An der Pannen-Bahn herumzudoktern, hilft nicht mehr. Das ist die Überzeugung von CDU und CSU. Deshalb fordert die Union den tiefen Schnitt. Damit die Bahn pünktlich und leistungsfähig werden kann, soll sie zerlegt werden. Gleisnetz und rollender Betrieb würden getrennt. Das ist der Kern des Reformpapiers für die Bahn, das unserer Redaktion exklusiv vorliegt. Ausgearbeitet hat es maßgeblich der CSU-Verkehrsexperte Ulrich Lange. "Wir wollen die Deutsche Bahn AG in ihrer bisherigen Form zerschlagen und ihre Bestandteile in eine neue Struktur überführen", sagt Lange.
Sein Konzept sieht vor, dass die Bahnhöfe, das 33.000 Kilometer lange Schienennetz und die Energietochter der Bahn in einer Infrastruktur GmbH im Eigentum des Bundes zusammengefasst werden. Vorbild dafür ist die Autobahn GmbH, die sich aus einer Hand um Erhalt und Ausbau der Schnellstraßen kümmert. Der Bund könnte dann auch bei den Schienen schalten und walten, wie er wollte und bestimmen, welche Strecken gebaut werden.
DB-Struktur soll entflochten werden
Nach der Abspaltung blieben im Bahnkonzern die Bereiche Fernverkehr, Regionalverkehr und Güterverkehr übrig. Sie sollen deutlich schlanker aufgestellt werden, das bürokratische Dickicht gelichtet werden. "Die Holding der DB wird aufgelöst und die bisherige DB-Struktur mit 740 Beteiligungen und Tochtergesellschaften entflochten", heißt es im Reformpapier. Die neue Bahn müsste sich darauf einstellen, dass der Wettbewerb mit privaten Konkurrenten noch stärker wird als bisher. Sie wäre ein Anbieter unter mehreren. Diese Konkurrenz soll zu Einsparungen und verbessertem Service führen.
Ulrich Lange denkt schon seit einiger Zeit darüber nach, wie das marode System Schiene gestärkt werden kann. Seinen ersten Aufschlag zu einem weitreichenden Umbau der Bahn machte er vor drei Jahren. Dass sich die Bahn auch unter den CSU-Verkehrsministern Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer nicht verbessert hat, dafür gibt er die Schuld dem Bahn-Vorstand. "Wir haben in den letzten Jahren des unionsgeführten Verkehrsministeriums die Mittel für die Schiene mehr als verdoppelt, und trotzdem wird vieles nicht besser", meint Lange. Das Management und nicht die Politik sei verantwortlich für den miserablen Zustand des Unternehmens.
Schenker soll von der Bahn gehalten werden
Mit ihrem Vorstoß bei der Bahn setzt die Union die Regierung unter Druck und greift die Schnittstellen zwischen den drei Regierungsparteien an. Denn FDP und Grüne wollten den Staatsbetrieb ebenfalls zerlegen, scheiterten aber am Widerstand der SPD und der Eisenbahnergewerkschaft EVG. Die Ampel verständigte sich auf eine kleine Bahnreform. Es soll beim integrierten Konzern bleiben, der Netz und Betrieb kontrolliert. Lediglich die Sparten Netz und Bahnhöfe werden verschmolzen. Die Ampel-Partner haben sich vorgenommen, bis zum Sommer auszuarbeiten, wie die kleine Bahnreform angegangen werden soll. Sowohl der Vorstand als auch die EVG stellen sich jedoch in seltener Eintracht gegen die Regierenden. EVG-Chef Marin Burkert erwartet nur kleinere Synergieeffekte an der Spitze der Bahn.
Lange fordert die Ampel-Koalition auf, seinem Vorschlag zu folgen. "Schließlich geht es hier um zentrale Weichenstellungen für die nächsten Jahrzehnte", erklärt er. Im Gegensatz zum Regierungsbündnis plädiert der CSU-Mann dafür, die Speditionstochter Schenker bei der Bahn zu halten. Schenker ist die Ertragsperle des Unternehmens und steuerte im vergangenen Jahr den Löwenanteil des operativen Gewinnes bei, während Fern- und Nahverkehr sowie die Gütersparte Verluste machten.