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Armut: Hetze gegen Arme: Österreichs Kanzler redet sich in Schwierigkeiten

Armut

Hetze gegen Arme: Österreichs Kanzler redet sich in Schwierigkeiten

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    Karl Nehammer, Bundeskanzler von Österreich, hat gerade keinen guten Stand.
    Karl Nehammer, Bundeskanzler von Österreich, hat gerade keinen guten Stand. Foto: Roland Schlager, dpa

    Es ist zwar noch etwas Zeit, bis in Österreich plangemäß im Herbst 2024 Neuwahlen stattfinden werden, der Wahlkampf aber ist längst in vollem Gange. Der jüngste Aufreger: Ein Video, aufgenommen mit einem Handy, das seit Mittwochabend in Sozialen Netzwerken die Runde macht. Es zeigt den konservativen Bundeskanzler Karl Nehammer, wie er vor einer kleinen Gruppe von ÖVP-Parteifreunden spricht, die bei Wein und Brotzeit zusammenstehen. Was Nehammer in der Aufnahme sagt, sorgt in Österreich für Aufregung und heftige Kritik: Es geht um Warnungen von Hilfsorganisationen, dass sich immer mehr Familien keine warmen Mahlzeiten mehr für ihre Kinder leisten können. Armut und Armutsgefährdung steigen in Österreich nachweislich, auch aufgrund der nach wie vor enorm hohen Teuerung. Aufgegriffen haben das Thema Kinderarmut auch die oppositionellen Sozialdemokraten unter ihrem neuen Vorsitzenden Andreas Babler

    Österreich-Kanzler Nehammer: "Ein Hamburger bei McDonalds kostet nur 1,40 Euro"

    Er habe „mit Linken“ eine Diskussion geführt, sagt Nehammer im nun aufgetauchten Video, und kommt dann auf das Thema Teilzeitquote zu sprechen. In Österreich betrifft Teilzeitarbeit vor allem Frauen – vor allem Alleinerziehende sind in der Folge überdurchschnittlich oft armutsgefährdet. „Nicht einmal bei den Frauen, die keine Betreuungspflichten haben“, würde sich die Teilzeitquote verändern, beschwert sich Nehammer. „Wenn i z‘wenig Geld hab, geh ich mehr arbeiten. Passiert aber nicht.“ Und weiter: „Was ist eigentlich mit den Eltern? Wissts, was die billigste warme Mahlzeit ist in Österreich? Sie ist ned g‘sund, aber sie ist billig: Ein Hamburger bei McDonalds“, erklärt der ÖVP-Politiker. Dieser koste nur 1 Euro und 40 Cent. „Wenn ich jetzt noch Pommes dazu kauf, sind es 3 Euro 50. So. Jetzt behauptete wirklich einer ernsthaft, wir leben in einem Land, wo man sich das nicht mehr leisten kann?“ Nehammer ärgere es „massiv“, dass das in der medialen Diskussion so dargestellt werde. 

    Der Kanzler wähnt Österreich auch auf dem Weg in Richtung Sozialismus: „Wir machen Kalorientabellen, wieviel Essen kriegt das Kind, wie wird’s ernährt, und dann sind wir in der DDR.“ Man müsse „mehr als wachsam sein“. Nehammers Rede kommt bei seinen Anhängern offenbar gut an. „Wir haben ja Firmen wie das AMS, da geht man hin, da kriegt man Geld“, sagt einer der Umstehenden, zum Gelächter des Publikums.

    Die ÖVP sei aber „im Argument besser“, sagt Nehammer weiter. „Nur Argument ist keine Emotion. Das ist momentan beim Feind.“ Damit meint der Kanzler offenbar die politischen Mitbewerber. 

    SPÖ-Chef Andreas Babler fordert mehr Respekt

    Die Oppositionsparteien übten am Donnerstag heftige Kritik an Nehammer: Der Chef der extrem rechten FPÖ, Herbert Kickl, nannte den Regierungschef „empathielos, menschenverachtend und abgehoben“. SPÖ-Chef Babler sagte, Österreich habe „einen Kanzler verdient, der die Menschen respektiert“. Der ÖVP-Juniorpartner auf Bundesebene, die Grünen, sehen in der Debatte hingegen Anlass, die Kinderbetreuung in Österreich weiter auszubauen. Die ÖVP selbst stellt sich hinter ihren Kanzler: Man sehe es genauso wie Nehammer, dass jedes Kind in Österreich eine warme Mahlzeit bekommen könne. 

    Bei der Wahl in rund einem Jahr geht es für Nehammer um alles oder nichts. In Umfragen liegen die Konservativen derzeit nur noch auf dem dritten Rang – hinter der rechten FPÖ und den Sozialdemokraten. 2019 war die ÖVP mit Sebastian Kurz an der Spitze noch erster geworden. 

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