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Asylpolitik: Asylreform der EU: Nach der Einigung ist vor dem Streit

Asylpolitik

Asylreform der EU: Nach der Einigung ist vor dem Streit

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    Die EU hat sich auf eine Krisenverordnung für die geplante EU-Asylreform geeinigt.
    Die EU hat sich auf eine Krisenverordnung für die geplante EU-Asylreform geeinigt. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Es war nach einem koalitionsinternen Machtwort von Kanzler Olaf Scholz und einem zähen Ringen in Brüssel die Nachricht, auf die viele EU-Staaten sehnlichst gewartet haben: Der Rat der Europäischen Union hat sich vor dem Hintergrund des steigenden Flüchtlingszuzugs auf eine Krisenverordnung geeinigt. Die „Krisen-VO“ ist zentraler Bestandteil der geplanten EU-Asylreform und soll durch verschiedene Instrumente – etwa eine längere Verweildauer Geflüchteter an den Grenzen – den Migrationsdruck abmildern.

    Scholz (SPD) sprach von einer „guten Nachricht“ und zeigte sich zuversichtlich, dass die Reform „irreguläre Migration in Europa wirksam begrenzen und Staaten wie Deutschland dauerhaft entlasten“ könne. Doch die Unterschrift unter das Einigungspapier war noch gar nicht trocken, da hagelte es bereits Kritik. Insbesondere von den Grünen, deren Außenministerin Annalena Baerbock selbst Vorbehalte zu Protokoll gab.

    Kritiker befürchten eine Aushöhlung des individuellen Asylrechts

    Baerbock, die zuletzt zusammen mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in Brüssel für die Durchsetzung deutscher Positionen gekämpft hatte, zeigte sich einerseits zufrieden. Es sei gelungen, "dass es nicht zu einer Aufweichung von humanitären Mindeststandards wie dem Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung kommt", erklärte die Grünen-Politikerin. Doch die deutsche Sorge, dass im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) bereits vereinbarte Standards ausgehöhlt werden, ist nicht gänzlich ausgeräumt. "Angesichts dessen, dass in einem Krisenfall bei den Grenzverfahren weiter jedes Extrem – von der vollen Aussetzung bis zur vollen Anwendung – zur Verfügung stünde, haben wir in Brüssel deutlich zu Protokoll gegeben, dass uns das nicht überzeugt."

    Was Baerbock meint, ist im Kleingedruckten zu finden: Es sind nach Einschätzung der Grünen eben nur "Mindeststandards", die mit der Einigung gehalten werden können. Im Extremfall können die Rechte Geflüchteter massiv beschnitten werden, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte. Die Bundesregierung versuchte deshalb bis zuletzt, dass die Aktivierung der Krisen-VO "nur durch eine qualifizierte Mehrheit" der EU-Mitglieder erfolgen kann. Durchsetzen konnte sie sich den Angaben zufolge nicht.

    Innerhalb der Grünen ist die Zustimmung zur Krisenverordnung umstritten

    Die Bedrohung des individuellen Asylrechts schneidet jedoch tief in die grüne Parteiseele. Die Grüne Jugend meldete sich denn auch umgehend zu Wort und kritisierte, die Einigung sei "Wasser auf die Mühlen rechter Regierungen in Europa". Co-Chef Timon Dzienus sagte: "Ich halte die deutsche Zustimmung zu dieser Chaosverordnung für falsch. Das individuelle Asylrecht wird so in ganz Europa weiter infrage gestellt." Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss des Bundestages, hatte bereits vor dem finalen Treffen vor "populistischen Schnellschüssen" gewarnt, "die den Flüchtlingsschutz gänzlich abschaffen wollen". Eine echte Entlastung könne es "nur über eine gerechte Verteilung in Europa und über faire Migrationsabkommen" geben, sagte Emmerich unserer Redaktion. "Dafür braucht es für besonders betroffene Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen mehr Unterstützung und geordnete Verfahren."

    Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann erklärte mit Blick auf die deutsche Protokollerklärung zur Krisen-VO, diese unterstütze "die Position des Europaparlaments in den weiteren Verhandlungen". Mit anderen Worten: Der Streit um die richtige EU-Asylpolitik dürfte sich jetzt auf Straßburg verlagern.

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