Am Donnerstag, 8. Juni 2023, haben die EU-Innenministerinnen und -minister beim Asylgipfel erstmals den Weg für ein einheitliches Asylverfahren an den Außengrenzen der Europäischen Union geebnet. Angesichts der Probleme mit illegaler Migration sollen die Verfahren deutlich verschärft werden. Bei dem Treffen in Luxemburg stimmte am Donnerstag nach stundenlangen Verhandlungen eine ausreichend große Mehrheit an Mitgliedstaaten für umfassende Reformpläne, wie der EU-Ratsvorsitz noch am Abend mitteilte.
Insbesondere für Menschen ohne Bleibeperspektive könnte das laut dpa einen deutlich rigideren Umgang mit Migranten bedeuten. Zu welchen Ergebnissen die EU-Staaten noch gekommen sind, lesen Sie hier.
EU-Mitgliedstaaten einigen sich auf strengere Verfahren an den Außengrenzen
In einer Pressemitteilung hat der EU-Ratsvorsitz die grundsätzlichen Ergebnisse des Asylgipfels veröffentlicht. Demnach soll etwa das Asylverfahren vereinfacht werden und dabei für alle EU-Mitgliedstaaten gelten. Ziel ist es einheitliche Standards für die Rechte von Asylbewerbern sowie für das Asylverfahren an sich, also etwa die Dauer, festzulegen.
Insbesondere die Verfahren an den EU-Außengrenzen sollen verschärft werden, um laut EU möglichst "schnell feststellen zu können, ob Anträge unbegründet oder unzulässig sind". Dazu sollen sogenannte Asylzentren in Grenznähe eingerichtet werden, die streng gesichert sind. Innerhalb von zwölf Wochen soll dann geprüft werden, ob die Antragstellerin oder der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Ist dies nicht der Fall, sollen die Betroffenen umgehend zurückgeschickt werden.
Vorerst soll das neue Verfahren an den Außengrenzen aber nur bei Migranten aus Ländern greifen, die in der EU eine Anerkennungsquote ihres Asylantrags von unter 20 Prozent haben. Betroffen wären der Tagesschau zufolge damit etwa Menschen aus der Türkei, Indien, Tunesien, Serbien oder Albanien. Die Gesamtdauer des Asyl- und Abschiebeverfahrens an der Grenze soll der EU zufolge nicht länger als sechs Monate dauern.
Das Bundesinnenministerium teilte der Tagesschau zufolge zu dem geplanten Verfahren an den Außengrenzen mit, dass es nicht für Menschen gelte, die vor Folter, Krieg und Terror geflohen seien. Es gehe um "schnelle und faire Asylverfahren für diejenigen, bei denen nur eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie in der EU Schutz benötigen". Grundsätzlich sollte die Mehrheit der geflüchteten Menschen aber weiterhin das Recht auf ein normales Asylverfahren haben.
Von diesem Verfahren ausgenommen sind der Bundesregierung zufolge übrigens unbegleitete Minderjährige. Dafür habe sich Deutschland eingesetzt. Zudem seien auch individuelle Ausnahmen weiterhin möglich, etwa für Familien.
Besonders belastete EU-Länder sollen entlastet werden - Aber wie?
Nicht nur sollen die Asylverfahren an den Außengrenzen der EU verschärft werden, auch sieht der gemeinsame Kompromiss der Mitgliedstaaten eine Entlastung der Länder vor, die für die große Mehrheit der Asylanträge zuständig sind.
Der EU zufolge soll dafür ein neuer Solidaritätsmechanismus eingeführt werden. Die neuen Regeln würden obligatorische Solidarität mit Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der Wahl der einzelnen Beiträge kombinieren. Die einzelnen Länder könnten Geflüchtete aufnehmen, finanzielle Beiträge leisten oder alternativ Personal zum Aufbau von Kapazitäten entsenden. Wofür sich die Länder entscheiden, liege in deren Ermessen. Nehmen sie allerdings keine Geflüchteten auf, müssen sie der EU zufolge eine Ausgleichszahlung leisten.
Nach dem Asylgipfel: Wie geht es mit der Asyl-Reform weiter?
Bislang haben Polen und Ungarn die EU-Asylreform kategorisch abgelehnt. Sie wollen das Thema laut der Tagesschau beim EU-Gipfel am 29. und 30. Juni erneut diskutieren. Aber auch das Europaparlament könnte noch eine Hürde für die Asyl-Reform darstellen, denn die Positionen würden laut Diplomaten "meilenweit" auseinanderliegen.
Die deutsche Bundesregierung hingegen drängt auf einen Abschluss der Reform bis zur Europawahl im Juni 2024. Ansonsten könnten aufgrund von veränderten politischen Kräfteverhältnissen neuen Verhandlungen nötig werden. (mit dpa)