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Athen: Zwölf Jahre nach der Krise lockert Brüssel die Zügel für Griechenland

Athen

Zwölf Jahre nach der Krise lockert Brüssel die Zügel für Griechenland

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    Zwölf Jahre nach der Schuldenkrise hat die EU-Kommission Griechenland aus der "verstärkten Überwachung" entlassen.
    Zwölf Jahre nach der Schuldenkrise hat die EU-Kommission Griechenland aus der "verstärkten Überwachung" entlassen. Foto: Simela Pantzartzi, dpa (Archivbild)

    Für den griechischen Finanzminister Christis Staikouras ist es ein Wendepunkt: „Nach zwölf Jahren geht ein schwieriges Kapitel für unsere Nation zu Ende“, kommentierte er jetzt das Auslaufen der Kuratel. Griechenland kehre damit wieder zur Normalität zurück, so Staikouras. Mit dem Abschluss der verschärften Kontrollen zieht die EU-Kommission einen Schlussstrich unter die Schuldenkrise, die das Land im Frühjahr 2010 an den Rand des Zahlungsausfalls geführt hatte.

    Mit dem größten Kreditprogramm der internationalen Finanzgeschichte wurde das Land gerettet: Internationale Finanzhilfen von 278 Milliarden Euro floss nach Athen. Im August 2018 liefen die Hilfsprogramme aus.

    Die EU-Kommission lobte die Entwicklung der griechischen Wirtschaft

    Das damals eingeführte verschärfte Überwachungsverfahren sah vierteljährliche Überprüfungsmissionen zur wirtschaftlichen Lage und zur Reformagenda vor. Dieses Monitoring sollte helfen, Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren. Das ist aus Sicht der Brüsseler Kommission gelungen. Sie lobte jetzt, die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft habe sich „erheblich verbessert“.

    Aber die Folgen der Krise sind längst noch nicht überwunden. Zwischen 2008 und 2015 verlor Griechenland fast 28 Prozent seiner Wirtschaftsleistung. Heute hat es den größten Schuldenberg und eine der höchsten Arbeitslosenquoten der EU. Doch die Wirtschaft erholt sich schnell. Im vergangenen Jahr wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 8,3 Prozent. Analysten erwarten für dieses Jahr bis zu sechs Prozent Plus. Damit könnte das BIP auf knapp 190 Milliarden Euro steigen. Es läge damit allerdings immer noch weit unter dem Vorkrisenniveau von 242 Milliarden Euro.

    Ein Rückfall Griechenlands in den Schuldenstrudel gilt als unwahrscheinlich

    Die größten Fortschritte kann Griechenland bei der Konsolidierung des Haushalts vorweisen - auch wenn die Pandemie und die Energiekrise das Land fiskalisch zurückgeworfen haben. In diesem Jahr wird deshalb die Primärbilanz des Haushalts mit einem Minus von zwei Prozent des BIP abschließen. Aber im kommenden Jahr will Griechenland auf den Pfad der fiskalischen Tugend zurückkehren und einen Überschuss von einem Prozent erwirtschaften. 2023 soll der Primärüberschuss auf 2,1 Prozent steigen.

    Überschüsse sind wichtig, damit Griechenland seinen Schuldenberg abtragen kann. Die Staatsschuldenquote erreichte im Corona-Krisenjahr 2020 mit 206,3 Prozent vom BIP einen neuen Rekord. Ende dieses Jahres soll sie auf 180 Prozent zurückgehen und 2025 erstmals seit Beginn der Schuldenkrise wieder unter die Marke von 150 Prozent fallen.

    Trotz der hohen Quote gilt das Risiko eines Rückfalls in den Schuldenstrudel als gering. Der Grund liegt in der Schuldenstruktur: Drei Viertel der Verbindlichkeiten liegen bei öffentlichen Gläubigern wie dem Euro-Stabilitätsfonds ESM. Mit 20 Jahren hat Griechenland die längste mittlere Laufzeit der Staatsverschuldung aller EU-Länder, der durchschnittliche Zinssatz liegt bei 1,4 Prozent.

    Der Abschluss der verstärkten Überwachung bedeutet allerdings kein Ende der Prüfungen. Griechenland bleibt, wie die anderen Programmländer Irland, Spanien, Zypern und Portugal, unter Beobachtung. Die Überprüfungen finden aber anstatt bisher vierteljährlich nur noch alle sechs Monate statt. Sie werden fortgesetzt, bis die Länder drei Viertel der gewährten Hilfskredite zurückgezahlt haben. Im Fall Griechenlands wird das planmäßig erst 2059 der Fall sein.

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