Was hilft in der Flüchtlingspolitik wirklich weiter? Wie viel Klimaschutz können wir uns leisten, und was ist an Bayern möglicherweise besser als im Sauerland? So lauteten die großen Fragen an Friedrich Merz, dem Vorsitzenden der CDU Deutschlands und dem Chef der Unions-Bundestagsfraktion. Und der Oppositionsführer kam ob der vielen ernsten Fragen zu den aktuellen Krisen nicht unvorbereitet zum Live-Interview der „Augsburger Allgemeinen“. Der Sauerländer überraschte den neuen Chefredakteur Peter Müller und Politikchef Michael Stifter sogar mit präziser lokaler Recherche, was in Bayern sogar tatsächlich besser läuft.
CDU-Chef Friedrich Merz lobt die Augsburger Migrationsgeschichte
„Ich habe mich so ein bisschen mal mit dieser Stadt beschäftigt, bevor ich hier hingekommen bin“, sagte der Gast in Augsburg. „In dieser Stadt sind auch ein Viertel der Bevölkerung Ausländer, ein weiteres Viertel haben Migrationshintergrund, sind mittlerweile deutsche Staatsbürger“, rechnet der Bundespolitiker vor.
„Das heißt, die München hat die niedrigste, Augsburg die zweitniedrigste“, referiert er korrekt aus der jüngsten Städtestatistik. „Das heißt, ganz offensichtlich ist doch in dieser Stadt Integration mit einer so hohen Zahl von Menschen, die Migrationshintergrund haben, sehr gut gelungen.“ Das „krasse Gegenbeispiel“ dazu sei Berlin. So wie Augsburg müsse Deutschland die Integrationsprobleme lösen. Und zwar schnell, betont Merz immer wieder.
und gleichzeitig ist Augsburg von den deutschen Großstädten die mit den zweitniedrigsten Kriminalitätsrate in ganz Deutschland,„Ich gehöre zu denen, die schon seit langen, langen Jahren in der Union sagen: Deutschland ist ein Einwanderungsland“, betonte Merz. „ Wir müssen auch ein Einwanderungsland sein, weil wir ein eigenes Interesse daran haben, das zu sein. Aber wir dürfen gleichzeitig die Bereitschaft der Bevölkerung, auch solche Veränderungen mitzumachen, nicht überstrapazieren.“ Deutschland könne es schaffen, maximal ungefähr 200.000 zugewanderte Menschen pro Jahr in die Gesellschaft und die Infrastruktur zu integrieren.
Friedrich Merz preist die Sozialdemokraten in Dänemark
Vorbild für Merz ist das sozialdemokratisch regierte Dänemark. Er fordert einen ähnlich schärferen Kurs bei den Abschiebungen. „Wir sind wenig konsequent in der Zurückweisung, auch in der Abschiebung“, sagte der CDU-Vorsitzende.
„Die Dänen sind da sehr konsequent, es gibt dann nur noch Sachleistungen, die Betroffenen kommen nur noch in Sammelunterkünfte und werden dann auch konsequent abgeschoben“, erklärte Merz. Die sozialdemokratische Regierung in Dänemark habe durch ihren Kurswechsel in der Asylpolitik den Erfolg rechtsnationaler Parteien von über 20 auf unter drei Prozent zurückdrängen können, betonte Merz. „Wir haben zurzeit in Deutschland fast 300.000 ausreisepflichtige Ausländer“, rechnete er vor.
Friedrich Merz zitiert in Augsburg Gaucks "Kontrollverlust"
Man dürfe die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, die Aufnahmefähigkeit und die Integrationsfähigkeit des Landes nicht überstrapazieren, warnte Merz. Auch müsse man die Warnung des früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck ernst nehmen. „Er hat vom Kontrollverlust gesprochen. Das sind doch nicht meine Worte, das hat Joachim Gauck gesagt am letzten Sonntagabend, und wenn das so ist, dann müssen wir jetzt schnell zu Lösungen kommen, sonst erleben wir diesen Kontrollverlust“, warnte Merz. „Wir müssen dieses Problem lösen, sonst wächst es uns über den Kopf.“
Der Unionsfraktionschef begrüßte die Bereitschaft von SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser, stationäre Grenzkontrollen zu Polen und zu Tschechien gegen Schleuser und illegale Einreisen zu ermöglichen, obwohl sie dies lange abgelehnt habe. „Grenzkontrollen alleine werden das Problem nicht lösen“, betonte Merz. „Wir haben Migrationsbewegungen, Fluchtbewegungen auf der Welt in einem bisher nie gekannten Ausmaß“, fügte er hinzu. Deshalb sei die Union bereit, die Probleme konstruktiv gemeinsam mit der Regierung zu lösen.