Für seine Zurückhaltung ist Markus Söder nicht gerade bekannt. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende ist in den vergangenen Monaten immer wieder als mächtigster Kritiker und Gegenspieler der Ampel-Koalition in Berlin aufgetreten. Auch bei Augsburger Allgemeine Live im Kleinen Goldenen Saal in Augsburg teilte Söder am Mittwochabend immer wieder Richtung Hauptstadt aus. Im voll besetzten Saal stellte sich Söder den Fragen unseres Politikchefs Michael Stifter und unseres Landtagskorrespondenten Uli Bachmeier.
Es begann ein wenig holprig. Leicht verstimmt ging Markus Söder der Frage aus dem Weg, ob die CSU inzwischen ihren Alleinregierungs-Anspruch in Bayern aufgegeben habe, der früher zum Selbstverständnis der Partei gehörte. Es gebe in diesen Zeiten Wichtigeres, was die Menschen interessiere, so die Meinung des Ministerpräsidenten. Auf die Freien Wähler als Koalitionspartner ging er schließlich aber doch noch ein – und schwenkte um auf gute Laune, die er den restlichen Abend behalten sollte. Trotz gewisser Startschwierigkeiten habe man sich mit den Freien Wählern gut eingespielt. „Je ernster die Krise, desto größer war die Zusammenarbeit“, sagte Söder.
Söder im Live-Interview über Hubert Aiwanger: "Ich mag ihn"
Auch mit Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger scheint sich Söder inzwischen gut zu verstehen. Man müsse eben erst einmal die Denkweise Aiwangers verstehen, die „ein bisschen anarchistischer“ sei, sagte Söder. Das Gelächter im Publikum war ihm damit sicher. Dann gestand er sogar: „Ich mag ihn.“ Und bescheinigte Aiwanger, er sei ein aktiver, fleißiger Minister.
Doch Aiwanger blieb nicht die einzige Personalie, die von Söder mit Lob bedacht wurde. Dass die CSU in Schwaben nach dem Wechsel von Franz Josef Pschierer zur FDP und der Maskenaffäre um Alfred Sauter ein Personalproblem habe, wollte der Ministerpräsident nicht gelten lassen. Man habe mit Eva Weber ja eine „Super-Oberbürgermeisterin“ in Augsburg. Auch Klaus Holetschek bekam ein gutes Zeugnis ausgestellt: Er „gehört zu den Schwergewichten, zu den wichtigsten Ministern“. Er mache seine Arbeit sehr gut, so Söder. In Bezug zu Pschierer sagte Söder scherzhaft: „Mei, Männer in dem Alter haben halt mal eine Midlife-Crisis.“ Und sicherte sich den nächsten großen Lacher.
Markus Söder wirft "Letzter Generation" zum Teil "kriminelle Straftaten" vor
Ernster wurde Söder als er auf die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ zu sprechen kam. „Normalerweise ist es mir völlig wurscht, wenn sich jemand irgendwo anklebt.“ Wenn aber jemand etwas Schönes wie Gemälde verunstalte oder Rettungswagen behindere, „da hört dann dieser Spaß auf.“ Es handle sich zum Teil um „kriminelle Straftaten“.
In Bezug auf die Energiekrise versprach Söder, dass man alles tue, um den Menschen zu helfen, gut durch den Winter zu kommen. Er hätte es aber besser gefunden, die Gaspreisbremse – anders als der Bund es beschlossen hat – auf den Januar vorzuziehen. Die Preisfrage werde aber in Zukunft zu einer noch fundamentaleren Frage. Wenn man sich weigere, andere Energieformen in Deutschland zu diskutieren, wenn man nicht offen für neue Technologien sei, „dann müssen wir damit rechnen, dass Strom und Energie in Deutschland dauerhaft viel viel teurer werden“. Deutschland drohe dann der wirtschaftliche Abstieg.
Söder über das Gendern: "Wir sind ein Freistaat und kein Zwangsstaat"
Wenig Verständnis zeigte der CSU-Vorsitzende derweil für das Gendern oder die Diskussion um Verbote von Liedern. Es gebe immer mehr Debatten, die er völlig schräg finde. „Wir sind ein Freistaat und kein Zwangsstaat – das würde ich auch gern so behalten.“ Auch dafür bekam Söder viel Zuspruch aus dem Publikum.
Zuletzt sprach Söder auch über die Zeit, in der er als Kanzlerkandidat gehandelt wurde. Es sei manchmal ein Wechselbad der Gefühle gewesen. Ob er den Traum, Kanzler zu werden, schon ausgeträumt habe? Ein klares "Ja". Damals sei er zwar bereit gewesen, die Kandidatur zu übernehmen. Das sei jetzt aber ausgeschlossen.
Hinweis: Das gesamte Interview mit Ministerpräsident Markus Söder können Sie demnächst in unserer Printausgabe und Online nachlesen.