll, ist niemandem mehr vermittelbar.“
Weselsky pocht auf 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich
Gewerkschaftschef Claus Weselsky verteidigte den sechstägigen Streik. Die Bahn sei der Gewerkschaft mit ihrem jüngsten Angebot nicht entgegengekommen, sagte er. Weselsky knüpft die Wiederaufnahme von Gesprächen an ein weiteres Entgegenkommen bei seiner Kernforderung: der Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Eine Schlichtung lehnt er ab.
Der Ausstand soll von Mittwochmorgen bis Montagabend dauern. Im Güterverkehr soll er bereits am Dienstagabend um 18 Uhr beginnen. Es ist der vierte und mit Abstand längste Arbeitskampf im laufenden Tarifstreit. Die Bahn rechnet erneut mit erheblichen Einschränkungen im Fern-, Regional- und Güterverkehr und kündigte einen Notfahrplan mit stark reduziertem Angebot an.
„Unsere Lokführer fahren und sorgen dafür, dass die Bahn für die kommenden Tage einen stabilen Notfahrplan aufstellen kann“, sagte der Vorsitzende der konkurrierenden Eisenbahnergewerkschaft EVG, Martin Burkert, unserer Redaktion. „Nach meinem Eindruck könnten sogar noch ein paar Züge mehr fahren.“ Er habe das Gefühl, so Burkert, dass die Stimmung in der Bahn-Belegschaft gerade zulasten der GDL kippe. Wichtig zu wissen sei auch, dass von den 302 Betrieben der Bahn 284 bereits einen von der EVG ausgehandelten Tarifabschluss haben, der zum Teil auch schon ausbezahlt ist.
Statistik: Die Zahl der Lokführer steigt kontinuierlich
Nach Ansicht der „Allianz pro Schiene“ läuft auch das Argument der GDL, der Beruf des Lokomotivführers sei nicht mehr attraktiv genug, ins Leere. Wie eine Auflistung des Verbandes zeigt, steigt die Zahl der Zugführer seit 15 Jahren kontinuierlich. „Jedes Jahr kommen unterm Strich mehr als 1000 neue Lokführerinnen und Lokführer dazu.“, sagte Geschäftsführer Dirk Flege unserer Redaktion. Mit Blick auf entsprechende GDL-Forderungen mahnte er gleichzeitig: „Durch verkürzte Arbeitszeiten würde sich der Bedarf an Fachkräften noch mal vergrößern und schneller steigen, als es der Arbeitsmarkt aktuell hergibt.“
Mitte 2023 zählte die Bundesagentur für Arbeit im Bereich „Fahrzeugführung im Eisenbahnverkehr“ 38.390 sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen. Ende 2022 waren es 37.590 und im Jahr davor 36.520 Beschäftigte. Flege wörtlich: „Es ist keinesfalls so, dass sich immer weniger Menschen für den Lokführer-Beruf interessieren. Im Gegenteil.“