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Asylpolitik: Länder bekommen mehr Geld für Flüchtlinge – aber nicht so viel wie gewünscht

Asylpolitik

Länder bekommen mehr Geld für Flüchtlinge – aber nicht so viel wie gewünscht

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    Blick auf das Bundeskanzleramt vor dem Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK).
    Blick auf das Bundeskanzleramt vor dem Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Um 2:45 Uhr ist es erstmal vorbei. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer und die Bundesregierung haben sich nach stundenlangen Verhandlungen im Kanzleramt auf die Finanzierung der Asylpolitik verständigt. Das Ergebnis ein klassischer Kompromiss: Die Länder bekommen mehr Geld, als ihnen der Bund ursprünglich geben wollte, aber weniger, als sie verlangt hatten. 

    Bundeskanzler Olaf Scholz sprach in der Nacht zum Dienstag von einem historischen Moment. „Es gelingt, dass alle Ebenen dieses Staates eng zusammenarbeiten“, erklärte der SPD-Politiker. Er erhielt den Auftrag, auf höchster Ebene mit anderen Staaten Migrationsabkommen zu verhandeln. 

    Auseinandersetzung um Migration: Länder erhalten vom Bund mehr Geld als bisher

    Statt, wie bislang veranschlagt, 1,25 Milliarden Euro erhalten die Länder laut Beschluss im nächsten Jahr 3,5 Milliarden Zuschuss. Pro Flüchtling wird die Bundeskasse pauschal 7500 Euro im Jahr zahlen. Die Länder hatten 10.000 Euro gefordert, der Bund wollte zunächst nur 5000 geben. 

    Die 3,5 Milliarden Euro werden aber nur zustande kommen, weil Flüchtlinge später als bisher Bürgergeld (vormals Hartz-IV) erhalten sollen. Noch bekommen Asylbewerber diese Sozialleistung nach 18 Monaten in Deutschland. Künftig soll dies erst nach 36 Monaten der Fall sein, so lange würde die niedrigere Unterstützung aus dem Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt. Das soll eine Milliarde Euro freisetzen.

    Sparpläne der Ampel beim Thema Flucht gehen nicht auf

    Eigentlich wollte die Ampelkoalition stärker bei der Unterstützung für Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge sparen, ging aber einen Schritt auf die Länderchefs zu. Der Betrag ist nur ein kleiner Teil der Ausgaben, die der Bund bei Flucht und Migration übernimmt. Sie summieren sich im laufenden Jahr auf 28 Milliarden Euro, darunter zum Beispiel über 10 Milliarden Euro aus der Entwicklungshilfe zur Bekämpfung von Fluchtursachen. In der gleichen Größenordnung übernimmt die Bundesregierung Sozialleistungen nach Abschluss des Asylverfahrens. Länder und Kommunen bringen 20 Milliarden Euro für die Schutzsuchenden auf.

    Die beiden Ministerpräsidenten, die stellvertretend für ihre Amtskollegen das Erreichte gemeinsam mit dem Kanzler vorstellten, zeigten sich nach der Nachtsitzung zufrieden. „Wir sind wirklich einen guten Schritt vorangekommen“, sagte Boris Rhein aus Hessen für das Unionslager. Klar sei aber, dass ein Weg aus vielen Schritten bestehe. „Wir müssen die irreguläre Migration stoppen.“

    Nachtsitzung zu Geflüchteten hatte sich abgezeichnet

    Und Stephan Weil aus Niedersachsen meinte für die SPD-Länder: „Das war keine Selbstverständlichkeit. Das ist zur frühen Morgenstunde wirklich ein Ausrufezeichen wert.“ In den Gesprächen sei lange Zeit unklar gewesen, ob man sich über die Finanzen würde einigen können. 

    Eigentlich hatten sich die Chefs der Landesregierungen und auch die Ampelkoalition nach den nervenaufreibenden Marathonsitzungen aus der Zeit der Corona-Pandemie geschworen, nicht mehr bis in den neuen Tag hinein zusammenzuhocken. Zu wenig Durchdachtes war seinerzeit manchmal dabei herausgekommen. Doch die Neuauflage der Nachtsitzung hatte sich abgezeichnet.

    Sachsen und Bayern forderten grundlegende Änderung der Asylpolitik in Deutschland

    Die Ministerpräsidenten ließen Scholz zunächst drei Stunden warten, weil sie sich nicht auf ein abgestimmtes Papier mit ihren Forderungen verständigen konnten. Die von CDU und CSU geführten Länder verärgerten die SPD-Seite mit scharfen Forderungen zur Begrenzung der Zuwanderung. Pikant: Der Forderung nach Asylverfahren außerhalb Europas – zum Beispiel in Nordafrika – schloss sich auch der baden-württembergische Landesvater Winfried Kretschmann von den Grünen an. Er kassierte dafür umgehend einen Konter von seinem Partei-Vorsitzenden Omid Nouripour. Kretschmann stellte sich auch hinter die Forderung der Unionsländer, zu prüfen, ob Asylbewerber weniger Geld bekommen können als bisher.

    Noch weiter gingen Sachsen und Bayern. Beide Freistaaten forderten eine grundlegende Wende in der Asylpolitik. „Der irreguläre Migrationsdruck muss unverzüglich und umfassend begrenzt werden“, heißt es in einer Protokollnotiz. Dafür müsse auch das in der Verfassung garantierte Asylrecht geändert werden. „Ziel muss es sein, dass an der deutschen Grenze jene wirksam zurückgewiesen werden können, die keinen Anspruch auf Schutz haben.“ 

    Bei der Migration geraten die Grünen in der Ampel schwer unter Druck

    Die Vorstöße zeigen, wie die politische Debatte weitergehen wird. Die Union wird Bundeskanzler Scholz und die SPD mit Forderung nach Strenge vor sich hertreiben und kann innerhalb der Ampelkoalition auf Zustimmung der FDP hoffen. Die Grünen wiederum dürften ein weiteres Mal den Eindruck bekommen, bei einem Kernanliegen – der Verteidigung des Asylrechts – im Regierungsbündnis schwer unter Druck zu geraten. Winfried Kretschmann steht in dieser Frage nicht für die Regierungs-Grünen in der Ampel.

    Abseits vom Streit um die richtige Flüchtlingspolitik einigten sich Bund und Länder rasch auf eine Beschleunigung von Genehmigungen für den Bau von Autobahnen, Stromleitungen, Schienen und Wohnungen. Dafür schlossen sie einen Pakt, um dem Staat mehr Tempo zu machen. „Er soll zur Verschlankung von Verfahren führen, indem das Recht modernisiert sowie Prüfschritte in Genehmigungsverfahren reduziert und standardisiert werden“, heißt es dazu in der Schlusserklärung. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Ländern unter Leitung des Kanzleramtes soll die Entschlackung der Vorschriften und Gesetze voranbringen. Erste Ergebnisse sind für das Auftaktquartal 2024 angepeilt.

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